Ruslana
Mit einem mulmigen Gefühl in meinem Bauch stand ich vor seiner Villa und wartete auf ihn. Wo war er denn nur? Und noch viel wichtiger, was ist da drin passiert? Ich hatte doch nicht wirklich nach seiner Hand gegriffen? Es muss reflexhaft gewesen sein. Eine andere Erklärung gab es nicht. Die Tür öffnete sich und der Psycho trat endlich aus. Wortlos folgte ich ihm, bis wir vor seinem schwarzen Auto stehen blieben.
Er hielt mir die Tür auf und ich blieb unsicher stehen. Er zog eine Augenbraue nach oben und musterte mich von oben nach unten. "Ich fress dich schon nicht auf, Printsessa", sagte er belustigt und schaute mir wissend in die Augen. "Außer du willst es", sprach er und konnte sich das Zwinkern nicht verkneifen. Meine Augen weiteten sich erschrocken und ich konnte sein Verhalten nicht glauben. Meine Wangen fingen an zu glühen und ich stieg ohne ein weiteres Wort ein. Ich dachte zuerst, er würde die Tür zu machen und in die Fahrerseite einsteigen, doch er tat nichts von alldem.
Stattdessen kniete er sich zu mir runter und legte den Kopf schief. Ich verschränkte meine Hände ineinander und blickte ihn verwirrt an. Was hatte er nur mit diesem ganzen anstarren?
"Kann ich dich was fragen?", fragte ich ihn und bemerkte erst nach der Frage, wie leise meine Stimme klang. Er nickte wortlos und strich mir eine eine Haarsträhne hinters Ohr. Ich schluckte und räusperte mich leicht. "Warum schaust du mich immer so an?", fragte ich ihn.
Amüsiert schaute er mir in die Augen und lehnte sich vor, bis unsere Lippen nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. "Weil du das Schönste bist, was ich je gesehen habe?", fragte er mich hauchend und ich schaute zu wie sich seine Augen verdunkelten, als sie langsam runter glitten. Ich fühlte etwas, was ich so noch nie kannte.Wärme umhüllte meinen Körper und sein himmlischer Geruch stieg mir in die Nase. Er lehnte sich nach vorne und ich ballte meine Hände zu Fäusten. War es das Adrenalin? Die Aufregung? Oder war es was ganz anderes?Angst spürte ich keine. Genauso wenig wie Panik. Das war nicht gut. Seine Lippen waren kurz davor meinen zu begegnen, hätte ich meinen Kopf nicht leicht zur Seite gedreht. Doch es war anders als das letzte Mal. Ich glaube, dass wir das inzwischen beide wussten. Sein heißer Atem prallte auf meiner Wange ab und eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. Seine Lippen berührten meine Wange und ich kämpfte gegen den Drang an die Augen zu schließen. Er ließ sie etwas länger dran, als nötig, doch ich sagte nichts dazu.
Er lehnte sich zurück und blickte mich mit einem undefinierbaren Blick an. "Du lässt mich ja doch ran", machte er sich über mich lustig, doch ich wusste, dass etwas Wahrheit hinter seinen Worten steckte. Ich zuckte nur mit den Schultern und schaute weg, während ich mit all meiner Kraft versuchte, dieses dumme Lächeln zu unterdrücken, dass gerade dabei war sich auf meine Lippen zu schleichen. Er stellte sich wieder gerade hin und blickte mich für ein paar weitere Sekunden still an, bevor er die Tür zu machte und auf der anderen Seite einstieg.
Ich schnallte mich an und er raste los.
~
Vor dem Wohnhaus angekommen, schnallte ich mich ab und wollte mich zu Nico drehen, doch dieser war bereits ausgestiegen und hielt mir die Tür auf. Ich blinzelte zweimal und stieg aus. Er schloss die Tür und lehnte sich an das Auto. Ich war gerade dabei was zu sagen, doch dann blickten seine Augen an mir vorbei und ließen mich stocken. Verwirrt drehte ich mich und keuchte erschrocken auf als sich zwei Arme um mich warfen, und mich mit vollster Kraft nach hinten beförderten. Ich stolperte zurück und Nico griff nach meinen Schultern, um mich vor dem Umfallen zu bewahren.
Lussiana.
Ich seufzte erleichtert auf und drückte sie genauso stark zurück. Ihr Kopf legte sich in meine Halsgrube und sie wimmerte auf. Meine Alarmglocken fingen an zu läuten und ich versuchte mich von ihr zu lösen. Nach ein paar Versuchen ließ sie es auch zu und blickte mich mit roten blutüberlaufenden Augen an. Ihr Mund war zu einem Schmollmund gezogen, während heiße Tränen ihr die Wangen runter rollten. "Ich hab mir so Sorgen um dich gemacht", flüsterte sie und ich schüttelte sofort den Kopf. Ich strich ihr die Tränen weg und umarmte sie ein weiteres Mal.
Ich verdiente sie nicht.
Meine Aufmerksamkeit ergatterte jedoch jemand anderes. Nämlich der Mann, der hinter uns stand und mich genauso verwundert anblickte. Das musste Marco sein. "Hat er dir etwas getan?", fragte ich und löste mich von ihr. Schwach schüttelte sie mit dem Kopf und ging mit ihrem Handflächen über ihre feuchten Wangen. "Nein. Er hat mir alles erklärt und ist bei mir geblieben, um mir zu versichern, dass auch alles in Ordnung bei dir gewesen ist. Du hast eine Menge zu erklären, Ruslana Petrov", sagte sie in einem strengen Ton und ich schluckte, bevor ich mich Marco widmete. Er schaute sie wie benommen an.
"Du musst Marco sein", sagte ich und brachte ihm dazu seine Augen von ihr zu nehmen. Er nickte leicht und reichte mir die Hand, die ich vorsichtig annahm. "Und du Ruslana", antwortete er knapp. Ich nickte ebenfalls und lächelte leicht, bevor ich nach Lussiana's Hand griff. „Wir sollten rein gehen", sprach ich und er nickte verstehend. Ich schenkte ihm ein weiteres Lächeln und zog sie Richtung Tür. Angekommen machte Lussiana die Tür auf und schaute mich verwirrt an, als ich keine Anstalten machte, ihr zu folgen. "Geh schon mal vor", sagte ich und eine Falte legte sich auf ihre Stirn. "Bist du dir-", der Rest des Satzes blieb ihr im Hals stecken, als ihre Augen an mir vorbei schauen. Sie nickte wortlos und ging rein. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss und es wurde still.
Langsam drehte ich mich um und schaute in seine blauen Augen, die mich intensiv musterten. Seine Hände legten sich auf meine Wangen und er platzierte einen sanften Kuss auf meine Stirn. "Gute Nacht, Printsessa", hauchte er, bevor er von mir abließ. Ich drehte mich um reinzugehen doch blieb unbewusst stehen. Mit mehr Selbstbewusstsein, als ich je erwartet hatte, drehte ich mich nochmal zu ihm um und schaute in seine Augen.
"Danke", flüsterte ich und er wurde still. Wie benommen nickte er. Ich nickte zurück und drehte mich um, um endlich reinzugehen.
Jetzt war Papa dran.
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𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 ✓
RomansEs existierten viele Worte, die das Leben der jungen Ruslana beschrieben. Gefährlich war jedoch nie eines davon. Sie hielt sich zurück und versuchte immer das Richtige zu tun, selbst wenn es andere nicht so sahen. Alles änderte sich jedoch, als ein...