Sicht Mike:
Tief in Gedanken versunken schaue ich raus aus dem Fenster des Busses und überlege, was ich jetzt gleich tun werde, wenn ich in der Innenstadt eingetroffen bin. Ich bin auf dem Weg ins BeIng, wo Stacy arbeitet. Ich muss dringend mit ihr reden. Ihr erklären, was los ist und warum es so ist. Warum wir ihnen alle verheimlicht haben, dass ich eine Nichte habe, Julie eine Tochter hat. Seitdem sie aus meiner Wohnung gegangen ist, hat sie sich nicht mehr gemeldet geschweige denn zurück gemeldet. Ich habe ihr in den letzten Tagen mindestens mehr als 5 Dutzend Nachrichten hinterlassen, aber keine hat sie beantwortet geschweige denn gelesen, weil die Häkchen nicht markiert wurden, was es sonst immer tut, wenn dieses gelesen werden.
Ich fühle mich echt schuldig, weil ich ihr was verheimlicht habe und weil ich nicht auf ihrer Seite gestanden habe. Sogar mit Julie habe ich, seit Stacy gegangen war, am nächsten Tag mit ihr ein ernstes Wort darüber geredet und gesagt, dass Stacy recht hat und dass das so nicht mehr weitergehen kann. Julie so, dass sie nicht kann, weil sie Angst hat, immer daran erinnert zu werden, was ihr einst mal passiert war. Aber ich habe nur darauf erwidert, dass Stacy recht hat mit dem, was sie gesagt hat; Dass man Familie nicht vorenthalten soll. Und Leif ist Emilys großer Bruder, der unbedingt erfahren muss, dass er eine kleine Schwester hat. Julie hat lange nichts mehr gesagt danach. Ich erinnere mich noch an jedes einzelne Wort, was wir ausgetauscht habe.
"Ich will ehrlich sein, Julie, das ist Etwas, was wir nicht mehr länger verheimlichen sollen. Vor allem nicht vor unseren Freunden", sage ich und sehe sie dabei ernst an und in ihren Augen erkenne ich Verstehen aber auch Angst und Unsicherheit. Sie versucht es schon wieder, indem sie sagt, dass das nicht gehe, weil niemand von ihnen davon erfahren soll.
"Mike, bitte, ich will nicht so angesehen werden", erklärt sie mir zum bestimmt hundertsten Mal, seit sie Mutter ist. Sogar bevor sie es wurde, wurde sie immerzu schief angesehen und einmal sogar als Schlampe betitelt, nur weil sie schwanger und unverheiratet war.
"Wie, Julie?", frage ich. "Als eine junge Frau, die Vieles durchlebt hat und dennoch nicht zusammengebrochen ist, aber lieber ihre Freunde verrät als zu vertrauen?"
"Ich vertraue ihnen doch, aber-"
"Nein", sage ich kopfschüttelnd. "Nein, das tust du nicht. Wenn das so wäre, würden wir ihnen nichts vorenthalten. Vor allem nicht Leif, der unbedingt von Emily erfahren muss." Ich tritt näher zu ihr, bis uns nur noch wenige Zentimeter trennen. "Weißt du noch, was unsere Mutter einst einmal gesagt hat; Familie ist wichtig..."
"... Und Freunde sind es gleich", beendet Julie und nickt, als sie endlich versteht. "Wie konnte ich das nur vergessen?" Ihre Augen glänzen und ich nehme sie in den Arm. Sie schlingt ihre um meinen Körper und drückt ihr Gesicht halb an meiner Brust. Ihr einen Kuss aufs Haar hauchend sage ich ihr, dass ich mit Stacy reden werde und ihr erklären werde, dass wir nun bereit sind, es ihnen zu sagen, damit keinerlei Hindernisse mehr zwischen uns stehen.
Als ich sie hat anrufen wollen nach dem Gespräch mit meiner Schwester, war sie nicht ran gegangen. Jedes Mal habe ich es versucht, aber keine Reaktion oder Rückruf ihrerseits. So als hätte sie niemals in meinem Leben existiert. So als wären wir uns niemals begegnet.
Mich macht es traurig, dass sie mich meidet. Der unangenehme Knoten, der sich seit jenem Abend in mein Bauch breitgemacht hat, wird schlimmer und ich drohe auszuflippen. Aber hier im Bus, nicht gerade klug. Ich muss mich jetzt wirklich bis zum Ankunft dieses Fotostudios zusammenreißen.
Bald schon hält der Bus an und ich steige aus. Ich gehe den restlichen Weg zu Fuß, das BeIng erkenne ich schon vom Weiten. Das schwarz-weiße Schild oben ist nicht zu übersehen und ich sehe einige Menschen dort ein und ausgehen. Ich betrete diesen Laden und werden schon in der ersten Sekunde von mindestens drei junge Frauen angestarrt, die mir eindeutig hinterher sehen und leise tuscheln und kichern. Mich zu ihnen umdrehend winke ich ihnen zu, weswegen sie noch mehr kichern, doch darauf gehe ich nicht mehr ein, weil ich nur noch an Stacy denken muss. Das Studio ist wirklich gut besucht. Edel, schlicht, modern und haben nahe der Fahrstühle Säulen, die mich sofort an Griechenland denken lassen. Wäre schon ziemlich lustig, wenn so plötzlich Aphrodite auftauchen würde. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, geh ich weiter gerade aus, am Empfang erspähe ich Dana, die am Hörer hängt und sich ganz sicher mit einen der Kunden unterhält.

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Desire in the Fall
Lãng mạnBand 2 der New York Love Reihe Die im BeIng arbeitende Stacy Williams sehnt sich sehr nach Ruhe vor den vielen Männer, die nur von ihr das eine wollen. Und wer eilt ihr ausgerechnet zur Hilfe in einer schlimmen Situation: der unglaublich heiße und...