Kann man einer Person mit einem Brillenbügel die Augen ausstechen? Eigentlich sollte das doch möglich sein, oder nicht?
Schlimm genug, dass ich Skylars Teenie-Dramen schauen muss, während sie nicht einmal hinsieht. Aber dann denkt sich Otis noch mich die ganze Zeit anstarren zu müssen. Anders als bei unseren letzten Filmabend, ignoriere ich es dieses Mal nicht. Wir liefern uns seit dreißig Minuten ein Blickduell. Es hatte vielleicht zehn Minuten gedauert bis sich ein selbstgefälliges Grinsen auf seine Lippen gelegt hat... Es verweilt immer noch auf seinem dämliches Gesicht. Ich bin mir sicher, dass sich mein Blick seitdem von Minute zur Minute verfinstert hat.
Wenn er denkt ich würde zuerst nach geben, hat er sich wirklich getäuscht. Aber er sollte es besser wissen. Doch er scheint es wirklich zu genießen.
Nun legt er den Kopf schief. Erst nach links dann nach rechts und wieder zurück. Meine Reaktion darauf ist das Heben meiner Augenbrauen. Was tut er da?
» Mein Gott was ist dein beschissenes Problem?«, schreie ich plötzlich. Ich wollte nicht schreien, wirklich nicht, doch jetzt ist es dafür zu spät. Otis bricht in schallendes Gelächter aus, während Skylar ihre Lippen von Chases löst, um mich geschockt anzusehen.
» Was?«, fragt sie und lässt den Blick zwischen uns herschweifen. » Alex.« Nun klingt sie warnend.
Ich hatte noch nie das Bedürfnis meine beste Freundin zu schlagen. Wirklich nicht, aber diese Situation würde es ohne sie gar nicht geben und das weiß sie auch. Im nächsten Moment greife ich nach Otis' Brille. Sein Lachen verstummt, als ich aushole und sie an der Wand zerbricht.
» Was auch immer du dir einbildest, es reicht!« Ich bohre ihm meinen Finger in die Brust.
» Wir werden Freunde, Alex, find dich damit ab«, sagt er in einem ruhigen Tonfall, der mich noch wütender werden lässt.
» Wir werden gar nichts«, knurre ich.
Skylar drückt mich nach hinten. » Alex, beruhige dich.«
» Ich soll mich beruhigen?« Ich schnaube. » Wie wärs wenn du einfach weiter deinen Freund bespringst.« Mit mehr Druck als nötig stoße ich mich von der Couch auf. » Ach und nur zur Info, dafür brauchst du Otis nichts zu unseren Filmabenden mitbringen. Du weißt doch wie es endet, Sky. Also gib nicht mir die Schuld.« Damit stürme ich an sie vorbei und verlasse mit einem lauten Türknallen die Wohnung.
Meine Beine tragen mich die Treppe runter, doch als mir die kühle Herbstluft ins Gesicht weht, überkommen mich blitzschnell Tränen. Verdammt, ich bin so wütend, dass ich auch noch deswegen heule. Das ist wirklich ein neues Level. Über die Wangen wischend setze ich mich auf die kalte Betonstufe vor der Tür. Die Beine an meine Brust gezogen.
Die letzten Zusammentreffen mit Otis haben mich so dermaßen verwirrt. Ich will ihn nicht mögen, ich will nicht mit ihm befreundet sein. Das wollte ich noch nie. Weshalb sollte ich ihn sonst so behandeln? Ich will das nicht. Er denkt, dass er mich toll findet, dabei kennt er mich doch überhaupt nicht. Als er mich vor der Fakultät abgefangen hatte, hätte ich ihm beinahe zu viel gezeigt, weil ich diese beschissene Idee hatte. Bis jetzt habe ich noch nie mit jemanden darüber geredet und wahrscheinlich werde ich es auch nie tun. Denn wie werden mich die Leute sehen? Sie werden mich für schwach halten, wenn sie die Wahrheit wüssten. Sie würden mich für verrückt halten, wenn ich erklären würde, dass ich den einzigen Jungen, den ich schon immer gewollt hatte wie die Pest von mir stoße. Für was? Für seinen Schutz. Ich kann das nicht, ich habe so eine solche Angst, habe eine Beziehung nach der nächsten kaputt gehen sehen. Doch wenn ich Sky und Chase anschaue dann.. Ja, dann habe ich Hoffnung, dass es sowas wie wahre Liebe wirklich gibt.
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All between us
RomanceTeil 2 der May-College-Reihe * kann einzeln gelesen werden »Vielleicht werden wir einfach nicht ganz, weil uns die passenden Teile fehlen. Vielleicht passen unsere kaputten Teile zusammen und dann werden wir ganz.« Seitdem sie sich kennen hasst sie...