Der Abschaum der Menschheit [26]

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Er fraß Kinder.
Er begann mit ihren Augen, die die Fenster zur Seele waren.
Dann die Haut, welche den Großteil ihres Körpers bedeckte.
Und zu guter Letzt:
das Herz.
Das klitzekleine Herz, was sie ausmachte.
Er saugte sie aus, labte sich an ihren kleinen Seelen.
Bis sie zu Staub zerfielen.
Bis ihre Überreste in die Welt entsandt wurden, um den übrigen Lebewesen zu zeigen, wie vergänglich das Leben war.
Er gehörte zum Abschaum der Menschheit.
Und der Abschaum der Menschheit fraß die Welt.

Zwei Monate später

Changbin rückte zum hundertsten Mal sein Hemd zurecht, nicht das sich irgendwas an seinem Aussehen änderte, aber es beruhigte ihn auf eine verquere Weise. Während er sich wie ein Teenie fühlte, der zu seinem ersten Date ging. Er schüttelte den Kopf und richtete seine Augen wieder auf die Straße. Der Schweiß auf seinen Handinnenflächen ätzte sich förmlich in das Lenkrad, welches er festumklammert hielt, als würde sein Leben davon abhängen. Gut, im Grunde war es so, würde er loslassen, raste der Wagen wahrscheinlich in den nächstgelegenen Graben und explodierte.
Oder er wurde von Aliens entführt.
Mit der flachen Hand klatschte sich der Detective gegen seine Wange.
Er machte sich viel zu verrückt.
Es war nur ein verdammter Krankenbesuch. Nach zwei Monaten. Ohne Kontakt.
Changbin begann zu kichern. Erst leise und dann brach ein hysterisches Lachen aus ihm hervor. Er war sowas von am Arsch.
Felix würde ihn nicht einmal ansehen, geschweige denn mit ihm reden. Und doch wollte er sich die Genesenenparty, zu der das komplette Team eingeladen war, nicht entgehen lassen.
Der Fae fragte sich selbst, warum er dem Jüngeren weder eine SMS, noch einen Brief oder sonst eine Nachricht hinterlassen hatte. Innerlich schob es der Schwarzhaarige auf den Schlächter. Die letzten zwei Monate hatte er genutzt, um mit Felix' alten Kollegen Kontakt aufzunehmen, Akten anzufordern und sich in Arbeit zu ertränken.
Nur, um nicht an ihn, und den beinahe Verlust zu denken.
Lieber beschäftigte er sich mit dem Killer, den er jagte. Er hatte Fakten zusammengetragen, alles in einer Art Chronologie an ihr Whiteboard im Hauptquartier geheftet, damit er einen Überblick hatte, damit er etwas sehen, konnte, was in der Unordnung untergegangen sein könnte.
Und er war zu einem Entschluss gekommen.
Der Schlächter war militärisch ausgebildet. Die Art und Weise, wie er seine Opfer tötete, wie er ohne Spuren zu hinterlassen, verschwinden konnte, wie er stets und ständig diese Selbstbeherrschung erfüllte.
Die meisten Serienmörder töteten nach ihren sexuellen Präferenzen, was nicht hieß, dass jeder Mord eine sexuelle Komponente enthielt. Nicht alle Männer töteten Frauen. Es gab auch Männer, die wegen ihrer Orientierung andere Männer umbrachten.
Der Schlächter tötete Frauen, wehrlose, schwangere Frauen. Er schnitt ihnen das Kind aus dem Leib und riss es an sich. Was er mit den Leibern der Embryos machte, konnte sich Changbin nur denken, und diese Gedanken raubten ihm den Schlaf.
Allgemein schlief er in letzter Zeit nicht besonders, manchmal sogar gar nicht, weil er diese wiederkehrenden Alpträume erlebte, die, die ihm sein Therapeut eigentlich 'ausgetrieben' hatte.
Aber jetzt waren sie zurück.
Und zwar heftiger.
Ein Hupen riss ihn aus seinen Gedanken und er blickte auf. Tatsächlich war er schon angekommen, dabei hatte er nur mit einem Ohr seinem Navi zugehört. Er blickte aus dem Fenster, während die Sonne in ihrer Unbarmherzigkeit auf ihn niederschlug.
Hyunjin kam zu ihm hinüber, riss seine Autotür beinahe aus den Angeln und grinste über beide Ohren.
"Das man dich mal von deinem Schreibtisch losbekommt, ist ein Wunder!", lachte der Jüngere, wofür er von dem Fae eine Faust gegen den Oberarm bekam. Jaulend, aber dennoch grinsend trat die Sirene zur Seite und präsentierte auch den Rest seiner Mannschaft, welche ebenfalls die letzten zwei Monate exzessiv an dem Fall gearbeitet hatte.
Doch bisher war kein weiterer Mord hinzugekommen, was beunruhigend war.
Das Böse schlief nie.
Und das machte Changbin Angst.
Denn die Stille vor dem Sturm gehörte stets zu denen, die nichts Gutes verhießen.

Children Songs {ChangLix}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt