𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟔𝟖

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Ruslana

Ich war gerade erst aufgewacht, als es passierte.

Mir kam es so vor, als lief alles in Zeitlupe ab. Die lauten Fäuste, die gegen unsere Wohnungstür hämmerten. Der Schrei, der mir entfuhr, als diese eiskalt aufgerissen wurde. Die Angst und Panik, die ich verspürte, als ein fremder Mann mit einer schwarzen Skimaske auf mich zu gerannt kam.

Alles war verschwommen. Das einzige was ich tun konnte, war versuchen zurückweichen.

Meine Lippen spalteten sich und ich wollte ein weiteres Mal aufschreien. Vielleicht könnte mich ja jemand hören?

Doch dazu kam es nicht.

Er holte eine Waffe raus und traf mein Gesicht so hart, dass ich auf den Boden fiel. Ein schmerzhaftes Keuchen entwich meiner trockenen Kehle und ich wimmerte auf. Mit großen Augen blickte ich zu ihm auf und traf auf dunkle braune Augen, die mich gehässig musterten. Quälend langsam kniete er sich zu mir runter und ich versuchte ein weiteres Mal zurückzuweichen, doch eine kalte Hand griff noch rechtzeitig nach meinem Fußgelenk und zog mich zurück. Ich wollte schreien, doch ich wusste nicht, wozu dieser Mann im Stande war, weswegen ich es sein ließ.

Ich traute mich nicht.

Zwei Finger an meinem Kinn zwangen mich dazu auszuschauen und ich schluckte, als sich unsere Blicke wieder trafen. „So ein kleines hübsches Ding", murmelte er und ich biss die Zähne zusammen, um mich vom Übergeben zu bewahren. „Wäre doch schade dich einfach so zu töten, nicht wahr?", fragte er und lachte auf. Eine ekelhafte Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus und der Drang zu erbrechen wurde immer größer.

Sein Gesicht näherte sich meinem und er legte seine Hand auf meiner Wange ab, bevor er mit seinem Daumen meine Tränen wegwischte. „Nicht weinen", sprach er leise. „Wir sind noch lange nicht fertig." Jetzt konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich schrie auf und er presste seine Hand gegen meinen Mund, bevor ich die Chance hatte, die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu ergattern. Seine andere Hand fuhr zu meinen Haaren und zog so fest an ihnen, dass mir ein weiteres Wimmern entwich.

„Mal sehen, wie sauer ihn das machen wird", murmelte er und ließ von mir ab, als ich ruhig wurde. Er wusste, dass ich keine andere Wahl hatte. Seine Hand griff nach der Waffe, die die ganze Zeit neben uns gelegen hat und presste den Kopf der Pistole an meinen Bauch. Noch nie in meinem Leben habe ich solch eine Angst verspürt. Noch nie. Alles um uns rum war wie stehen geblieben. Das einzige was ich spüren konnte, war mein lauter Herzschlag und die zittrigen Atemzüge die mir entkamen.

Als ich dem Mann vor mir so in die Augen blickte wusste ich nur eins.

Ich würde sterben.

Und ich konnte ihm nie sagen, dass ich ihn liebte.

Das Klicken des Abzuges war das Letzte, dass ich hörte, bevor ein lauter Knall ertönte und ein unerträglicher Schmerz sich in dem Innern meines Körpers ausbreitete.

Ich schrie auf.

Ich schrie so laut auf, wie noch nie.

Die lauten Töne vermischten sich mit meinen hilflosen Schluchzern und ich konnte mich nicht mehr aufrechterhalten. Ich sink zu Boden. Mein Kopf traf das kalte Holz und ich spürte wie die Kraft in mir immer kleiner wurde. Alles tat weh. Ich hörte nicht auf zu schreien. Ich hörte nicht auf zu weinen. Doch ich hörte auf zu fühlen.

Fühlt es sich so an zu sterben?

Nein.

Bitte nicht.

Ich will noch nicht gehen.

Bitte.

Und alles wurde dunkel.

𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt