Überwindung

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ALIA

Alia spürte, wie sich allmählich eine wohltuende Schwere über den wild tanzenden Verstand und über ihre Glieder legte. Ihre Wölfin zog sich in ihr Inneres zurück und überließ Lia wieder das Steuer. Graysons Arme fühlten sich so gut an.
Heimlich streckte sie ihren Kopf ein wenig nach vorne und schnupperte an seinem Hals, genoß den maskulinen Duft des Mannes.
Gray schmunzelte, sein Wolf richtete sich auf und putzte sich eitel das Brustfell. Sein Weibchen fand Gefallen an seinem Geruch!
So sollte es sein.
Seine geliebte kleine Omega!
Seine süße Gefährtin!
Lucan öffnete die Tür zu ihrer Suite und Grayson trug Alia ins Schlafzimmer. Dort setzte er sich mit ihr auf die Bettkante und drehte sie so, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte. Alias Sternenaugen sahen in die smaragdgrünen des jungen Alphas.
Alles schien in weite Ferne zu rücken, Lucans Herumgewusel im Nebenzimmer, das zufriedene Summen ihrer Wölfin, nichts war mehr von Bedeutung. Nur dieser Mann vor ihr und die gefühlte Tonne wildflatternden Schmetterlingen in ihrem Bauch.

Gray lächelte zärtlich und strich ihr eine weiße Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine große warme Hand lag an ihrer Wange und sein Daumen streichelte sachte über ihren Wangenknochen. Dann glitt die Hand in ihren Nacken und zog sie langsam zu sich. Sein warmer Atem strich über ihren Mund. Alias Herz stockte und als es weiterschlug, legte es den Turbo ein.
Dann berührten Grays Lippen die ihren. Zunächst ganz leicht, dann wurde der Kuss fordernder. Er knabberte sachte an ihrer Unterlippe und bedeckte sie mit unzähligen federleichten Küssen. Langsam zeichnete er mit seiner Zunge ihren Amorbogen nach und vor Überraschung öffnete Alia ganz leicht ihren Mund. Doch anstatt seine Zunge zwischen ihre Lippen zu schieben, zog Grayson sich zurück. Seine Augen funkelten und Lia spürte, wie ein Lächeln sich auf ihrem Gesicht ausbreitete und eine feine Röte stieg in ihre Wangen. Ein leises Räuspern riss beide aus dem träumerischen Anstarren des jeweils anderen. Im Türrahmen standen mit einem lässigen Schmunzeln der Rest des Höllentrios.
Gray grinste mit einem strafenden Kopfschütteln an seine Brüder gerichtet zurück. Alia biß sich auf die Unterlippe und sah ihn mit einem unsicheren Blick an. Grayson konnte nicht anders und zog sie wieder fest in seine Arme. Seine Brüder setzten sich auf die Sessel und Konstantin seufzte leise.
„Tut mir leid, dass wir da gerade was unterbrochen haben... Ich dachte, dass du wissen solltest, das Vater Kayla aus dem Rudel verbannt hat."

Alia schluckte mühsam. Sie wusste ja, das Kayla es sich selbst aufgehalst hatte, aber auf einmal konnte Lia nur noch an die Zeit denken, in der sie beide durch Dick und Dünn gegangen waren. Eine Träne lief ihr über die Wange. Lucan beugte sich vor, streckte die Hand aus und strich sie ihr sachte aus dem Gesicht. Die junge Frau sah ihn unruhig an. „Du bist wirklich außergewöhnlich, kleine Maus. Eine Träne für jemanden, der dir das Leben schwer gemacht hat?! Es sollte mehr Menschen wie dich geben... Dann wäre die Welt eine hellerer Ort!" „Ich kann einfach nicht vergessen, wie sie früher gewesen war. Wir haben soviel Blödsinn gemacht..." ein trauriges und wehmütiges Lachen begleitete Alias Worte.

Konstantin nickte nachdenklich. „Wir haben alle zwei Seiten. Aber Kayla hatte sehr viele Möglichkeiten einen anderen Weg zu gehen... zu akzeptieren, dass nicht sie, sondern du zu uns gehörst..."
Alia rutschte unbehaglich von Grayson's Schoß. Der griff rasch nach ihrer Hand und sagte leise: „Lia.. wir müssen darüber reden... das weißt du doch, oder?"
Die Omega atmete tief ein. War sie schon so weit? Konnte sie schon über das Versteckspiel reden, dass ihre Eltern begonnen hatten oder über die Zeit bei Clayton. Ihre Wölfin fiepte und drängte sie, sich ihren Gefährten anzuvertrauen, die Last nicht mehr alleine zu tragen...

Lia setzte sich im Schneidersitz wieder aufs Bett, griff nach einem Kissen und schlang die Arme darum. Lucans Duft stieg vom Bezug auf und ohne es zu bemerken, vergrub sie die Nase darin und genoß das Aroma. Lu grinste zufrieden und bekam auch prompt die Faust von Konstantin gegen den Arm. ‚WAS?' fragte Lucan lautlos. Kon bedachte seinen Bruder mit einem scharfen Blick und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der kleinen Omega zu. Alia erstarrte und errötete.
„Schuldigung," flüsterte sie ertappt.
Lucans Grinsen wurde breiter. Doch Gray grätschte dazwischen. Er kannte seinen Bruder und wusste, dass ihm der Dirty-Talk bereits auf der Zunge gelegen hatte. „Alles gut, Mäuschen. Also... warum haben deine Eltern dich nicht gemeldet? Jedes Baby wird getestet, ob das Omega-Potential besteht. Und spätestens als sich dein Duft in der Pubertät entwickelt hat, hätten sie dich zu unserem Vater bringen müssen..."

Alia zögerte. Dann gab sie sich einen Ruck und erzählte den Drillingen alles. Wie ihre Eltern beschlossen hatten, Alia ohne Zwänge aufwachsen zu lassen. Wie ihre Mutter ihr Leben eingetauscht und ihr Vater alles getan hatte, um ihre Freiheit zu erhalten. Die Täuschungen und Einschränkungen. Die Einsamkeit und dann das Glück, als zunächst Ace und schließlich die jungen Alphas in ihr Leben traten....
Ein leises Klopfen unterbrach ihre Erzählung und Ace und Markus betraten die Suite des Höllentrios. Markus trug ein Tablett mit Essen, Ace hatte Gläser und einen Krug Limonade in den Händen.

Ace stellte seine Last ab und schon flog Alia in seine Arme. „Uff..." japste der Beta. „Sorry!!!!" fiepte Lia. Ace grinste und hob sie hoch, setzte sie auf seine Hüfte und sah sie an. „Haben sie es dir schon gesagt? Das mit Kayla?" Lia nickte traurig. Ihr bester Freund seufzte. Er verstand ihren Kummer und wusste, dass sie für die Bewältigung noch etwas mehr Zeit benötigte. Markus unterbrach die düstere Stimmung und sagte: „Mit vielen lieben Grüßen vom Doc... Fütterung der zahlreich vertretenen Raubtiere!" „Liebe Grüße?" murmelte Ace „er hat uns förmlich die Treppe hochgeprügelt mit der Anweisung, dich entweder zum Essen zu bringen oder ins Krankenzimmer zurückzukarren!"
Lias Augen weiteten sich...
„ESSEN!" entfuhr es ihr.
Göttin, bloß nicht in das Krankenzimmer zurück!
Allein?
Mit den ganzen Alpträumen?
ALLEINE?
Nö, Nö, Nö!
Hungrig begannen sie alle zu essen. Kartoffelsuppe und ein Brötchen für Lia um ihren Magen nicht zu überfordern und belegte Brote für den Rest der Meute. Während die Drillinge mit Markus rumalberten lehnte sich Ace zu seinem Mäuschen. „Erzählst du mir, warum du mit aller Kraft versuchst Grayson's Blick zu meiden?" flüsterte er in ihr Ohr. Sofort wurde Alia heiß, als ihre Gedanken zu dem Kuss zurückkehrten. Gray hob den Blick und sah sie liebevoll an, ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen.

Das wütende Brüllen von Warren Blackford hallte plötzlich vom Erdgeschoss herauf.
„DIESER ELENDIGE FEHLVERSUCH EINES ALPHAS! ER WILL KRIEG? DEN KANN ER HABEN!"
Schlagartig war es still im Raum.
Dann sagte Markus sehr treffend: „Scheiße!"

AliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt