Nico
Ich konnte nicht die Augen von ihr nehmen. Nachdem sie von mir abgelassen hatte und sich mit roten glühenden Wangen wieder auf die Couch setzte, wusste ich, dass ich sowas von gefickt war. Sie hatte mich...umarmt? Das kam unerwartet. Doch es fühlte sich gut an. Sehr gut. Zu gut. Ihre Wärme umhüllte mich und ihr genüsslicher Duft stieg mir in die Nase. Ich würde töten, um dieses Gefühl noch einmal erleben zu dürfen.
Meine Augen schossen wieder zu ihr und ich seufzte leise auf. Es dauerte nicht lange und sie war eingeschlafen. Wir redeten nicht einmal. Sie saß bloß da und zerbrach sich wie immer den hübschen Kopf, während ich ihr wie der letzte Bastard dabei zuschaute. Ich nahm's mir nicht übel. Sie ist so wunderschön. So pur. So sanft. So perfekt.
Sie war wie ein Geschenk. Ein Geschenk, dass ich nicht verdient habe.
Ihre Augen schlossen sich ein paar mal, doch sie schlug sie immer wieder direkt auf, als sie es bemerkte. Irgendwann gab sie auf und ließ den Kopf nach hinten fallen. Jetzt lag sie da. Auf dieser unbequemen Couch. Ausgeknockt.
Ich wollte sie hochheben und nach oben tragen, damit sie auf meinem Bett schlafen konnte, doch ich war betrunken. Es war zu risikoreich. Sie könnte verletzt werden.
Langsam stand ich auf und blinzelte die Müdigkeit weg, bevor ich nach der Decke griff und sie zudeckte. Sie bewegte sich kein Stück und ich musste leicht schmunzeln. Gott, so wunderschön. Ich setzte mich hin und ließ den Kopf nach hinten fallen, während ich sie nicht aus den Augen ließ. Ich war froh, dass ich ihr alles erklärt habe, selbst wenn ich mir geschworen habe, die Vergangenheit niemals wieder zu erwähnen.
Schließlich musste sie davon erfahren. Ich konnte nicht zulassen, dass sie mich weiter als Monster ansah. Die Panik, die ich spürte, als ich bemerkte, dass Ruslana die ganze Szene mit angesehen hatte, war so ekelhaft tödlich. Noch nie in meinem Leben hat mein Herz so hart geklopft. Ich fürchte niemanden. Die Leute fürchteten sich eher von mir. Aber in dieser Sekunde war ich der, der sich in die Hose schiss. Denn sie hat mich jemanden ermorden sehen. Sie hat etwas gesehen, was sie nicht sehen sollte.
Mein Herz brach in Stücke, als ich zusah, wie sie bei meiner Berührung zusammenzuckte.
Genauso wie früher.
Ich hasste mich in dieser Sekunde so abgrundtief. Das erste mal in meinem Leben empfand ich wirkliche Reue. Nicht weil ich diesen Bastard umgelegt habe. Nein, komplett im Gegenteil. Diese Pussy benutzt seine Familie als Ausrede, um weiterleben zu dürfen, obwohl er der Grund für ihre Tränen ist. Er ist ein missbräuchlicher Hurensohn und ein Vergewaltiger. Er soll in der Hölle verrotten.
Ich spürte Reue, weil ihre unschuldigen Augen das mit ansehen mussten. Ich wusste nicht, dass sie mir gefolgt war. Ihre Neugier wird mich eines Tages noch umbringen.
Doch das alles war nicht mehr wichtig.
Denn sie war hier.
Gesund.
Ich wäre verdammt, wenn es nicht so sei.
~
Etwas helles leuchtete auf mich hinab und ich brummte genervt auf. Was ist jetzt los? Ich blinzelte ein paar mal, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen und setze mich auf. Ein scharfes Ziehen durchfuhr meinen Schädel und ich biss die Zähne zusammen, um nicht schmerzhaft aufzustöhnen. Ich hatte viel zu viel getrunken. Müde ging ich mir durch die Haare und blickte an mir runter. Alles bis zu meinem Oberkörper war zugedeckt und ich runzelte verwirrt die Stirn. Mein Blick glitt zu dem Glas Wasser und dem Aspirin, dass auf dem Tisch lag.
Wer war das...?
Ein Klopfen hallte durch den Raum und ich schaute auf. Mein Mund wurde trocken und ich schluckte stark. "Printsessa", krächzte ich und schaute zu wie sie sich langsam an den Türrahmen lehnte, an den sie gerade geklopft hatte. Sie zog ihre Lippen zu einem geraden Strich und seufzte leise auf, bevor sie Richtung Tisch nickte. "Du solltest das nehmen. Das müsste helfen", ihre sanfte Stimme ließ mich stocken. Das war sie?
Ich blinzelte einmal und dann noch einmal. Meine Augen schauten zwischen ihr und dem Aspirin hin und her, während ich immer noch keine Anstalten machte es anzurühren. Niemand hatte sich je ansatzweise so um mich gekümmert. Meine Eltern waren immer zu beschäftigt.
Als ich nicht antwortete und sie weiter anstarrte, seufzte sie leise auf und kam auf mich zu. Sie kniete sich zu mir runter und nahm sich eine Tabelle zur Hand, bevor sie mir diese hinhielt. Wie der letzte Bastard starrte ich ihre Hand an und kriegte kein Wort raus.
Das war wirklich sie?
Eine Hand auf meiner Wange brachte mich zum Aufzucken und ich schaute verwirrt auf, um auf ihre haselnussbraunen Augen zu treffen. "Nimm sie bitte", flüsterte sie. Ihr Ton war so sanft, dass es mich leicht schockierte. Die Hand auf meiner Wange machte es mir nicht einfacher. Verdammte Scheiße, fühlte sich das gut an. Langsam nahm ich ihr die Tablette ab und schluckte sie trocken. Ihre Augen weiteten sich erschrocken und sie schaute mich an, als wäre ich nicht mehr ganz dicht.
Ich griff nach ihrer Hand und führte sie zu meinen Lippen, bevor ich einen zarten langen Kuss auf ihr platzierte. Sie wich nicht weg und ließ mich einfach machen. Vorsichtig lehnte ich mich vor und küsste ihren Mundwinkel. "Danke", hauchte ich gegen ihre Haut. Etwas überrumpelt keuchte sie auf und ich musste etwas lächeln. Ihre Wangen wurden so rot, dass ich die Hitze beinahe spüren konnte.
Sofort stand sie auf und stolperte leicht nach hinten. Ohne mich anzuschauen drehte sie sich um und lief auf die Küche zu. Als sie zu bemerken schien, dass ich ihr nicht folgte, blieb sie stehen und warf mir einen leicht genervten Blick über ihre Schulter zu. "Kommst du? Du musst etwas essen."
"Nur wenn ich danach ein Dessert bekomme", antwortete ich leise und ließ meine Augen über ihren wunderschönen Körper gleiten. Ihr Hände ballten sich zu Fäusten und sie wich einen Schritt zurück, bevor sie sich komplett umdrehte und den Raum verließ. Das letzte was ich hörte war ein leises 'Psycho.'
Ich musste lächeln.
Wenigstens hatte sie einen Spitznamen für mich.
DU LIEST GERADE
𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 ✓
RomanceEs existierten viele Worte, die das Leben der jungen Ruslana beschrieben. Gefährlich war jedoch nie eines davon. Sie hielt sich zurück und versuchte immer das Richtige zu tun, selbst wenn es andere nicht so sahen. Alles änderte sich jedoch, als ein...