50. Befreiungsaktion

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Die Eule überquerte den gesamten Verbotenen Wald, was länger dauerte, als ich vermutet hätte. Doch irgendwann wichen die hohen, geheimnisvollen Bäume einer hügeligen Wiesenlandschaft.

Eigentlich hätte ich erwartet, dass James in England festgehalten wurde, wo sich die meisten Anwesen der Reinblüter befanden, doch die Eule drehte ein Stück, sodass wir schließlich nach Nord-Osten flogen.

Die Hügel verwandelten sich in Berge und langsam ging die Sonne unter.

Eine halbe Stunde später war es stockdunkel, was es zu einer echten Herausforderung machte, der Eule zu folgen, doch ich durfte nicht aufgeben. James Leben hing vielleicht davon ab.

Also strengte ich meine Augen aufs Äußerste an und verringerte den Abstand, sodass ich das Tier nicht verlor.

Eine weitere Stunde später spürte ich allmählich die Anstrengung des Kampfes und des langen Fluges. Meine Flügel wurden schwer und das Adrenalin ließ nach. Nur mit Mühe konnte ich weiterhin in der Luft bleiben und war schon kurz davor, aufzugeben, als die Eule sich endlich dem Boden näherte und sich auf einem Baum niederließ, wo sie erst einmal pausierte.

Erleichtert landete ich auf einem Ast und legte einen Zauber auf das Tier, der mich informieren sollte, sobald es weiterflog. Erst dann traute ich mich, einzuschlafen.

Ein Klingel weckte mich so ruckartig auf, dass ich beinahe vom Baum fiel. Einige Sekunden blickte ich mich desorientiert um, bevor mir klar wurde, dass die Eule wieder abgehoben war. Das Klingeln rührte von meinem Zauber her.

Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, doch mehr als zwei Stunden konnten nicht vergangen sein. Es war noch immer tiefste Nacht. Dennoch hatte der kurze Schlaf zumindest ein wenig geholfen, weshalb ich mich mit neuer Kraft vom Baum abstieß.

Ich spürte den nur allzu bekannten Schmerz während dem ersten Flügelschlag. Ich hatte Muskelkater. In den Flügeln. So ein Ärger.

Doch ich konnte nichts tun. Ich musste weiter. Ein schneller Zauber verringerte den Schmerz wenigstens ein bisschen, weshalb ich es schaffte, der Eule zu folgen, doch die nächsten Stunden wurden anstrengend und ich bereute es, diesem Plan so vorschnell zugestimmt zu haben.

Wenn die Eule wirklich einen Monat brauchte, um James zu finden, wäre er bis zu meiner Ankunft sicherlich tot. Vorausgesetzt, ich kam an. Denn diese Anstrengung würde ich sicherlich nicht allzu lange aushalten. Außerdem knurrte schon jetzt mein Magen.

Langsam ging die Sonne auf, doch sie blendete zum Glück nicht meine Adleraugen. Während des Fluges bewunderte ich die verschiedenen Farben des Himmels und wünschte mir, ich hätte eine Kamera dabei. Einen Moment lang hatte ich die Hoffnung, dass ich James tatsächlich retten konnte und wir diesen Krieg irgendwie gewinnen würden.

Dann schoben sich langsam dicke Wolken vor die Sonne und es begann, zu regnen.

Einige Minuten später überquerten wir einen Berg und die Eule ging in den Sinkflug.

Erst dann entdeckte ich durch das viele Wasser das kleine, dunkle Haus, das einsam in dem Tal stand.

Blitzschnell reagierte ich und startete einen Sturzflug, den ich noch niemals zuvor gemacht hatte. Aber so schwer konnte das ja nicht sein.

Tatsächlich ging es erst ganz gut und ich erreichte die Eule sogar mit meinen spitzen Krallen, doch die Herausforderung war, uns beide wieder nach oben zu ziehen. Zumal die Eule, die scheinbar unbedingt ihr Ziel erreichen wollte, sich heftig wehrte.

Deshalb schaffte ich es nicht, zurück auf die Bergspitze zurückzukehren und ließ uns schließlich in einen Busch fallen, wo ich mich sofort zurückverwandelte, die Eule packte und ihr den Brief abnahm.

Mein Leben als ZeitreisendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt