18. Ein unerwarteter Anruf

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Es hatte eine Weile gedauert, bis Ellis Atem gleichmäßig und langsam ging und er sicher war, dass sie schlief.
Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, hatte sich Jax auf den Rücken gedreht und musterte sie im schwachen Schein der Lampen, die um die Uhrzeit noch den Hof beleuchteten und durchs Fenster schienen.

Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass sie sauer auf ihn war, weil er sie ignoriert hatte, und er hätte es verstanden.
Aber sie hatte sich zu ihm gelegt, hatte ihn in den Arm genommen und ihm keine Vorwürfe gemacht.
Er würde mit ihr darüber reden, würde erklären, warum er sich so verhalten hatte, aber dazu musste er sich selbst eingestehen, was los war.

Er hätte diesen Mann getötet.
Hätte weiter auf Pablo eingeschlagen, bis nicht mehr als blutiger Matsch übrig geblieben wäre, wären nicht Clay und Chibs dazwischen gegangen.
Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er Blut für den Club vergossen hätte, aber das heute Abend wäre nicht für den Club gewesen.
Auch wenn er gesagt hatte, dass es Sache des Clubs sei, war es für ihn etwas Persönliches gewesen.
Er hätte diesen Mann getötet, für Elli.

Und das machte ihm Angst.
Nicht, weil er sich für einen Mörder hielt, sich so zu sehen hatte er schon lange aufgegeben.
Sondern weil es bedeutete, dass Elli ihm sehr viel wichtiger war, als er bisher zulassen wollte.

Als er nach Hause gekommen war, sie auf dem Sofa gesehen und das Essen gerochen hatte, war ihm klar geworden, das war das, was er sich gewünscht hatte.
Sie war nicht nur seine Freundin, sie war seine Lady.
Sie war so viel, das er verlieren könnte.
Sie machte ihn angreifbar.

Er musste sie schützen, vielleicht sogar vor ihm selbst.
Doch würde er das niemals schaffen, er würde sich nicht von ihr fernhalten können.

Er wusste von seiner Mum, wie schwer es die Frauen des Clubs hatten, welche Angst sie hatten, wenn die Männer unterwegs waren. Aber niemand hatte ihm gesagt, dass es den Männern gleich erging, sie es nur nicht zeigten.

Liebevoll strich er ihr ein paar Haare aus dem Gesicht, küsste ihre Stirn und kuschelte sich an sie.
Ihre Wärme und ihr Duft hüllten ihn ein und obwohl er nicht gedacht hatte, vor lauter Gedanken überhaupt zur Ruhe kommen zu können, driftete er ab in den Schlaf.


„Hey Babe. Du solltest aufstehen", flüsterte Jax Elli zu.
„Schon?", fragte sie und weigerte sich, ihre Augen zu öffnen und wirklich richtig aufzuwachen. Sie würde so viel lieber liegen bleiben.
„Clay wollte um acht vorbei kommen, die Sache mit den Mayans ist geklärt."
Sie riss die Augen auf und fuhr ruckartig hoch. „Ihr habt euch gestern mit den Mayans getroffen?"
Jax nickte.

„Du hast meine Sachen gewaschen", stellte er fest, nicht wissend, wie er sein Verhalten vom Abend zuvor ansprechen sollte.
„Sie waren schmutzig", antwortete sie schulterzuckend.
„Das Blut war von dem Mann, der dein Haus so zugerichtet hat. Er hat es verdient, aber ich hab es persönlich werden lassen, weil es um dich ging, und habe übertrieben. Ich musste erst selbst damit klar kommen, aber ich hätte dich deshalb nicht einfach links liegen lassen dürfen. Es tut mir leid", versuchte er sich zu erklären.

„Aber er ist doch nicht... er lebt noch?", fragte sie leise.
„Ja", antwortete er.
Er hatte das Entsetzen in Ellis Augen gesehen, hätte wahrscheinlich einfach gar nichts sagen sollen, aber er hatte gewollt, dass sie es von ihm erfuhr, nicht von Clay, falls der damit anfing, wie schlimm er Pablo wirklich zugerichtet hatte.

Elli atmete auf. „Ich finde es gut, dass du ehrlich zu mir bist und ja, du hättest mich nicht ignorieren sollen. Ich war auch wirklich angepisst. Dann sah ich das Blut und wollte mir nicht mal vorstellen, was du gestern gemacht hast. Ich will also keine Einzelheiten wissen und kann wirklich nachvollziehen, wenn du Zeit für dich brauchst. Aber sag es das nächste Mal doch einfach, oder ich bleibe zuhause bei mir, wenn du für den Club unterwegs bist."

Ein Leben für den Club? (SoA FF Jax und Elli Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt