𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟒

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Ruslana

Ich konnte spüren wie mein Herz aufhörte zu schlagen. Oder es war einfach nur der Schockzustand der dafür sorgte, dass ich jegliche Stimmen und Laute nicht hören konnte. Mir wurde schlecht.

Mein Vater stand vor der Tür. Demoliert. Sein Auge war angeschwollen. Seine Nase so gut wie gebrochen. Seine Lippen aufgeschnitten, während Blut an seinem Kinn runter tropfte. Eine tiefe Narbe die vorher nicht da war, befand sich an seiner Wange. Und seine Augen waren rot angelaufen.

Mein Mund öffnete sich und nichts kam raus. Meine Augen wurden wässrig und ich verlor die Standhaftigkeit. Meine Knie wurden weich und die erste Träne fiel. "Papa?" Meine Stimme klang noch nie so kratzig.

Ich ging einen Schritt auf ihn zu doch stoppte sofort, als ich bemerkte, dass immer mehr Blut auf den Boden tropfte. Nein. Meine Augen glitten runter und ich erkannte erst jetzt wie blutgetränkt seine Klamotten waren. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich realisierte, was wirklich gerade passierte.

Waren das...Schusswunden?

Die zweite Träne viel.

Er verlor das Gewicht und ich rannte auf ihn zu um ihn davor zu bewahren auf den Boden zu fallen. Mit großen Augen schaute ich runter zu der Blutpfütze in der wir nun standen. Ich schluckte und half ihm mit langsamen Schritten rein.

Vor der Couch angekommen, auf der ich bis vor kurzem noch saß, half ich ihm sich hin zu setzten. Wie eine Irre rannte ich die Treppen hoch und suchte nach dem Erste Hilfe Koffer.

Als ich diesen fand, rannte ich wieder schnell die Treppen runter und ging auf meinen Vater zu. Dieser sah schwächer aus als gedacht. Die Farbe in seinem Gesicht ist verschwunden und es schien ihm schwer zu fallen seine Augen offen zu behalten.

Ich kniete mich zu ihm runter und öffnete den Koffer. Ich war so dankbar dafür, dass ich mich mit Medizin auskannte. Unsere Schule brachte uns nämlich mehr als nur normale Fächer bei. Ich säuberte die Wunden und fischte die Kugeln raus. Heiße Tränen rollten mir die Wangen runter während ich versuchte sein Leben zu retten. Tiefe Wunden nähte ich zu und Flecken versuchte ich mit verschiedenen Salben zu retten. Die Schusswunden nähte ich auch zu bevor ich einen Verband um seinen Körper wickelte. Fertig damit, rannte ich runter in den Keller um die Wohnung aufzuwärmen. Oben wieder angekommen half ich ihm zu sein Zimmer. Vorsichtig ließ ich von ihm ab, damit er sich auf sein Bett legen konnte.

Sachte deckte ich ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange, doch ich konnte mich nicht dazu bringen den Raum zu verlassen.

Ich brauchte Antworten.

Aber nicht jetzt. Nicht später. Nicht morgen. Er musste erst einmal was essen um zu seinen Kräften zu kommen.

In der Küche angekommen wusch ich mir erst einmal meine zittrigen blutigen Hände. Ich fühlte mich als befände ich mich in einer Trance. Langsam fing ich wieder an das Gemüse zu schneiden, nur diesmal ging deutlich mehr in mir vor, als vorhin.

Wer hat ihm das nur angetan?

Während das Essen dann kochte, schnappte ich mir Eimer und Putzmittel und ging raus. Langsam kniete ich mich runter und fing an das Blut wegzuwischen. Weit konnte ich jedoch nicht kommen, da die Tränen wieder ihren Weg rausfanden. Ich war so schwach. Meine Schultern gingen auf und ab, während ein tiefes Schluchzen meiner trockenen Kehle entwich.

Wie konnte es nur so weit kommen Papa?

~

Langsam wisch ich mir die Tränen weg und versuchte mein Spiegelbild anzulächeln, was gewaltig schief ging. Ich hob das Tablett hoch und ging auf sein Zimmer zu. Leise stellte ich es auf seinen Nachtisch ab und setzte mich auf die Bettkante. Seine Augen flatterten auf und trafen auf meine. Langsam und vorsichtig hob er seine Hand und legte diese sanft auf meine Wange ab. Er lächelte leicht. "Danke."

Ich seufzte und schüttelte mit dem Kopf. "Bedank dich nicht." Er nickte leicht, doch ich wusste, dass er niemals damit aufhören würde. Ich nahm seine Hand, die noch vor kurzem auf meiner Wange lag, und hielt sie fest. "Darf ich wissen, was- nein vergiss es. Du solltest dich ausruhen." Ich war enttäuscht mit mir selbst. Er sollte sich doch ausruhen.

„Ist in Ordnung." Mein Kopf schellte in seine Richtung. „Frag ruhig."

Oh.

Ich räusperte mich kurz und vermied seinen Blick. „Was-Also wer hat dir das angetan, Papa?" Ich konnte hören wie er aufseufzte.

„Nico Sidorov."

Eine Falte legte sich auf meine Stirn.

Wer?

Er schien meine Verwirrung zu bemerken und sprach weiter, doch diesmal war er der Jenige der meine Augen vermied. „Du solltest wissen, dass ich viele Fehler in meinem Leben gemacht habe, Ruslana." Er machte eine kleine Pause, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte, bevor er weitersprach.

„Ich habe mit schlechten Leuten zusammengearbeitet."

𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt