24. Seltsame Nachbarn

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Ich war gerade in die vierte Klasse gekommen und hatte die erste volle Schulwoche überstanden, als ich im Treppenhaus des Hauptquartiers der Zeitreiseorganisation auf Merlin traf.

Ich wusste bereits, was er von mir wollte, als er mir aus der Ferne zuwinkte.

Sobald wir die paar Stufen, die uns trennten überwunden hatten, reichte er mir einen Umschlag mit den Worten: "Du hast eine neue Mission. Viel Erfolg!"

Das sagte er immer. Niemals 'Viel Glück!'. Denn Glück brauchte ich nicht. Ich hatte viel trainiert. Ich konnte kämpfen und zaubern und Missionen ausführen. Da war es egal, ob ich Glück hatte oder nicht, denn ich versagte in beiden Fällen nie. Und wenn ein Unglück geschah, dann improvisierte ich eben. Wie ich es gelernt hatte.

Sobald der Geist wieder verschwunden war, öffnete ich den Umschlag und las, was darin stand:

Missionsbefehl
Ausführer: Lily Evans
Zeit:15.8.1912 - ?
Ort: Graustraße 14, Deutschland
Aufenthalt währenddessen: Graustraße 13, Deutschland, leerstehende Hütte
betroffene Person: Cina Neubaum
Aufgabe: um Cinas Sicherheit kümmern, nach Hogwarts schicken
Wichtig: Übersetzungszauber erlaubt, Magie nicht offen zeigen

Zuerst ging ich in die Bibliothek, fand allerdings nichts über eine Cina Neubaum. Also musste ich improvisisren.

Ich verstand nicht ganz, was es hieß, sich um ihre Sicherheit kümmern zu müssen. Befand sie sich irgendwie in Gefahr? Oder musste ich einfach dafür sorgen, dass sie auf keine deutsche Zauberschule ging?

Mit ausreichend Proviant ausgestattet und passend zu der Zeit gekleidet, beschwor ich ein Zeitportal herauf, das mich direkt in die Hütte in der Graustraße 13 transportierte. Draußen war es hell. Es war Nachmittag.

'Hütte' war jedoch noch deutlich übertrieben für das heruntergekommene Häuschen, in dem ich landete. Es bestand vollkommen aus alten, morschen Holzbrettern, die dürftig zusammengenagelt waren.

Als Einrichtung gab es ein schmales Bett, einen einfachen Tisch und einen Stuhl, der aussah, als würde er bald zusammenbrechen. Die Hütte hatte ein Fenster, eine Tür und nur diesen einem Raum. Es gab weder Schränke, noch ein Badezimmer, doch das wohl Schlimmste war das Dach.

Draußen regnete es in Strömen und das Wasser floss durch die dünnen Holzbretter auch in Strömen in den Raum. Alles war aufgeweicht, die nasse Matratze stank widerlich und ich hätte mich nicht gewundert, wenn das Dach bald einstürzen würde.

Das würde keine angenehme Zeit werden. Aber immerhin war es Sommer, sodass mir, trotz des fehlenden Kamins, nicht kalt werden würde.

Seufzend schützte ich mit einem Zauber die Decke vor dem Eindringen von Wasser, bevor ich den Raum trocknete und angeekelt die Matratze verschwinden ließ. Sie sah fleckig aus und stank nach Schimmel. Da beschwor ich mir lieber selbst eine Neue herauf.

Trotz des Wetters ging ich nach draußen, um mich ein wenig umzusehen.

Die Graustraße war eher ein kleiner Weg. Geteert war er nicht und er führte mitten durch einen Wald. In die eine Richtung konnte ich mehrere Häuser erkennen, die beieinander standen. Meine Hütte stand sich anscheinend ziemlich abgelegen.

In die andere Richtung führte der Weg weiter, tiefer zwischen die Bäume.

Ich beschloss, bei den Häusern nach der Nummer 14 zu suchen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Auf der linken Seite gab es die Hausnummern 1, 3, 5, 7, 9 und 11, wobei als nächstes meine Hütte folgte. Auf der rechten Seite entdeckte ich jedoch nur die Nummern 2, 4, 6, 8, 10 und 12. Eine 14 gab es hier nicht. Jedenfalls nicht in der Häuseransammlung.

Mein Leben als ZeitreisendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt