VIERZEHN

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„Woher kommt ihr und was hat euch in die Wüste getrieben?", fragt der Herr des Hauses, während sein Sohn und Ean einander gegenübersitzen. An seiner Seite haben Misa und Lurra Platz genommen. Um den restlichen Teil des Tisches sitzt die Frau des Herren und seine Tochter. Ean will gerade antworten, als Misa ihm ins Wort fällt.

„Mein Vater schickte mich nach Uminya, um einen Kavalier zu treffen. Jedoch war er nicht so ganz, wie ich ihn erwartet hatte. Als wir auf dem Rückweg in eine Stadt eine Pause machten, waren die Pferde nicht mehr da. Nun sind wir den ganzen Weg zu Fuß unterwegs", erklärt Misa, ihre Worte mit einer gespielten Mischung aus Enttäuschung und Ärger unterlegt.
Sie hat die Lüge so gut verpackt, dass man glauben könnte, dass sie ihr gesamtes Leben auf diesen Moment gewartet hat.
„Kennt man eure Familie?", kommt es von dem jungen Mann, der gegenüber von Ean sitzt. Misa schüttelt ihren Kopf. „Mein Vater ist bloß ein Händler in Esmeraya. Er hat sich durch die Ehe in Uminya mehr Reichtum erhofft, jedoch konnte weder er noch ich diese Ehe eingehen." Misa hat sich die perfekte Lüge ausgedacht. Niemand würde nun hinterfragen, wer sie ist und wieso eine Zofe und ein Leibwächter sie begleiten.

„Woran ist die Verlobung gescheitert?", kommt es nun von dem Vater des Mannes. Misa seufzt und guckt etwas betrübt. So als würde sie gerade über eine wahre Geschichte erzählen.
„Er hatte schon eine Geliebte. Weder er noch ich waren bereit für sowas", die Frau des Hauses sieht Misa deprimierend an. Es herrscht Stille im Raum, bis Ean das Wort ergriff.
„Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass sie uns eine Schlafmöglichkeit bieten. Wir sind seit Tagen unterwegs und sind erschöpft. Wir danken euch, Zakera", bedankt sich Ean.
„Nennt mich Anwar. Mein Sohn Anubis hat mit so einer Begeisterung von euch gesprochen, so nennt mich doch bei Namen." Ean nickt und stellt sich unter dem Namen Ajax vor. „Und dies ist Artemis und ihre Zofe könnt ihr mit Xenia ansprechen", stellt er auch direkt Misa und Lurra vor.

Es sind bloß übliche Namen aus Esmeraya, um nicht weiter aufzufallen. Unter keinen Umständen will er riskieren, dass man sie mit ihren eigentlichen Identitäten finden kann.
„Artemis, mir wäre es eine Ehre, euch die Burg zu zeigen", schlägt Anubis vor. Misa schaut etwas verwirrt hoch, nickt jedoch dann zögernd. Sie steht auf, doch bevor Ean ihr überhaupt folgen kann, legt sie ihre Hand auf seine Schulter und hindert ihn daran aufzustehen.
„Bleib hier, er zeigt mir bloß die Burg." Er befolgt ihr Befehl und bleibt sitzen. „Und ihr Ajax, mich würde interessieren, woher ihr diese Stärke habt?", hinterfragt Anwar und verwickelt Ean damit in ein langes Gespräch. Lurra sitzt bloß gelangweilt daneben und bedient sich am gebrachten Gebäck.

In der Zwischenzeit zeigt Anubis Misa die Burg. Er erzählt ihr über seine Familiengeschichte und über die Dinge, die er gerne tut. Auch darüber, womit er die meiste Zeit verbringt. Misa hört ihm zu. Es interessiert sie eher weniger, jedoch will sie nicht unhöflich wirken. Immerhin ist es ihm zu verdanken, dass sie sich endlich ausruhen können.

„Mein Vater ist erst seit einigen Tagen wieder zurück aus Celestia. Ich glaube, ihr habt über das Verschwinden der Prinzessin mitbekommen?", Misa wird direkt hellhörig und antwortet ihm mit einem leichten Nicken.
„Viel hatte ich nicht mitbekommen. Immerhin sind wir die letzten Tage und Monate immer bloß von Dorf zu Dorf. Dort bekommt man bloß sehr wenig mit."
Und ohne viel zu hinterfragen, erzählt er ihr, soviel er weiß. Und Misa sieht, dass es sich doch lohnt, ihm zuzuhören.
„Der König bietet die Hand der Prinzessin für denjenigen, der sie nach Hause bringt. Der Sohn des Esmeraya Oberhauptes möchte den Kronprinzen am liebsten tot sehen. Dem König wäre er lebendig auch ganz recht."
Darauf schluckt Misa erstmal. Wenn Riku so eine Gefahr in Ean sieht, will sie nicht wissen, was er für sie parat hält, wenn er erstmal auf dem Thron sitzt.
„Aber hieß es nicht, die beiden seien bloß durchgebrannt? Dort, wo wir waren, hatte ich das Gefühl, die beiden wollen bloß weg aus Celestia." Er zuckt jedoch bloß mit den Schultern.

„Wer weiß schon, was die beiden sich dabei gedacht haben. Sie hätten ein großartiges Leben im Palast genießen können, entschieden sich jedoch zu verschwinden. Über die Prinzessin habe ich sowieso nie etwas Gutes gehört. Man erzählt sich, sie sei sehr arrogant, naiv und dumm."
Misa schweigt und überlegt, was sie am besten sagen kann, ohne sich zu verraten. Sie weiß, dass viele sie als arrogant betiteln, jedoch hat sie noch nie mitbekommen, dass man sie als dumm und naiv bezeichnet. „Sie ist doch noch sehr jung. Ich würde nicht sagen, dass sie dumm ist, sondern eher unerfahren."

„Ihr redet so, als würdet ihr sie kennen." Sie fühlt sich kurz ertappt, jedoch in dem Moment, wo ihr Gegenüber anfängt zu lachen, bekommt sie das Gefühl, dass er sich bei seinen Worten nicht viel gedacht hat.
Er bleibt stehen und schaut sie eindringlich an.
„Artemis, würdet ihr mich morgen zum Fest begleiten, was mein Vater mir zu Ehren veranstaltet. Ich hätte euch sehr gerne als Begleitung an meiner Seite." Er ist etwas kleiner als sie, die Augen sind fast auf Augenhöhe, trotzdem fühlt Misa sich unfassbar klein in dieser Situation. Sie traut sich nicht, nein zu sagen. Aber bringt das „Natürlich", nur schwer über ihre Lippen.

Die Nervosität steigt in ihr auf und die Angst, morgen noch erkannt zu werden, wächst. Wie soll sie Ean erklären, dass sie morgen auf ein Fest geht, auf dem Hunderte von Menschen sind?
„Was ist das denn für ein Fest?", hinterfragt sie, um sich zumindest darauf vorbereiten zu können.
Auf seinem Gesicht bildet sich ein Lächeln. „Es ist mein zweiundzwanzigster Geburtstag. Ich werde euch morgen früh noch das schönste Kleid aus diesem Königreich zukommen lassen", sagt er voller Stolz und so, als hätte er sich in Misa schockverliebt. Sie jedoch setzt sich bloß ein gespieltes Lächeln auf.

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