EINUNDZWANZIG

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Die Nacht verbringen die vier gemeinsam in der Hütte. Während Lurra direkt einschläft, als sie es sich auf dem Bett bequem gemacht hat, sitzen Misa, Aidon und Ean gemeinsam bis tief in die Nacht und sprechen über die Ereignisse der letzten zwei Tage.

„Ich habe mich auch tatsächlich sehr darüber gewundert, dass eure Familie eine solche Hütte hat, oder eher, dass du sie imstande hältst", gibt Ean verwundert von sich, als Aidon von ihrer Anreise erzählt. Er zuckt mit den Schultern.

„Es ist irgendwo schon ein Andenken. Diese Hütte ist schon seit Hunderten von Jahren in unserem Besitz, für genau solche Fälle. Würde ich mich nicht darum bemühen, dass sie imstande gehalten wird, wäre sie bereits eingestürzt", erklärt Aidon, der von Misa neugierig gemustert wird.

„Kann es sein, dass es hier mal ein Dorf gab?", fragt sie direkt heraus. Aidon schaut sie irritiert an. „Woher weißt du das?", entgegnet er ganz verdutzt. In Misa macht sich ein Gefühl der Sorge breit. Das kann nicht sein, erhofft sie sich.

„Das ist schon sehr lange her und ist auf keiner Karte mehr aufgezeichnet. Selbst ich kenne es nur aus den Erzählungen meines Großvaters."

Ihre Finger beginnen zu kribbeln und sie verspürt den Drang, in die Kiste zu sehen, doch beim zweiten Hinsehen bemerkt sie, dass diese ein Schloss hat.

„Hat diese Hütte zuvor jemand anderem gehört? Zufällig jemanden von großer Bedeutung?" Misa will aus seinem Mund hören, dass sie sich das nicht einbildet. Sie möchte hören, wie er das ausspricht, was ihr nicht über die Lippen kommen will.

„Eurer Vorfahrin. Freya Lewenstein hat hier verweilt", spricht er es aus. „Zumindest wird sich das in unserer Familie erzählt."

Misa wird still. Sie möchte nicht, dass ihr Traum irgendeine tiefere Bedeutung hat, aber sie muss der Wahrheit endlich ins Auge sehen. Ohne zu zögern, steht sie auf und geht auf die Truhe zu. Ihr Blick fällt auf Eans Schwert, das an der Seite lehnt, und sie ergreift es entschlossen. Mit einem kräftigen Schlag zerschlägt sie das Schloss der Truhe. Lurra schreckt kurz aus ihrem Schlaf auf und wirft Misa einen verschlafenen Blick zu. „Ist alles in Ordnung, Misa?", fragt sie und reibt sich verschlafen die Augen.

Als das Schloss zerbricht, öffnet Misa die Truhe vorsichtig. Auf den ersten Blick scheint sie leer zu sein, doch bei genauerem Hinsehen erkennt sie einen silbernen Ring, der im Dunkel der Truhe verborgen ist.

„Es kann nicht wahr sein ...", murmelt Misa leise vor sich hin. Langsam zieht sie den Ring heraus und das Symbol einer Lilie springt ihr sofort ins Auge. Sie dreht sich um und blickt Aidon an. „Was weißt du über Freya? Was hat sie in Knyx getrieben?" Aidon schaut sie überfordert an. „Hatte Freya eine Schwester?", fragt sie dann, doch auch Aidon scheint keine Antwort zu haben. „Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie sich hier versteckt hat. Vor wem und aus welchem Grund, ist mir unklar", gesteht er schließlich, und Misa setzt sich schweren Herzens zu Lurra auf das Bett.

„Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für einen Traum ich heute Nacht hatte", gibt sie schließlich mit einem schweren Seufzer zu und kann ihren Blick nicht von dem Ring abwenden.

Nach langem Zögern beginnt sie von dem Geträumten zu erzählen, wobei sie jedoch jedes Wort über Eaden auslässt. Doch auch Aidon kann ihr keine weiteren Informationen über Freya geben.

Wer ist dieses Mädchen und wieso ist sie so wichtig für Freya gewesen? Misa versucht es sich zu erklären, doch landet immer wieder in einer Sackgasse. Es ist, als ob alles, was sie über Freya weiß, eine Lüge ist.

Am Morgen brechen sie auf, um Knyx so schnell wie möglich zu verlassen. Aidon und Lurra haben beide ihre eigenen Pferde, während Misa wieder gezwungen ist, bei Ean mitzureiten. Den Platz bei Lurra hat sich Kethy angeeignet. Sie entscheiden sich vorerst, in Esmeraya abzutauchen.

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