𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟔𝟎

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Ruslana

Ich fühlte mich schrecklich.

Seit dem Streit gestern Abend, hatte sich Nico nicht mehr gemeldet. Keine Sekunde vergeht, in der ich meine Worte nicht bereute. Ich hatte übertrieben. Keine Frage. Doch das war nicht meine Schuld. Nach diesen ganzen Jahren ist es neu für mich wenn jemand anderes als Papa sich um mich sorgte. Ich war immer die, die sich Kopf machte. Und jetzt wo es jemand anderes tat, reagierte ich unüberlegt. Ich reagierte über. Mein Mund öffnete sich zu spät, um die Worte rückgängig zu machen.

In der selben Nacht bekam ich kein Auge zu. Ich hatte Angst, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich hatte Angst, dass ihn endgültig verloren hatte.

Nie war ich unzufrieden mit unserem Zuhause. Komplett im Gegenteil. Ich war so dankbar. Es existierten immer noch Leute da draußen, die solch einen Luxus nie zu Gesicht bekommen werden. Wir hatten alles was wir brauchten.

Nico hatte natürlich mehr. Es war verständlich, dass er seine Zweifel hatte. Trotzdem geht es ihn nicht an. Alleine wenn ich daran denke, Geld von ihm anzunehmen, wurde ich wütend. In meinen Augen wären das Almosen. Und sowas brauchen wir nicht.

Es klopfte an der Tür und ich schaute verwirrt von meinem Buch auf. Wer war das? Papa war auf der Arbeit. Lussiana musste sich wieder um ihren Cousin kümmern. Übrig bleibt...

Erschrocken riss ich die Augen auf und stand auf. Das Buch landete auf dem Boden und meine Beine trugen mich von alleine zu der Tür. Ohne groß darüber nachzudenken was ich tat, macht ich auf und kam zu Gesicht mit einer Brust. Langsam schaute ich auf und schluckte, als kalte blaue Augen auf meine trafen. Wortlos hielt ich ihm die Tür auf und er ging an mir vorbei. Erleichtert seufzte ich auf und machte sie wieder leise zu.

Vorsichtig setzte ich mich hin und schaute zu wie er seine Augen durch die Wohnung gleiten ließ. Sein Kiefer spannte sich an und er blickte in meine Richtung. Ohne den Blick von mir abzuwenden setzte er sich gegenüber von mir hin und lehnte sich nach hinten. Seine harten Gesichtszüge und undefinierbaren Augen machten mich verrückt. An was dachte er? War er sauer? Warum ist er hier?

Ich räusperte mich leise. „Willst du etwas trinken?", fragte ich ihn unsicher. Er verblieb stumm und schüttelte wortlos den Kopf. Ein ergebenes Seufzen entwich meinen trockenen Lippen und ich schaute zu Boden. „Tut mir leid", sprach ich leise und biss die Zähne zusammen. „Ich hätte nicht so über reagieren sollen. Du meintest es nur gut. Also tut es mir wirklich leid", machte ich weiter und schaute wieder auf. Stumm starrte er mich an und schien in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein.

„Bist du sauer?", fragte ich ihn leise und spielte mit den Fingern. Wieso fiel mir das so schwer? Er schüttelte den Kopf und stand auf. Meine Augen verfolgten ihn bis er vor mir zum Stehen kam. Langsam kniete er sich zu mir runter und strich mir eine Strähne hinter das Ohr. „Wieso lässt du mich nicht helfen?", fragte er mich und legte seine Hand auf meine Wange ab. Ich seufzte und genoss es wie sein Daumen anfing kleine Kreise auf meine Haut zu malen. „Es ist ungewohnt, dass...dass sich jemand anders mal Kopf um uns macht. Ich will dein Geld nicht, Nico. Egal wie gut du es meinst. Es mag sein, dass da draußen Leute existierten, für die so etwas ganz normal ist, aber ich kann sowas einfach nicht. Ich will dein Mitleid nicht. Verstehst du? Ich will auf mich selbst stolz sein können", erklärte ich es ihm so sanft wie möglich, in der Hoffnung, er nehme es nicht persönlich.

Seine Schultern sackten ein und er lehnte sich vor, um einen zarten Kuss auf meiner Stirn zu platzieren. „In Ordnung", hauchte er und ließ seinen Kopf in meine Halsbeuge fallen. „Aber wenn du irgendetwas brauchst, egal was, dann sagst du mir Bescheid, da? Ich will für dich da sein. Ich will die erste Person sein, die du anrufst, wenn es mal härter wird. Das hat nichts mit Mitleid zu tun. Selbst wenn ich dir helfen würde, du wärst immer noch die selbe wunderschöne selbstbewusste und starke Frau, die du jetzt bist. Denk nicht zweimal darüber nach. Ruf direkt an und ich werde dir die Welt zu Füßen legen, Printsessa", sprach er und küsste die Stelle unter meinem Kiefer.

Ich nickte und legte mein Kinn auf seinen Kopf ab, bevor ich mit meiner Hand durch seine Haare fuhr. „Danke", flüsterte ich, während sich gewisse Wärme in mir ausbreitete. „Bedank dich nicht", brummte er und ich konnte nur mit dem Kopf schütteln.

Ohne zu realisieren, was ich da tat, platzierte ich einen sanften Kuss auf seinem Kopf und spürte, wie sein heißer Atem an meinem Nacken immer unregelmäßiger wurde. „Bist du müde?", fragte ich ihn leise. Wieder brummte er auf und nickte leicht. „Willst du die Nacht hier bleiben?" fragte ich ihn. Papa meinte, er wäre erst morgen Nachmittag wieder zu Hause, da er noch ein paar Extra-Schichten machen wollte. Zuerst war ich dagegen, doch dann sah ich die Freude in seinen Augen. Er war glücklich. Also warum kaputtmachen?

Langsam löste er sich von mir und kam meinem Gesicht näher. Seine Augen suchten nach meinen Lippen und ich spürte, wie meine Wangen wieder heißer wurden. „Um was zu tun?", fragte er mich raunend und spannte den Kiefer an. Erschrocken riss ich die Augen auf und war mir sicher, dass ich nun so rot wie eine Tomate war. „Ich meine schlafen!", rief ich und sah zu, wie einer seiner Mundwinkel aufzuckten. Seine mit Belustigung gefüllten Augen trafen auf meine und seine Hände griffen nach meinen Oberschenkeln, bevor er mich näher zog. Erschrocken keuchte ich auf und legte meine Hände auf seine Brust ab.

„Schade", sagte er leise, während unsere Lippen nur noch Zentimeter von einander entfernt waren. „Ich hatte eigentlich an etwas anderes gedacht."

Ich sag doch.

Psycho.

A/N
Übersetzung:
Da=Ja

𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt