Kapitel 7

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Der nächste Tag war eine einzige Katastrophe. Ich wachte um vier Uhr morgens auf, weil ein eiskalter Wind durch mein Zimmer fegte. Beim Frühstücken flog der Pfefferstreuer von Schrank und wie magisch in meine Müslischale, weshalb ich mich ein weiteres Mal umziehen durfte. Meine säuberlich sortierten Zeichnungen wirbelten vom Tisch und quer über den Boden. Ein Bild nach dem anderen löste sich von der Wand und Bücher fielen aus den Regalen. Ich schrie den ein oder anderen Fluch durchs Haus, was die Lage natürlich nicht verbesserte. Auch meine Mutter hetzte durchs ganze Haus, um der entstehenden Unordnung Herr zu werden. Die drohenden Worte die ich an den leeren Raum richtete erhielten keinerlei Gehör. Ich wusste, dass Silen hinter dem Chaos steckte, doch er zeigte sich nicht, weshalb ich ihm nicht ins Gesicht schreien konnte. Meine Nerven lagen blank, was nochmal getopt wurde, als am Abend der Suppentopf aus Versehen über die Kante rutsche und das Essen über den Boden verteilt wurde. Ich wusste, wie und warum das alles geschah, doch meine Mutter wusste es nicht, weshalb sie noch aufgelöster und erschöpfter war, als ich. Der Geist würde was erleben, wenn er mir das nächste Mal unter die Augen trat.

Die folgende Nacht war ruhiger und ich war froh, dass das Wochenende vorbei war und ich wieder zur Schule gehen konnte. Zumindest hoffte ich, dass er mich dorthin nicht verfolgen würde, doch meine Gebete wurden nicht erhört. Ich hatte mich wie immer ganz nach hinten gesetzt und packte gelangweilt meine Notizblätter aus. Nach der ersten Hälfte des Unterrichts wollte ich schon erleichtert durchatmen, als meine Blätter plötzlich vom Tisch und gegen den Kopf des Mädchens vor mir flogen. Sie drehte sich energisch um und sah mich anschuldigend an. Doch ich konnte nur entschuldigend die Hände heben und peinlich berührt meine Blätter aufheben. Und ganz zu meinem Bedauern war das nicht das letzte „Missgeschick", das mir an diesem Tag widerfuhr.

*

Als ich am Abend erneut versuchte Silen zur Rede zu stellen, erhielt ich auch dieses Mal keine Antwort. Und ich wollte keine Moralpredigt halten, wenn ich mir nicht einmal sicher sein konnte, dass er zuhörte. Wobei ich ohnehin bezweifelte, dass es etwas nützen würde.

*

Auch die nächsten zwei Tage wurden nicht besser, weshalb ich am Donnerstag vollkommen erschöpft und ausgelaugt war. Allerdings hatte ich auch auf das kommende Wochenende weniger, als gar keine Lust, da er mich zu Hause noch mehr nerven konnte, als in der Schule. Ich hatte sogar schon überlegt, wohin ich flüchten konnte, war aber auf keine brauchbare Idee gekommen. Mittlerweile schob ich so eine Wut auf Silen, dass mir sogar Tränen kamen, sobald ich an ihn dachte. Ich musste weinen, weil ich nicht mehr wusste wohin mit dieser Wut und Machtlosigkeit.

Zu Beginn der letzten Unterrichtsstunde stand ich vor meinem Spind, um ein paar Bücher auszutauschen, doch als ich den Schrank öffnete flogen mir schon sämtliche Sachen entgegen. Nur mit großer Mühe konnte ich einen Fluch unterdrücken und verdrehte nur die Augen.

„Hey warte, ich helfe dir!"

Erstaunt sah ich mich um und erkannte Dylan, der seinen Spind nur ein paar Meter weiter hatte. Wir kannten uns nicht wirklich, aber er ging schon seit Anfang der High School in meine Klasse. Ich zwang mich zu einem Lächeln, als ich begann die Sachen wieder in meinen Schrank zu stopfen. „Nicht nötig, ich schaffe das schon."

Er kniete sich hin und half mir beim Einräumen. „Davon bin ich überzeugt, aber ich helfe gerne."

Als alles wieder in meinem Spind war und ich die Bücher ausgetauscht hatte gingen wir zusammen zu Mathe.

„Bist du auf den Test vorbereitet?" Dylan lächelte mich freundlich an, während mir die Kinnlade runterfiel.

„Welcher Test? Bitte sag, dass wir keinen Test schreiben." Ich sah ihn flehend an, doch er verzog nur entschuldigend das Gesicht. „Auch das noch."

Ghost WhispersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt