NEUNUNDDREIßIG

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Die Gruppe hatte sich ein Lager nicht weit vom Anwesend aufgeschlagen, damit sie die gesamte Situation im Blick behalten konnten, während sie bloß auf den richtigen Moment abgewartet haben, um die Damen zu retten.

Wie es sich herausgestellt hat, sind die Brüder Zuko und Chairon schon lange auf der Suche nach den Männern gewesen und ihnen hat Ean auch alles zu verdanken.

„Ean war eine größere Hilfe, als ich zu Anfang erwartet habe. Als wir ihn das erste Mal angetroffen haben, war er kurz davor, dem Wachmann am Platz alle seine Haare abzufackeln", erzählt Zuko grinsend Misa und dem Rest der Runde, die gerade dabei sind auf ihren Erfolg anzustoßen. Seine Aufmerksamkeit ist besonders auf die Prinzessin gerichtet. „Willst du die Information auslassen, dass ihr die Prinzessin als einen Köder benutzt habt?", fügt Ean mit zusammengekniffenen Augen hinzu. Misas Blick richtet sich direkt überrascht zu Zuko, der schuldig seine Hände hebt.

„So ganz war das nicht so. Zu einem wussten wir nicht, dass du die Prinzessin bist", beginnt Zuko sich zu rechtfertigen, wird jedoch von seinem jüngeren Bruder unterbrochen.

„Wir wussten, worauf die Männer aus sind, und haben es geschehen lassen, um zu sehen, wohin sie euch bringen. Leider haben wir die Spur schneller verloren als angenommen", gibt Chairon schuldig zu.

„Das habt ihr mir nicht erzählt!", beschwert sich Lurra empört, die es sich neben Misa bequem gemacht hat. Ihre Augen blitzen vor Empörung und ihre Lippen sind zu einer schmalen Linie zusammengepresst.

„Natürlich nicht", entgegnet Zuko. „Als Ean das herausgefunden hat, hat er uns beiden fast den Hals umgedreht. Das hat uns gereicht, diese Information für uns zu behalten. Ich wollte nicht beim Schwimmen in einem ruhigen Teich von einer Welle ertränkt werden", fügt Chairon in einem ruhigen und doch eingeschüchterten Ton hinzu und Misas Blick wandert zu Ean der ihn wütend anschaut. Lurra verschränkt die Arme vor der Brust und lehnt sich etwas näher zu Misa, als suche sie Halt bei ihrer Freundin. „Glaub nicht, dass nur weil wir Misa gefunden haben, ihr jetzt sicher seid", murmelt Lurra warnend, doch Misa ist sich nicht sicher, ob das auch die Jungs gehört haben.

„Ean war schon kurz davor, einen Achtzehnjährigen sein Leben zu berauben!", kommt es von seinem Bruder, der ihn bemutternd in den Arm nimmt, aus dem Chairon sich jedoch direkt herausreißt. „Zuko, reiß sich zumindest vor der Prinzessin zusammen!", brüllt er ihn an und wechselt direkt seinen Platz, auf die andere Seite.

„Auf jeden Fall, hat es länger gedauert, als wir es uns erhofft haben, das Lager zu finden. Aber nach langer Suche haben wir es doch geschafft, den Mist hier zu stoppen", wechselt Zuko wieder zum vorherigen Thema. Misa muss bei dem Anblick der Brüder leicht schmunzeln.

„Und ihr seid von hier?", fragt sie die beiden neugierig. Lurra hat sich gegen Misas Schulter gelehnt und scheint sich keinen Schritt von ihr entfernen zu wollen.

„Wir kommen aus einem kleineren Dorf, was in der Nähe von Ukiyo liegt. Nach dem Tod unserer Eltern sind wir nach Ciel gezogen und haben versucht über die Runden zu kommen", erzählt Zuko mit einem Lächeln auf den Lippen, dass jedoch direkt verschwindet, nachdem Ean reinredet. „Die beiden waren Taschendiebe, die ein besseres Einkommen gefunden haben." Chairon schenkt dem ganzen Gespräch nicht wirklich Beachtung und ist mit seinem Bier beschäftigt. „Zieh du mal einen Fünfzehn-jährigen ohne Arbeit auf!", verteidigt er sich und Misa schenkt Ean einen bösen Blick für die Aussage.

„Ich bin der Meinung, die Prinzessin sollte diese Details auch kennen. Außerdem denke ich, dass es sie brennend interessiert, mit welchen Fähigkeiten ihr das angestellt habt", setzt er fort. Misas Blick liegt immer noch genervt bei Ean und Zuko kann nicht anders als ein lautes Seufzen von sich zu geben.

„Die beiden beherrschen den Wind. Ich gebe es ungern zu, aber besonders Zuko ist ein Künstler dieser Fähigkeit", kommt es schon fast begeistert von ihm. Misas Blick wandert direkt zu Zuko, der grinsend mit seinen Schultern zuckt. „Chai ist auch nicht schlecht. Für sein Alter ist er meinem Stand nicht weit hinterher", lobt er seinen Bruder, der ihm einen kurzen Blick widmet und sich dann wieder zurücklehnt.

„Was macht ihr nun, nachdem ihr die Männer gefangen habt?" Misa schaut die zwei Jungs an, doch hier hat weder Zuko noch Chairon eine Antwort zu. „Wissen wir nicht", antwortet Zuko trocken. „Vielleicht fangen wir wieder mit dem Stehlen an", fügt Chairon gleichgültig von der Seite hinzu und zeigt Misa die Kette, die sie von Freya bekommen hat.

„Wie hast du ...?", bringt sie stotternd hervor und nimmt die Kette wieder entgegen. Chairon zuckt mit den Schultern. „Wie mein Bruder schon erwähnt hat, liege ich nicht weit hinter ihm."

Misa bemerkt, wie Ean neugierig die Kette mustert, doch bevor er eine Frage stellen kann, hebt Chairon mit einer eleganten Bewegung eine Kiste an und stellt sie vor Misa ab. Mit einer fast spielerischen Leichtigkeit und einer subtilen Anmut demonstriert Chairon gleichzeitig seine Fähigkeit im Umgang mit dem Wind. „Hier ist die Kiste mit den Gegenständen, die den Frauen abgenommen wurden. Vielleicht ist noch etwas von euch dabei, Prinzessin."

Ohne Zögern öffnet Misa die Kiste und ihr Blick fällt sofort auf ihr Schwert, das oben liegt. „Es ist noch da!" Ihre Stimme ist erfüllt von Erleichterung. Sie kramt weiter in der Kiste und entdeckt ihren Ring. „Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er weg war", murmelt sie erstaunt und steckt ihn sich sofort wieder an. Als ihr Blick auf die Lilie fällt – die exakt der auf der Kette entspricht, sowohl in Material als auch in Größe und Gravur – realisiert sie, dass sie möglicherweise zusammen angefertigt wurden.

„Jetzt müssen wir wohl nur noch den Gott der Winde finden", gibt Misa erschöpft von sich. Ean schüttelt daraufhin jedoch bloß den Kopf und zeigt auf Zuko. „Ich habe mir erlaubt, nochmal ins Buch zu gucken. Ich hatte gar nicht in Erinnerung, wie viel hier auf meiner Muttersprache stand", gibt er von sich und reicht Misa das Buch. Als sie es greifen möchte und es berührt, kommen ihr die Erinnerungen hoch, als sie Freya getroffen hat. Sie schafft es nicht, das Buch zu greifen und zuckt mit der Hand zurück. Das Buch fällt zu Boden und Ean schaut verwirrt zu Misa, die etwas verängstigt zu ihm schaut.

„Ist alles gut, Prinzessin?", vergewissert er sich und hebt das Buch wieder auf. Misa nimmt ihren Blick nicht vom Titel und nickt bloß. „Ich denke, es ist alles gut", entgegnet sie ihm und nimmt es dann endlich entgegen. Als sie es öffnet, fangen ihre Hände zu zittern an.

„Eadon hat recht, ihr seid dem Gott der Winde sehr nahe, meine Liebe", brummt Misa eine Stimme durch den Kopf und sie schlägt das Buch wieder zu. Ihr Blick schweift nach oben zu den vieren, während sie Ean das Buch, mit den Worten: „Ich glaube dir", anreicht.

„Ist wirklich alles in Ordnung? Ihr seht etwas erschrocken aus. Oder gefällt euch die Nachricht nicht, dass ich derjenige sein könnte?", kommt es nun etwas frustriert von Zuko. Misa schüttelt direkt den Kopf. „Nein! Nein... das ist nicht so. Es ist bloß...", sie zögert, weiß nicht, was sie sagen soll. „Ich fühle mich immer noch erschöpft und ausgelaugt vom Erlebten. Verzeiht mir", redet sie sich raus.

Alles scheint so unreal für Misa und doch ergibt es zusammen endlich Sinn. Vielleicht will sie jetzt auch einfach nicht mehr dran glauben, da sie weiß, dass Ean tatsächlich Eadon ist, sie jedoch nicht Freya. Eine kurze Stille breitet sich aus, in der, wie es scheint, jeder die Geschehnisse der letzten Zeit in Gedanken durchgeht. Schließlich erhebt sich Lurra und reckt sich müde. „Ich glaube, ich werde mich jetzt auch hinlegen. Aidon hat das einzig Richtige von uns gemacht, indem er direkt zu Bett gegangen ist", sagt sie und gähnt herzhaft. „Es war ein langer Tag."

„Ich schließe mich dir an", murmelt Misa und die beiden gehen ihren fehlenden Schlaf nachholen. 

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