Kapitel 34

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,,Adelina, willst du mich verarschen?!", sagte Mustafa sauer, als er mitten im Schlafzimmer stand.
„Was ist los Schatz?", fragte ich grinsend, da ich wusste, wieso Mustafa so sauer war.
„Was los ist?! Wieso erfahr ich erst JETZT, dass es ein Junge wird?! Ich bin der Vater i..."
Ich fing plötzlich lauthals zu lachen an und lief mit langsamen Schritten zu ihm, wo ich ihm einen langen Kuss auf dem Mund gab.
„Hör auf damit! Wieso erfahr ich erst jetzt davon, obwohl du es seit heute morgen weist?!", schnaubte er mich beleidigt an.
„Weil ich es dir nicht am Handy sagen wollte, sondern zuhause...", sprach ich mit sanfter Stimme und strich mit langsamen Bewegungen über meinen Babybauch.
Jetzt wurde auch Mustafas Blick wieder weicher und er sagte lächelnd: „Ich bekomme einen Sohn..."
„Ja das bekommst du...", sagte ich leise und schmiegte mich eng an ihm, und genoss einfach seine nähe.
Tage, Wochen und schließlich Monate waren vergangen und jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der kleine endlich da war...
Mein Bauch war so groß geworden, dass Mustafa angst hatte, dass es vielleicht Drillinge werden könnten, was natürlich absurd war.
Jeden Tag besuchten mich Senad und die anderen Jungs und strichen mir wie Mustafa sanft über meinen Bauch, da sie das ziemlich interessant fanden.
Die letzten Tage waren besonders schlimm, da ich das lange warten einfach satt hatte! Ich will den kleinen nur noch in meinen Armen halten, und ihn ganz fest an mich drücken und küssen...
Im früheren Schlafzimmer von Mustafa ...und...und Meram... hatten wir das Kinderzimmer alles in weiß und blau eingerichtet, was so toll aussah.
„Adelina?"
Erschrocken fuhr ich hoch und erblickte Mustafa, der mich lächelnd ansah.
„Träumst du oder was?!", fragte er lachend und setzte sich zu mir am Esstisch.
„Hmm...ja", sagte ich lächelnd und streichelte liebevoll über meinen Bauch.
„Ich geh ein wenig mit den Jungs raus, also warte nicht auf mich...und wenn was sein sollte, rufst du mich sofort an, oke?", sagte er und gab mir einen Kuss zum Abschied.
„Alles klar. Ich liebe dich..."
„Ich liebe dich auch...euch", sagte er und gab mir noch einen letzten Kuss, bevor er ging.
Als ich allein in der Wohnung war, beschloss ich ein wenig aufzuräumen. Ich wusste, dass es keine gute Idee war und ich mich lieber hinlegen sollte, aber dass konnte ich einfach nicht mehr.
Seit Tagen lag ich nur rum und kam mir wie ein Nichtsnutz vor, und dass wollte ich nicht!
Mit viel mühe drückte ich mich vom Tisch ab und lief wankend zum Putzschrank, wo ich das Putzzeug rausholte.
„Puh! Bist du schwer"! , sagte ich leise und strich mit langsamen Bewegungen über meinem Bauch.
Plötzlich spürte ich wie er sich in mir bewegte, und mir einen harten Stoß verpasste, was mich zum lachen brachte.
„Bist du jetzt beleidigt?! Dass war nur spaß...ich liebe dich jetzt schon so unendlich sehr...
Ich führte immer solche kleine Gespräche, weil ich wusste, dass das Kind im Bauch, wenn es sich genug entwickelt hatte, alles mithören kann...
Als ich das Wohnzimmer betrat, spürte ich wie Wut in mir hochkam!
„Mustafa dieser...."! , dachte ich sauer, als ich die ganzen leeren Pizzakartons und die ganzen Colaflaschen auf dem Boden verstreut sah.
Mit aller kraft bückte ich mich nach unten und sammelte mühevoll den ganzen Müll auf.
Gerade als ich mich umdrehte, um in die Küche zu laufen, sah ich plötzlich auf dem Boden eine etwas Dickflüssiges mit Blut gemischt!
OH MEIN GOTT!
Augenblicklich bekam ich es mit der Panik zu tun. Mustafa wo bist du nur?!
Langsam lief ich in den Flur, wo das Telefon stand und tippte mit zittrigen Händen die Nummer von Mustafa.
„Ja"?
„Mustafa...bitte...du musst schnell kom..."
Weiter konnte ich nicht reden. Ich bemerkte wie sich plötzlich alles um mich herum anfing sich zu drehen und ich immer schwächer wurde...und schließlich ganz das Bewusstsein verlor.
„Düt. Düt. Düt"
Langsam schlug ich meine Augenlieder auf und sah nur verschwommene Gestalten um mich herum!
„Frau Zain?! Frau Zain, hören sie mich?", hörte ich eine weibliche Stimme nach mir fragen, doch konnte die Person nicht genau erkennen!
Was war hier los?! Wieso konnte ich nichts sehen?! Wo war Mohammed?! Wie ging es dem Baby, war ihm etwas passiert?!
Diese Fragen hätte ich am liebsten laut raus geschrien, was aber nicht ging. Ich bekam einfach keinen einzigen Ton raus!
Ich spürte wie mir etwas zugespritzt wurde, und ich plötzlich immer schärfer sah, und langsam die Farben dazu kamen...
Wie erstarrt erblickte ich in Mustafas geröteten Augen.
Er hatte geweint?! MUSTAFA hatte geweint?! Was war passiert?! Ich sah auch meine ganze Familie, Mustafas Familie, Argjenda, Mergim, Senad...die alle weinten!!!
Ich spürte wie große Panik in mir hochkam und ich am ganzen Körper anfing zu zittern.
„Ich brauche mehr Beruhigungsmittel", hörte ich, wie ich jetzt feststellte, die Ärztin rufen.
„W...w...was...Mu...stafa...was...ist hier los..."?! , sprach ich mit aller Kraft raus und umfasste dabei seine Hand so fest ich nur konnte.
Mustafa schüttelte geistesabwesend den Kopf und schaute dabei auf den Boden.
Wieso antwortete er nicht?! Was war nur los?! Oh Allah steh mir bei!
Ich sah die Ärztin wieder das Zimmer betreten und bekam mit, wie sie mir das Beruhigungsmittel einspritzte.
„Wa...s...was...ist...hier los?!", schrie ich jetzt und spürte wie mir eine Träne die Schläfe hinunter lief.
Sofort war meine Mutter weinend zu mir ans Krankenbett gekommen, wo sie mich fest an sich umarmte und schrie: „Oh Adelin! Oh Zot, pse qika jem...oh Zot pse qika jemm???!!"
Wie erstarrt sah ich zur Decke und versuchte mein erhöhten Puls zu normalisieren.
„Ohh Qika Mamet...Ohh Qika Mamet", rief meine Mutter immer wieder weinend, was mir eine Todesangst zubereitete. Ich hatte schon öfters im Leben Angst...aber diese Angst war nicht zu beschreiben...
„Mam...Mam...hajde...", sprach Luan mit geröteten Augen und musste meine Mutter von mir wegziehen.
Ya Allah steh mir bei....was war hier los...?! Ich ließ langsam meinen Blick über das Krankenzimmer wandern und sah jeden weinen... Oh Zot!!!!
„Was...was ist hier los?", fragte ich mit zittriger Stimme und ahnte schon das schlimmste. Bitte ya Allah lass es meinem Kind gut gehen...
Die Ärztin sah mich lange nur schweigend an, bis sie sich einen Stuhl an meinem Bett angezogen hatte und anfing
„Frau Zain...es tut mir so leid es ihnen sagen zu müssen..."
„Was denn sagen?! Was sagen?!", hörte ich mich selber voller Angst und Panik schreien.
„Sie hatten sehr starke Blutungen, nachdem die Fruchtblase geplatzt war und..."
„Was heißt das?! Bitte sagen sie mir, dass es meinem Kind gut geht", sagte ich weinend.
Plötzlich war Mustafa vom Stuhl aufgesprungen und schlug mit voller Kraft gegen die Wand.
„Adelina, du oder das Kind"! , schrie Mustafa mit tränen in den Augen und fuhr sich einmal mit der Hand durch das Gesicht.
Was?! Ich oder das Kind?! Was sollte das heißen?! Unter schock schaute ich die Ärztin verständnislos an und fragte mit leiser wimmernden Stimme: „Was meint er damit...ich oder das Kind?!"
Die Ärztin nahm plötzlich meine Hand in ihre und sprach mit sanfter Stimme: „Sie müssen jetzt ganz stark bleiben..."
Das geweine wurde immer lauter im Zimmer...mein Kopf drohte zu platzen...
„WAS?!" Sagen sie es doch bitte, was ist los?!", sagte ich weinend und sah zu Mustafa, der mich mit seinem Blick zu durchbohren schien.
„Es fällt mir wirklich nicht leicht, es ihnen sagen zu müssen, aber...sie müssen sich JETZT entscheiden, ob sie, oder das Kind weiter leben sollen"
Dieser eine Satz löste etwas in mir aus, das ich zuvor in meinem Leben noch nie gefühlt hatte. Eine Welt zerbrach für mich zusammen! Ich oder mein Kind?!
Ich sah alle von mir so geliebten Menschen vor mir...
Meine Mutter, meinen Vater, meine Brüder, Argjenda, Senad, meine Schwiegereltern, meine Schwäger...dann aber die eigentlich wichtigsten Menschen...
Mustafa und...und meinen ungeborenen Sohn. Ich sah vor mir, wie es weinte und mir Vorwürfe machte, wieso ich ihn nicht leben gelassen hatte, wieso ich so arrogant war, und nur an mich gedacht hatte und ihn umgebracht hatte. Ihm keine Chance gegeben hatte, ihn leben zu lassen...
Nein! Ich konnte mein eigenes Fleisch und Blut, dass ich neun Monate im Bauch getragen hatte, nicht einfach so kaltblütig umbringen!
Ich liebte ihn doch so unendlich sehr...dass war doch MEIN Kind...meins...
Wie sollte ich weiterleben, wenn ich mit dem Gewissen leben müsste, zu wissen, dass ich zu selbstsüchtig gewesen war, mich statt mein eigenes Kind weiter leben zu lassen, wie?!
Meine Entscheidung stand ohne länger nach zu denken, fest.
Ich würde mein Kind weiter leben lassen.
„Ich...ich...möchte dass...dass mein Kind weiter leben soll..."
Plötzlich hörte ich einen lauten Knall und sah wie Mustafa wutentbrannt das Zimmer verlassen hatte.
„Ohhhh Allahhhh", schrie meine Mutter lauthals und war zu Boden gesunken.
Ich sah weinend zu meinem Vater der wie erstarrt mitten im Raum stand und mich unter Tränen ansah und sagte: „Bab...oh Bab...bitte hol Mustafa rein...und lasst und kurz alleine..."
Mein Vater nickte stumm und verließ mit den restlichen das Krankenzimmer
Alleine im Raum gingen mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf...
-Würde Mustafa meine Entscheidung verstehen?!
-Würde er...würde er sich wieder neu verlieben?!
- Würde er...würde er wieder Heiraten?!
-Würde mich mein Kind lieben, auch wenn es mich überhaupt nicht kennt?!
Als plötzlich die Tür aufgemacht wurde, und Mustafa mit einem Todernsten blick das Zimmer betrat, konnte ich mir ein lautes aufschluchzen nicht unterdrücken.
„Mustafa...", flüsterte ich schon halber und versuchte mich mühevoll aufrecht zu setzen.
Mustafa kam leise an mein Bett und nahm meine Hand fest in seine.
„Mustafa...bitte...bitte sei nicht sauer auf mich...bitte...", sagte ich mit leiser Stimme und umarmte ihn so fest ich nur konnte.
„Habibi...ich bin doch nicht sauer auf dich...wie sollte ich nur sauer auf dich sein?!", sprach er mit rauer Stimme und wischte mir meine tränen mit dem Daumen weg.
„Mustafa, ich liebe dich so unendlich sehr...so unendlich sehr...bitte Musafa...wenn...wenn ich nicht mehr da bin...möchte ich, dass du meinem Sohn alles über mich erzählst...er soll doch wissen, was für eine coole Mom er hatte!", sagte ich mit einem schwachen lachen, was Mustafa auch zum lächelnd brachte.
„Und sei nicht traurig Mustafa, bitte sei du und die anderen nicht traurig...irgendwann wirst du dich wieder neu verlieben und wieder heiraten...das Leben geht weiter Mustafa...ich werde auf euch beide, auf meine beiden Männer im Himmel warten...", sagte ich lächelnd und wischte Mustafa eine Träne weg, die ihm langsam über die Wange lief.
„Ich werde dich immer Lieben Adelina, immer wirst du die einziste Frau in meinem Leben sein, die ich geliebt habe und immer lieben werde...wie soll ich nur ohne dich leben Adelina?! Ich...ich kann nicht ohne dich leben, du bist doch mein Leben...oh Habibi wieso muss mir Allah das wichtigste nehmen...wieso?!", schluchzte Mustafa, was mein Herz zum Bluten brachte.
„Nein...nein Mustafa, red bitte so was nicht. du kannst sehr wohl ohne mich weiterleben...bitte Mustafa wein nicht...wein bitte nicht...ich werde euch verlassen, aber dafür kommt das größte Geschenk Mustafa...unser Sohn...mein und dein Sohn...", sprach ich weinend und nahm sein Gesicht in meinen kleinen zarten Händen und gab ihm mehrere Küsse auf die Stirn
Mustafa beugte sich langsam zu mir und gab mir einen langen sinnlichen Kuss auf dem Mund.
„Meine Frau...meine Frau...weist du Adelina ich...ich kann mich an alles noch genau erinnern, als ob es erst gestern gewesen wäre als ich dich zum ersten Mal in der Bar getroffen habe...dann das erste miteinander reden im Klassenzimmer...das erste mal dich nach Hause fahren...die ersten Streitereien obwohl wir nicht mal zusammen waren...Haha...meine Eifersuchtszenen...unser erster Kuss...das erste mal als du bei mir übernachtet hast...einfach an alles kann ich mich erinnern, weil jeder Moment mit dir einfach unbezahlbar war Adelina..."
Mir liefen lautlos die Tränen herunter. Mustafas Worte berührten mein schon so schwaches Herz. Unsere Blicke trafen sich und da war es wieder, dieses Kribbeln in meinem Bauch, das immer entstand, wenn er mich mit seinen wunderschönen Augen ansah.... Womit hatte ich diesen Mann verdient?
„Ich liebe dich über alles.", sagte ich leise.
Dann folgte ein Kuss. Ein sehr langer und leidenschaftlicher Kuss....
Am ende meiner Kräfte, erblickte ich mein ein und alles....mein ganzes Leben...meinen Sohn...
Anstrengend und kompliziert war die Geburt gewesen und hatte mir meine letzte Kraft und Energie geraubt.
Mustafa, der den kleinen voller stolz trug und ihn ununterbrochen auf dem Kopf küsste, kam lächelnd auf mich zu und legte ihn mir behutsam auf meine Brust. Ich weiss nicht .. es gibt viele Situationen, in denen man vor Freude einfach mal losweinen will. Aber glaubt mir, es gibt nichts schöneres, als das eigene Kind im Arm zu halten. Dein eigenes Fleisch und Blut, das du ganze 9 Monate in dir getragen hast. Ich drückte dieses kleine Geschöpf fest an mich, küsste es sanft auf den Kopf und sog seinen Duft ein. Besser als jedes Parfüm!
Ganz zärtlich und sanft strich ich ihm über die Wange und spürte wie mir die Tränen aus den Augen traten...ich würde nie seine ersten versuche beim gehen miterleben...nie würde ich sein erstes Wort mithören...nie werde ich ihn trösten können wenn er mal weinen sollte...nie könnte ich ihm die Liebe geben, die eine Mutter für das eigene Kind empfand...nie würde ich mitbekommen, wie er immer größer und größer wird...nie würde ich mit ansehen können wie er zu einen richtigen Mann heranwächst und selbst mal Heiratet und Kinder bekommt...Nie...
„Er...er hat die gleichen vollen Lippen wie du...und die gleichen Augen wie ich...", flüsterte ich leise und sah Mustafa mit einem gequälten lächeln an.
Mustafa hatte sich neben mich gesetzt und schaute abwechselnd von mir zu den kleinen.
„Ich liebe euch so sehr...", sprach er leise und gab mir einen langen Kuss auf die Stirn.
Ich merkte, wie ich immer schwacher und schwacher wurde, und mir nicht mehr viel Zeit blieb.
„Ich...Mustafa...ich möchte, dass...dass der kleine Malik heißen soll...er soll eines der 99 schönsten Namen von Allah bekommen", sagte ich mit mühe, weil meine Stimme immer leiser und schwacher wurde.
Mustafa sah mich lächelnd an und sagte: „Es wird ihm eine Ehre sein, den Namen den du ihm gegeben hast tragen zu dürfen..."
Nur das leise Klopfen des kleines Herzens zu hören, und ihn so leise atmen zu hören, machte mich schon so unglaublich stolz.
„Mu..tafa...", ich brach ab, da meine Stimme einfach versagt war.
„Ich...ich...liebe euch beide über alles...es wird Zeit...", sagte ich mit einem schwachen lächeln und strich Mustafa schwach über seine Wange.
Als ich sah wie Mustafa tränen aus den Augen traten, brach es mir mein schon so schwaches Herz.
„N....n...ein...h...ö... hör...auf..."
„Ich liebe dich Adelina...bitte geh nicht...bitte verlass uns nicht...bitte! ", sagte Mustafa jetzt schluchzend und umarmte mich ein letztes Mal ganz fest.
„Ich muss gehen...Allah hat es so geschrieben Mustafa...wein bitte nicht... Ich liebe...dich auch... Ashadu an la ilaha illallah...", sprach ich mit letzter Kraft raus, als ich dann spürte, wie meine Augenlieder immer schwerer wurden und um mich herum alles leise und dunkel wurde...

Adelina&MustafaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt