𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟏𝟑

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Ruslana

"Beeil dich!", Lussianas Stimme hallt durch die Wohnung und ich legte den Kamm auf die Fensterbank ab. Sie hatte plötzlich die verrückte Idee gehabt, auf die Kirmes zu gehen. Papa hatte zugestimmt und meinte, dass wir eine Pause von der ganzen Arbeit gebrauchen können, also konnte ich unmöglicher Weise nein sagen.

Nochmal schaute ich in den Spiegel und nahm meine Tasche. Dann ging ich auf die Tür zu und verließ mein Zimmer. Unten angekommen, fand ich auch schon meine beste Freundin mit dem Bauch auf der Couch liegen. Ihre Augen waren geschlossen und ich dachte tatsächlich eine Sekunde lang, dass sie eingeschlafen war.

"Lussi?", fragte ich sie. Ihre Augen öffneten sich schlagartig und sie setzte sich abrupt auf. Ich zuckte zusammen erschrocken zusammen und legte meine Hand an mein Herz.

Sie lachte los. "Du hättest dein Gesicht sehen sollen!", machte sie sich über mich lustig und ich konnte nicht anders tun als mit den Augen zu rollen. „Gehen wir jetzt?", fragte ich sie leicht genervt. Diesmal war sie die Jenige, die mit den Augen rollte.

„Ja, ja, komme schon."

Sie stand auf und wir zogen unsere Schuhe an. Papa kam aus seinem Zimmer und stellte sich vor uns. Die Arme verschränkte er vor seiner Brust und ich wusste jetzt schon was auf uns zukommen wird.

„Passt auf euch. Habt ihr alles dabei? Braucht ihr etwas? Wenn etwas ist ruft ihr an, ja? Redet mit keinen Fremden! Besonders nicht mit Jungs-„

„Papa", unterbrach ich seine Rede so sanft wie es ging. „Wir passen auf. Versprochen."

Er seufzte auf und drückte uns beiden einen Kuss auf die Stirn. Auch für Lussiana war mein Vater wie ihr eigener Vater, da ihr echter die Rolle nie übernehmen konnte. Ihre Eltern trennten sich recht früh, was dann für Streitigkeiten um das Sorgerecht sorgte. Sie entschied sich dafür, bei ihrer Mutter zu bleiben und seitdem her ist jeglicher Kontakt mit ihrem Vater abgebrochen. Keiner hörte mehr von ihm.

„Macht das", sagte er und damit verließen wir die Wohnung. Wie zwei fünfjährige, die gleich den Weihnachtsmann treffen werden, rannten wir die Treppen runter und gingen auf die Türe zu. Papa hatte mich früher immer dahin gebracht, und er schaffte es jedes Mal, mich zum Lachen zu bringen. Das war das erste Mal, dass ich ohne ihn hin ging. Ich war etwas nervös. Schließlich lebten wir in einer Großstadt, und hier lauerten lauter Gefahren.

Lussiana und ich hatten die Erlaubnis bekommen, Papas Auto zu nehmen. Drei Monate nach dem ich meinen Führerschein machte, machte sie ihren. Wir waren wie Zwillinge.

Eingestiegen und angeschnallt, rasten wir los.

~

Es war bereits am Dämmern, als wir ankamen. Die bunten Lichter und die laute Musik, die immer wieder aufs Neue für gute Stimmung sorgte, brachten ein Lächeln auf meine Lippen. Lussiana und ich tauschten aufgeregte Blicke aus und stiegen aus dem Auto.

„Wow." Ihre Augen wurden groß und sie schaute durch die Menge. Es war voll. Kinder, Jugendliche und Erwachsene standen an jeder Ecke. Deswegen liebte ich die Kirmes ja so sehr. "Komm mit!" Sie griff nach meinem Arm und zog mich mit sich durch die Meute.

Es endete damit, dass wir mit der Achterbahn, dem Autoscooter und den anderen Fahrgeschäften fuhren. Wir wollten unbedingt alles ausprobieren. Lussiana schlug dann vor Zuckerwatte zu kaufen. Wir gingen auf den Stand zu und stellten uns an die Schlange. Während meine beste Freundin neben mir versuchte zu entscheiden, ob sie lieber die große oder die kleine Portion nimmt, schaute ich mich um.

Meine Augen stoppten bei einem verliebten Paar. Sie sahen etwas älter aus und standen neben dem Kinderkarussell. Die Frau schaute die Kinder lächelnd an, während der Mann seine Augen nicht von ihr nehmen konnte. So als hätte er Angst, sie könnte jede Sekunde vom Erdboden verschluckt werden. So vieles war in seinem Blick abzulesen. Liebe. Stolz. Bewunderung.

Es waren Blicke, die sich jede Frau wünschte.

Ich spürte einen brennenden Blick auf mir und schaute verwirrt zu Lussiana. Sie jedoch war damit beschäftigt mit dem Verkäufer zu flirten. Ich schüttelte lächelnd den Kopf und guckte wieder nach vorne.

Und plötzlich trafen meine Augen auf eiskalt Blaue.

Nico?

𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt