Sofort fing mein Herz zu rasen an, als ich hörte was Meram gesagt hatte...
Hatte Mustafa alles so gelassen, oder wieso sollte er sonst die Tür abschließen?! Aber wieso?! Er liebte mich doch nicht mehr!
„Hier ist aber die Toilette" riss mich Meram aus meinen Gedanken und zeigte sie mir.
„Danke", sagte ich und war in die Toilette gegangen.
Als ich die Tür geschlossen hatte, musste ich wieder an das Zimmer denken. Mustafa hatte es wirklich so gelassen, sonst hätte er ja keinen Grund gehabt, die Tür abzuschließen...
Ich Schminkte mich noch rasch nach und lief dann raus, wo ich plötzlich Meram, die Mustafa sanft über die Brust streicheln sah und hörte wie sie ihm leise zuhauchte: „Ich freu mich schon auf heute Nacht Musti..."
Das reichte! Weiter hielt ich das ganze wirklich nicht mehr aus! Ich hatte versucht stark zu bleiben, aber das funktionierte nicht. Mustafa und Meram so eng voreinander stehen zu sehen und zu hören was sie eben gesagt hatte, war einfach zu viel.
Ich musste hier weg, ich gehörte hier nicht mehr hin...nicht mehr zu Musafa.
Bevor ich hier gleich zusammenbrach, holte ich hastig meine Clutch und rannte in die dunkle kühle Nacht hinaus.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich niemanden, wirklich niemanden mehr hatte. Argjenda war verheiratet und hatte jetzt ihr eigenes Leben. Und Mustafa?! Der interessierte sich überhaupt nicht für mich! Mit meiner Familie konnte ich auch nicht reden! Ich wollte nicht nach Hause, ich wusste selbst nicht, wohin ich wollte, ich wollt nur weg! Einfach für mich alleine sein, von jedem weg...
Dann viel mir die Bibliothek ein, die ich früher fast jeden Tag besucht hatte. Obwohl es Mitternacht war, machte ich mich alleine auf dem Weg durch die dunklen leeren Gassen.
Alles lag im Dunkeln und war totenstill. Ich vernahm sofort den Geruch von alten Büchern war, den ich so liebte.
Als ich mich an einem Tisch gesetzt hatte, konnte ich meine tränen nicht länger zurück halten. Ich weinte, weinte, bis ich keine einzelne Träne mehr vergoss! Meine tränen waren einfach leer! Ich hatte in den letzten Jahren so viele tränen vergossen, das sie jetzt einfach leer waren. Vor lauter Verzweiflung ließ ich meinen Kopf auf den Tisch sinken und dachte an die schönen Momente mit Mustafa, wo ich noch so glücklich war...Wir noch so glücklich waren....
Ich dachte an Sachen wie er mich immer in seinen Armen ganz fest gehalten hatte, und mich immer anlachte, sodass sein süßes Grübchen entstand...ich dachte an so vieles...und irgendwann spürte ich, wie meine Augenlieder immer schwerer und schwerer wurden...„Adelina! Adelina! Hey, steh auf! "
Ich spürte wie ich grob an den Schultern gerüttelt wurde, und jemand laut nach mir rief.
Verschlafen blickte ich nach oben und war augenblicklich Hellwach, als ich Mustafa stinksauer vor mir stehen sah.
Was machte er hier?! Wie lange hatte ich geschlafen?!
„Was...was tust du hier?!", fragte ich leise und sah in seine Augen, die mich wütend und zugleich erleichtert ansahen.
„Was tust DU hier?! Wie kommst du auf die Idee mitten in der Nacht einfach so abzuhauen?!", schrie mich Mustafa sauer an.
Jetzt wurde auch ich wütend. Was interessierte es ihm überhaupt!?
Da ich mich so klein fühlte, mit ihm zu reden wenn ich saß, stand ich auf, wo ich meine Hände in die Hüften stemmte und ihn böse anfunkelte.
„Was interessiert es dich?! Und was schreist du so?! Denkst du, dass du mir so angst machst?!", sagte ich jetzt auch etwas lauter und stand dabei so nah vor ihm, dass uns nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernten.
Mustafa fuhr sich einmal mit der Hand über das Gesicht und sah mich fassungslos an.
„Wieso ich schreie?! Du fragst dich, wieso ich schreie?! Ich suche schon seit Stunden nach dir Adelina! Und was tust du?! Du schläfst in dieser scheiß verfickten Bibliothek! Weist du eigentlich was dir alles passieren könnte!?"
„Wieso suchst DU nach mir?! Wieso bist du nicht bei deiner Verlobten?! Wieso gehst du nicht einfach nach Hause?! Du Hasst mich doch sowieso!", schrie ich mit tränen in den Augen.
„Du machst mich echt Wahnsinnig, weist du das?!", zischte er mir sauer zu, und lief unruhig durch den Raum, was hieß, dass er kurz vor dem ausrasten war.
„Weil ich mir sorgen gemacht habe! Ich bin fast Wahnsinnig geworden, als Senad und Argjenda mir sagten, dass sie nicht wüssten, wo du bist! Denkst du, ich würde nach dir suchen, wenn ich dich hassen würde?!"
Ich spürte wie mir unkontrolliert tränen übers Gesicht liefen, was mich nicht sonderlich interessierte.
„Sorgen?! Wieso sorgen?! Ich kann selbst auf mich aufpassen! Es tut mir leid, dass ich dein und Merams Abend kaputt gemach habe, ich weiß, wie sehr sich Meram darauf gefreut hatte!"
„Red nicht die ganze Zeit von Meram! Und was für ein Abend?!", fragte er verwirrt.
„Tschuldige, das ich über deine Verlobte rede...aber ich find euch beide einfach so süß gemeinsam...", sagte ich und schaute ihm fest in die Augen.
Ich hatte echt keinen Bock mehr mich mit ihm über so unnötiges Zeug zu diskutieren und lief einfach an ihm vorbei.
„Adelina warte, wohin willst du?!", rief er mir hinterher und hatte mich zu sich zurück gezogen.
„Was willst du Mustafa?! Lass mich doch einfach in Ruhe! Soll mich doch jemand entführen, dann habe ich wenigstens andere Sorgen!", sagte ich weinend und entriss ihm meine Hand.
„Adelina warte, du gehst nirgends alleine hin"! , rief Mustafa hartnäckig und sah mich wieder mit diesem eiskalten Blick an.
„Wieso Mustafa?! Wieso?! Ich interessier dich doch gar nicht mehr...Es tut weh zu wissen, dass ich dir gar nichts mehr bedeute Mustafa...", schluchzte ich leise.
„Du interessierst mich nicht?! Ich habe mich vier scheiß lange Jahre für dich interessiert, was ich auch immer noch tu! Vier Jahre habe ich nichts von dir gehört! Vier Jahre!!! Vier Jahre wusste ich nicht, wie es dir geht, was du tust, vier ganze Jahre! Urplötzlich warst du einfach weg! Einfach WEG! Die Frau die ich über alles geliebt hatte, war einfach weg! Und jetzt bist du wieder da, und machst mich verrückt! Ich tue so, als hätte ich dich vergessen. Dabei bist du Tag und Nacht in meinen Gedanken...und das macht mich Wahnsinnig", sagte er und drückte mich dabei fest gegen die Wand.
„Es tut mir leid...es tut mir leid, dass ich ohne etwas zu sagen einfach gegangen bin. Aber du musst mir eins glauben...ich war all die Jahre so unglücklich Mustafa. Jeden Tag habe ich an dich gedacht, wirklich jeden Tag...", sagte ich und schluchzte dabei leise auf.
Plötzlich sah mich Mustafa wieder mit diesem Blick an, wie er es immer getan hatte. Liebevoll und voller Sehnsucht.
„Aber jetzt hast du eine andere Frau, die du liebst, und dass akzeptiere ich, denn schließlich war ich die jenige, die dich verlassen hatte ohne mich zu verabschieden...ich akzeptiere es wirklich...", sagte ich mit zittriger Stimme und sah abwechselnd von seinen dunklen Augen zu seinen Mund.
Als Mustafa nichts darauf antwortete, wusste ich es. Ich wusste, dass er mich nicht mehr liebte...
„Ich muss gehen...", sagte ich leise und machte mir den Weg frei.„Ich dachte ich könnte dich vergessen Adelina...ich dachte wirklich, dass meine Liebe zu dir irgendwann aufhören muss, aber es war nicht so. Im Gegenteil. Meine Liebe zu dir wurde immer größer. Ich wusste, dass man die Vergangenheit nicht einfach loslassen kann. Man kann sie nicht von heut auf morgen aus seinem Leben löschen. Adelina, du warst immer eine große Rolle in meinem Leben. Einfach weil du die erste Frau warst die mir gezeigt hat, was es heißt zu lieben und geliebt zu werden....
Irgendwann hatte ich aber dann die Hoffnung aufgegeben, dass ich dich wieder in meine Arme nehmen kann und dich überhaupt wieder sehen kann...
Dann habe ich Meram kennengelernt, und habe mich mit ihr Verlobt. Aber geliebt hatte ich sie nie wie dich...mein Herz schlug nur für dich, und das konnte keine Frau der Welt ändern...Eine kurze Zeit war ich wieder Glücklich, aber nie so glücklich, wie ich es mit dir war Adelina...ich wusste, dass ich dich vergessen musste, und ein neues Leben mit Meram anfangen wollte, was ich auch tat, bis ich dich gestern in der Bar gesehen habe. Ich wusste dass du die Frau bist, die ich immer noch liebte und immer lieben würde..."
Ich war vor der Eingangstür stehen geblieben und hatte ihm weinend zugehört.
Als ich mich mit Tränen überströmten Gesicht zu ihm gedreht hatte, sagte ich mit leiser wimmernden Stimme: „Mustafa kannst du mir verzeihen?! Ich liebe dich Mustafa, ich liebe dich so unendlich sehr Mustafa...bitte verzeih mir...ich möchte nur dass du mir bitte verzeihst..."
„Ich verzeih dir...", sagte er leise und sah dabei auf dem Boden.
Er hatte mir verziehen!
„Ich danke dir vom Herzen...", sagte ich leise und umarmte ihn. Wie gut es tat, mich an ihm zu kuscheln und zu wissen, dass er mir verziehen hatte...
„Ich wünsche euch beiden alles Gute der Welt...sie ist echt eine gute Frau..."
„Dass ist sie wirklich...", sagte Mustafa und nahm mein Gesicht in seine Hände und sah mir dabei tief in die Augen.
„Leb wohl...", sagte ich leise und verließ mit tränen in den Augen die Bibliothek...