DREI

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Nachdem die Prinzessin ein neues Kleid bekommen hat, macht sie sich auf den Weg, um Ean zu besuchen und zu besprechen, wie sie als Nächstes vorgehen.
Misa hat mittlerweile keine Ideen mehr. Sie weiß, würde Ean sich jetzt gegen die Ehe stellen, wird ihr Vater dies sicherlich nicht akzeptieren.
Er ist nun der einzige Mann, der es geschafft hat, sie als Trophäe zu bekommen. Schon wieder.
„Aber vielleicht wäre eine Ehe doch nicht so viel anders als unsere jetzige Beziehung?", denkt sich Misa, doch als sie diesen Gedanken noch einmal wiederholt, schüttelt sie bloß ihren Kopf vor sich hin.
Wenn sie heiratet, will sie zumindest aus Liebe heiraten ...

Ohne zu klopfen, stürzt sie in sein Zimmer und sieht, wie ihm gerade noch ein Verband angelegt wird. Oberkörperfrei sitzt er da und lässt sich von einem grimmigen alten Mann verpflegen. Der Physikus begrüßt sie mit einem nicken und verlässt eine kurze Weile später den Raum. Sie setzt sich auf den Platz neben Eans Bett, wo gerade eben noch der Physikus saß.

„Ihr hättet mir wirklich nicht in die Schulter schießen müssen."
Er ist gerade dabei zu versuchen, sein Hemd über seinen Kopf zu stülpen, scheitert jedoch daran, dass er seinen rechten Arm nicht heben kann.
Misa steht auf und hilft ihm.
„Ich dachte, du löst den Pfeil auf. So wie sonst immer, wenn es ganz knapp wird", gibt sie schuldig von sich. Er seufzt.
„Irgendwas hat nicht gestimmt. Es war als hätte mich jemand meiner Quelle entzogen. So etwas hatte ich noch nie"
Sie setzt sich auf ihren Platz zurück und die beiden schauen sich bloß an.

„Wir heiraten nicht", bestätigt Ean Misas Gedanken. Sie nickt zustimmend und beide überlegen, was sie denn jetzt tun sollen.
„Abgesehen davon, dass wir beide andere Dinge im Leben geplant haben, als uns gegenseitig zu heiraten, würde Riku früher oder später jemanden von uns umbringen", stellt Ean seine Vermutung in den Raum. Misa schaut ihn schockiert an, versteht seine Aussage jedoch. Nach Rikus Worten im Ring, kann sie ihm alles zutrauen.
„Würde ich durch euch Prinz werden, könnte es sein, dass die Menschen, die die alte Ordnung zurückhaben wollen. Sie werden uns auf dem Thron wünschen und das Land könnte sich wieder spalten", erklärt er Misa die aktuelle politische Situation.

Es ist nicht so, dass Politik Misa nicht interessiert. Es liegt eher daran, dass niemand mit ihr darüber spricht oder sie über aktuelle Ereignisse informiert. Außer Ean an Tagen wie diesen und er kennt seine, wie auch ihre Stellung in der Politik. All ihr Wissen, das sie für die Politik hat, hat sie durch ihn erlangt.

Misa weiß, dass Ean angesehen ist und später eine gesamte Nation regieren soll. Sie kann sich Eans Theorie erklären, denn wenn er nun auch noch Prinz wird, wäre es vermutlich vorbei für Riku.
Einen einfachen Bastard.
Und Misa ist die eheliche Tochter der Königsfamilie, die bloß nicht regieren darf, da sie mit dem falschen Geschlecht geboren wurde.
Ihr fehlt ein kompetenter Mann und sie kann den Thron leichter bekommen, als es scheint.

„Lass uns abhauen", beschließt die junge Prinzessin.
„Erzähl gleich beim Essen, du hättest deine Begabung im Kampf verloren. Heute Nacht werden wir bei unserem Reitausflug entführt. Menschen werden denken, du warst zu schwach in deiner momentanen Lage und konntest mich nicht retten." Er stimmt ihr bloß zögernd zu.
„Ich werde mein Bett vermissen", murmelt er vor sich hin und verkriecht sich in diesem. Er ist immer noch wie ein kleiner Junge.

Beim Essen wird Ean trotz des Pfeils in seiner Schulter gefeiert. Er hat eine Trophäe gewonnen. Und auch wenn er diese nicht haben will, geschweige denn kann, feiert er, als hätte er soeben ein Königreich gewonnen.

Ean und Misa sitzen ganz vorne am Kopfende des Tisches beim König und der Königin. Ausnahmsweise besteht der König darauf, dass Ean Rikus Platz beansprucht, der nun stattdessen an der Seite des Tisches sitzt. Ihm ist an seinem Gesichtsausdruck anzusehen, dass ihm diese Situation nicht sonderlich gefällt.
Die Beleuchtung im Saal ist durch das Kerzenlicht gedämpft und die hohen Fenster lassen das Abendlicht hineinströmen. Währenddessen kann man im Hintergrund ein kleines Orchester hören, dass den gesamten Raum füllt.

The LegacyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt