Die kalte Luft brannte in meinen Lungen. Ich ignorierte es und rannte weiter, gab mein Bestes. Die Muskeln in meinen Beinen hatten nach Wochen des Trainings aufgehört zu brennen. Der mit Moos bedeckte Waldboden dämpfte meine Schritte, während die Bäume an mir vorbeiflogen. Aus dem Augenwinkel nahm ich ein weißes Aufblitzen zu meiner Linken wahr. Ich wirbelte herum und schleuderte das Messer auf die Zielscheibe. Doch ich nahm mir keine Zeit nachzusehen, ob ich getroffen hatte, sondern rannte weiter durch den Wald. Wieder ein Aufblitzen von roten und weißen Kreisen, diesmal zu meiner Rechten. Ich drehte mich während dem Laufen um mich selbst und warf auch auf diese Zielscheibe ein Messer. Mit jedem kraftvollen Sprung kam die Lichtung näher, auf der Silen schon auf mich wartete. Ich bremste direkt vor ihm ab, nutzte aber meinen Schwung und schlug mit der rechten Faust zu. Doch Silen kannte meine Technik, schließlich hatte er mich trainiert. Er blockte ab, was ich allerdings erwartet hatte, weshalb ich eine Finte daraus gemacht hatte und jetzt mit der linken Faust auf sein Gesicht zielt. Silen blockte auch diesen Schlag ab. Mein Herz raste schon seit einer ganzen Weile. Blitzschnell drehte ich mich herum um Schwung zu holen und riss mein Bein hoch, welches er in der Luft abfing. Ich nutzte diese Reaktion und sprang ab. Mein zweiter Fuß landete in Silens Genick und er rollte sich über den Boden ab, um sich aus meinem Griff zu befreien. Auch ich versuchte den Aufprall mit dem Boden abzudämpfen und so schnell, wie möglich wieder auf die Beine zu kommen. Den Schmerz, der durch meine Schulter fuhr ignorierte ich. Doch Silen war schneller, als ich und stand bereits wieder, als ich noch auf dem Boden lag. Also trat ich ihm mit einem Fuß die Beine weg und er landete erneut auf dem weichen Moos. Damit hatte er nicht gerechnet, was mir einen kurzen Vorteil verschaffte, den ich sogleich nutzte und mich auf ihn warf. Ich saß auf ihm und setzte ihn schachmatt indem ich ihm ein Messer an den Hals drückte. Geschlagen hob Silen die Hände und erklärte somit den Kampf für beendet. Ich gab ihn frei und rappelte mich wieder auf. Silen folgte mir mit eleganten und vollkommenen Bewegungen. Schwer atmend versuchte ich meinen rasenden Puls zu beruhigen. Silen dagegen machte nicht den geringsten Anschein sich verausgabt zu haben. Zusammen gingen wir den Weg zurück, den ich zuvor entlanggelaufen war, um die Zielscheiben zu überprüfen, die Silen versteckt hatte.
„Ich habe die letzte Prüfung bestanden", verkündete ich euphorisch, als wir vor der letzten Scheibe standen. Ich hatte bei jeder in die Mitte getroffen.
„Nein", meinte Silen und drehte sich grinsend um. „Du bist tot." Er zeigte nach oben in die Baumkronen.
Eine weitere Zielscheibe hing dort über dem Weg, völlig unberührt. Verdammt, die hatte ich übersehen. „Na und", schnaubte ich. „Das ist nur eine von... zwanzig? Und ich habe schließlich sogar dich besiegt."
Silen hatte weiterhin das schelmische Grinsen auf den Lippen. „Das ist Gustav." Er nickte kurz zu der vergessenen Zielscheibe hoch. „Er ist Scharfschütze und hat dich schon während deines Laufs erschossen."
Ich zog einen Wurfstern aus seiner Halterung, warf ihn auf „Gustav" und... traf in die Mitte. „Oh, da hätte Gustav aber schneller sein müssen." Ich zuckte unschuldig mit den Schultern.
DU LIEST GERADE
Ghost Whispers
RomanceRayn hat den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren: ihre beste Freundin. Zu ihren Eltern hat sie ein distanziertes Verhältnis, weshalb ihr nur ihre Freundin wirklich wichtig gewesen war. Doch Rayn will nicht einfach aufgeben, will nicht ohne...