VIERZIG

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„Du hast tatsächlich wieder auf dich warten lassen", hört Misa eine ihr bekannte Stimme. Sie dreht sich ruckartig um und sieht Freya, die auf einer Bank unter einem Kirschblütenbaum sitzt. Als ihre Blicke sich treffen, seufzt Misa und setzt sich zu ihr. Diesmal trägt Freya ein weißes extravagantes Kleid, das Misa sonst bloß von Bällen gewohnt ist.

„Was ist es diesmal? Hat unser Gespräch letztens nicht gereicht?", gibt Misa genervt von sich. Ihr Blick ist nach vorne in die Leere gerichtet, denn um die beiden herum ist nichts als grelles Licht.„Womit hast du denn gerechnet? Du glaubst doch nicht tatsächlich, dass seine Schwester die Wiedergeburt von Eaden ist." Freya lacht.

„Obwohl ...", fällt ihr ein, „immerhin dachtest du ja auch, du wärst meine Wiedergeburt." Misa kann daraufhin nur mit den Augen rollen. „Bist du meiner Mutter auch so oft erschienen oder gefällt es dir, mein Leben noch komplizierter zu machen? Du bist wie ein Dämon in meinem Kopf, den ich nicht mehr loswerden kann", entgegnet Misa Freya, ohne ihr einen Blick zu schenken. Freyas Kopf richtet sich zu Misa, die weiterhin bloß in die Leere starrt.

„Deine Mutter habe ich bloß durch das Buch erreicht. Dir hingegen kann ich kleine Besuche abstatten und es ist eine kleine Abwechslung, an der ich Vergnügen gefunden habe", entgegnet sie ihr mit einem Grinsen. Misa gibt einen Seufzer von sich.

„Was willst du mir diesmal mitteilen? Es kann nicht sein, dass du mich ohne Grund besuchst." Freya zuckt auf die Frage hin mit den Schultern, worauf Misa genervt aufsteht. „Dann sag mir, wieso es dir so wichtig ist, dass ich weiß, dass Ean Eaden ist. Er kann sich an sein vorheriges Leben doch sowieso nicht erinnern. Was macht es für einen Unterschied, dass ich es weiß?", regt sie sich auf, als nun auch Freya aufsteht.

„Du sollst wissen, wo dein Platz ist", kommt es wütend von Freya, die mittlerweile gegenüber von Misa steht. Sie sind genau auf einer Höhe und das Einzige, worin sie sich noch ähnlichsehen, ist in ihrer Augenfarbe. Misas Haare sind inzwischen schwarz und kurz, wogegen Freyas weißes Haar ihr fast bis zum Boden reicht.

„Er gehört mir, und das tat er schon von Anfang an. Tu dir den Gefallen und such dir jemanden, der dich lieben kann, wie er mich liebte." Misa sieht sie an und verzieht keine Miene. „Was willst du tun? Immerhin steckst du hier fest. Du kannst bloß beobachten und mit mir reden", kommt es kalt von Misa. Ihre rechte Hand hat sie zu einer Faust geballt, während sie versucht, ihre Wut nicht zu zeigen.

Freya beginnt zu lachen. „Woher der Mut so groß, mir zu reden, Prinzessin? Keine Angst davor, was die Götter mit dir anstellen?", kommt es mit einem schiefen Lächeln von ihr. „Du bist diejenige, die es sich mit den Göttern verspielt hat und nun ihre Bestrafung absitzt. Wieso sollte ich auf dich hören?"

„Du bist meine Erbin! Misa, deine Bestimmung baut auf meinem Leben auf, auf meinen Taten!", schreit Freya Misa aufgeheizt an, beruhigt sich jedoch im nächsten Moment, als Misa keine Reaktion zeigt. „Deine Mutter weiß es besser, Kind", sind Freyas letzte Worte, bevor sie Misa schubst. Misa stolpert nach hinten und fällt ins Nichts und als sie das Gefühl hat, auf dem Boden aufzuprallen, öffnet sie ihre Augen.


Sie setzt sich direkt erschrocken auf und ein schwerer Atem überfällt sie. Vor Wut greift sie zu Freyas Buch und wirft es mit voller Kraft entsetzt zur Seite, bevor sie ihr Gesicht in ihre Hände legt. „Diese Hexe!", murmelt sie in ihre Hände.

Draußen ist es noch dunkel. Im Lager herrscht Ruhe, das Einzige, dass man hört, sind die Grillen und das sanfte Rauschen des Meers. Leise nimmt sie sich ihren Dolch, steckt diesen in ihren Stiefel. Ihr Schwert legt sie in die Scheide und folgt dem Klang der Wellen, die nicht weit vom Lager entfernt sind. Misa schleicht durch einen kleinen Wald, der schließlich zum Strand führt. Der Himmel ist von Wolken bedeckt, keine Sterne sind zu sehen, nur vereinzelte Lichtstrahlen des Mondes dringen durch die Wolkendecke und lassen sie schemenhaft erkennen, was um sie herum ist. Der frische Wind weht durch ihr kurzes Haar, und der salzige Duft des Meeres erfüllt ihre Nase.

The LegacyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt