5. Meine erste Mission

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Es war ungefähr einen Monat nach meinem neunten Geburtstag, als ich endlich meine erste Mission ausführen durfte und es kam wirklich sehr unerwartet.

Langsam öffnete ich die Augen und blickte mich in meinem Zimmer um. Draußen war es noch dunkel, weshalb ich mich fragte, was mich um diese Uhrzeit geweckt hatte. Seitdem das Training begonnen hatte, schlief ich nachts viel länger und tiefer als zuvor, doch jetzt war ich seltsamerweise wach geworden.

Es brauchte einen Moment, bis ich die leuchtende Gestalt, die am Fußende meines Betten stand, bemerkte. Okay, sie war wirklich auffällig und hätte mir demnach eher auffallen müssen, aber schieben wir es einfach auf meinen Halbschlaf, in dem ich mich noch befand - oder bis gerade eben befunden hatte.

Sobald mir klar wurde, dass ich nicht allein im Raum war, sprang ich so schnell auf, dass meine Beine sich in der Decke verhedderten und dafür sorgten, dass ich mit dem Gesicht voran auf den Boden fiel.

Zum Glück konnte ich schnell genug meine Arme ausstrecken, sodass eine nicht sehr elegante Vorwärtsrolle meinen Kopf vor schlimmen Verletzungen bewahrte.

Der Geist wartete geduldig, bis ich mich von der Decke befreit und aufgerappelt hatte, bevor er anfing zu sprechen: "Hallo Lily. Ich bin mir nicht sicher, ob du mich wiedererkennst. Ich bin-"

"Merlin", unterbrach ich und konnte es mir nur noch im letzten Moment verkneifen, ein 'Jemanden mit deinem Aussehen vergisst man nicht so schnell' hinterherzuschieben. Das wäre ihm gegenüber sicher unhöflich gewesen.

"Ja, der bin ich", der Geist lächelte freundlich. "Und ich bin hier, um dir den Befehl für deine erste Mission zu geben".

"Echt?", vor Aufregung vergaß ich, leise zu sprechen. Auf diesen Augenblick hatte ich mich schon ewig gefreut. Meine erste Zeitreise, meine erste Möglichkeit, die antrainierten Eigenschaften zu nutzen.

"Ja. Hier ist der Befehl", ein Blatt Papier schwebte zu mir hinüber. "Du weißt ja, wie eine Mission abläuft. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg".

Damit flog der Geist durch das Fenster in die Nacht hinaus, während ich mich hinkniete, um die Tasche unter meinem Bett hervorzuziehen, und dann, ohne mich umzuziehen, ins Lager des Hauptquartiers teleportierte.

Erst dort warf ich einen ersten Blick auf das Papier und las still durch, was ich zu tun hatte:

Missionsbefehl
Ausführerin: Lily Evans
Zeit: 10.3.-15.3.44 v. Chr.
Ort: Rom
betroffene Person: Tullia (Seherin) (Ehefrau des Spurius Aponius Nobilior minor)
Aufgabe: Als Dienerin in den Haushalt einschleusen; Tullia abhalten, Caesar von seiner Ermordung zu erzählen

Okay, das klang ja gar nicht so schwer und römische Kleidung gab es hier sogar. Da ich als Dienerin wahrscheinlich nicht sehr hoch angesehen sein würde, suchte ich mir eine römische Tunika, die allerdings nicht allzu sauber war, heraus, damit niemand denken würde, ich sei reich. Außerdem würde sie meine Tasche und den Zauberstab durch unauffällige Taschen verstecken.

Nachdem ich sie angezogen hatte, packte ich einige Nahrungsvorräte in meine Tasche und machte mich auf den Weg in die Bibliothek, um von dort ein Buch über diesen Caesar zu holen. Ein bisschen musste ich ja schon über seine Ermordung, seine Stellung und sein Leben wissen.

Um nicht unnötig Zeit zu verschwenden - schließlich fing in gut vier Stunden die Grundschule an - setzte ich mich zum Lesen in den Theorieraum.

Nach drei Stunden hatte ich das Gefühl, genug Info zu haben, um loslegen zu können. Gaius Iulius Caesar war am 13.7.100 v. Chr. geboren und wurde 59 v. Chr. Konsul. Später eroberte er als Prokosul viele Gebiete und wurde Alleinherrscher, nachdem er sich gegen seinen ehemaligen Verbündeten Pompeius durchgesetzt hatte. Der Senat ernannte ihn als Diktator auf Lebenszeit, doch viele Römer waren mit der Monarchie, die Caesar einführen wollte, nicht einverstanden. Außerdem scheute er nicht Bestechung und Gewalt. Am 15.3.44 v. Chr. wurde er dann von mehreren Senatoren, die sich zusammengetan hatten, bei einer Senatssitzung erstochen. Dass etwas Schreckliches passieren würde, hatten ihm sowohl seine Frau Calpurnia aufgrund von Alpträumen, als auch der Eingeweideschauer Spurinna vorhergesagt, doch er war trotzdem zu der Sitzung gegangen.

Mein Leben als ZeitreisendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt