SIEBEN

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Als die warmen Frühlingssonnenstrahlen Ean ins Gesicht fallen und die Vögel in der Ferne zwitschern, öffnet Ean langsam die Augen. Zunächst nur ein Spaltbreit, doch als er erblickt, dass er nicht in seiner gewohnten Umgebung liegt, springt er, ohne noch lange zu überlegen, auf und beginnt die Prinzessin zu wecken. Sofort beginnt sein Herz wie wild zu schlagen und er erinnert sich, wo er ist. Verärgert reißt er die Vorhänge auf, sodass Misa auch von den Sonnenstrahlen wach wird.

„Wir sind schon viel zu lange hier. Wir müssen sofort los!", kommt es nervös von ihm, nachdem Misa sich endlich aufgesetzt hat. Er hat nicht damit gerechnet, solange zu schlafen. Er ist es gewohnt, am Morgen geweckt zu werden, genau wie die Prinzessin.
Durch die ruckartigen Bewegungen spürt er plötzlich wieder einen brennenden und stechenden Schmerz in der Schulter. Mit der Hand fasst er direkt an die Stelle und bemerkt erst jetzt, dass sein Verband allmählich durchblutet ist. Aber jetzt ist keine Zeit, ihn neu zu verbinden, weswegen er es schweigend hinnimmt.

Ean ist davon überzeugt, dass spätestens bei den nächsten Glockenläutern das Verschwinden bekannt gegeben wird. Also wirft er sich seinen Mantel über und versucht den Schmerz zu ignorieren.
Es ist möglicherweise eine schlechte Idee gewesen, die Prinzessin für so eine lange Zeit auf dem Rücken zu tragen, doch das wird ihm erst jetzt klar.
Die Prinzessin hingegen, streicht sich müde durch die Augen und versucht wach zu werden. Während Ean in voller Alarmbereitschaft ist, realisiert Misa nicht einmal, dass ein neuer Tag angebrochen ist. Er zieht Misa die Kapuze über, die sie vergessen hat aufzusetzen und schaut aus dem Fenster, um einen besseren Blick auf das Geschehen draußen zu erhaschen.
Doch er sieht nichts Außergewöhnliches. Er kann gerade so von der Seite erkennen, wie Marktstände aufgebaut werden.

Misa ist gerade dabei sich das restliche Essen von gestern einzupacken, als Ean sie an der Hand zieht.
„Wirklich, Prinzessin? Dafür haben wir nun wirklich keine Zeit", nörgelt er sie an und sie schenkt ihm einen verärgerten Blick.
„Nun gut, aber beschwer dich nicht, wenn wir am Abend nichts zu essen haben."
Ohne noch weiter zu zögern, verlassen die beiden, die Gaststätte und machen sich auf den Weg aus der Stadt.

Als sie es aus der Stadt geschafft haben, erklingen die königlichen Trompeten, die in der gesamten Stadt zu hören sind.
„Sie geben jetzt euer Vermissen bekannt, Prinzessin", kommt es überzeugt von Ean. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis alle Bescheid wissen", hört Misa Ean noch sagen, als sie schon weit genug von der Stadt entfernt sind.

„Eure Haare werden uns zu einer noch größeren Last und die Feinde können jetzt überall sein. Ihr würdet einerseits die fabelhafte Geisel sein und andererseits würde die Person, die euch zurückbringt, reichlich belohnt werden", erläutert er, ohne ihr einen Blick zu schenken. Auf seine Worte kommt in Misa ein Gefühl der Schuld hoch. Sie weiß nicht, ob das, was sie gerade tun, nicht doch eine viel zu leichtsinnige Entscheidung ist, die Ean bloß sein Leben kosten wird.

Als sie sich in den Wäldern befinden, rennen die beiden, um so schnell, wie möglich von hier wegzukommen. Am besten auf dem kürzesten Weg nach Ayan.
Es gibt nur noch ein Hindernis, das sie noch vor der Ankunft in Ayan überwinden müssen. Es handelt sich um ein Gewässer, das es unmöglich macht, das Dorf zu Fuß zu erreichen. Die beiden können bloß hoffen, dort jemand anzutreffen, der sie mit einem Boot herüberbringen kann. Ihnen würde schon genügen, ein leerstehendes Boot zu finden, um das Gewässer zu überqueren. Das Gewässer umschließt das gesamte Dorf, da es sich westlich an den Ozean erstreckt und ein Fluss es von den übrigen Seiten umfließt.

Was Misa in dieser Situation besonders beunruhigt, sind die Legenden, die um das Dorf liegen. Legenden von Ungeheuer und Ritter, die nicht zurückkehrten. Es gab immer wieder Bewohner des Dorfes, die alle Jahre im Schloss zu Besuch waren. Die dafür kamen, um die Menschen zu beruhigen, doch den Legenden nie ganz widersprachen.

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