Lu - Liebe? Vielleicht ...

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Die ganze Woche drückte ich mich bereits, mit kurzen Anrufen, vor einem Treffen mit Sandro. Heute hatte meine Galgenfrist ein Ende. Irgendwie grauste es mich, vor dem ersten Zusammentreffen. Auf der einen Seite war da dieses schlechte Gewissen, das mich Nächte lang nicht einschlafen ließ. Auf der anderen Seite wollte ich diese verletzten, blauen Augen, aus meinem Gedächtnis verbannen. Ihn noch mal so zusehen, hätte ich nicht ertragen.
An der Tür läutete es Sturm. Ich verdrehte genervt die Augen und öffnete dann doch, nach einem kurzen Zögern, die Tür. Er hatte sowieso einen Schlüssel, es lag nur an seiner Höflichkeit, dass er diesen nicht gleich benutzte. Hätte ich noch einen Augenblick länger gebraucht, wäre wohl auch dieser Rest Höflichkeit verwirkt gewesen.

„Alex, hör auf dich an meine Klingel zu lehnen.", begrüßte ich meinen überaus geliebten besten Freund. Wieso waren wir eigentlich über all die Jahre immer noch befreundet? Ich fand diese Frage durchaus berechtigt. Die meiste Zeit über wäre es besser, ihm in sein ach so perfektes Gesicht zu hauen oder wahlweise an die Gurgel zu gehen. Aber nein, ich doch nicht ... nein, niemals... dafür hatte ich ihn, warum auch immer, viel zu gern.

„Damit du in die Puschen kommst, mein Herzblatt!", strahlte mich Alex an. „Auf geht's! Ich möchte Elias nicht warten lassen."

Und tatsächlich ich konnte Elias nirgends entdecken. Das war die letzten Tage eine Seltenheit, die Zwei gab es nur noch im Doppelpack. „Wo steckt denn dein siamesischer Zwilling?", wollte ich also berechtigterweise wissen.
„Arbeiten ...", seufzte Alex schwer. „Kannst du dir das vorstellen? An einem Freitagabend!!!"
„Oh du Ärmster!", zog ich ihn auf. „Nicht weinen, ich kauf dir auch ein Eis!" Dabei tätschelte ich liebevoll seine Wange. „Schieb dir dein Eis sonst wohin.", konterte Alex und schlug grinsend meine Hand weg. „Dafür bekomm ich Whiskey und nichts anderes, dass das mal klar ist!" „Du bist Fahrer!" Ich setzte eine betrübte Miene auf und stieg die Stufen hinunter, um mich auf den Weg zu seinem Auto zu machen. „Das tut mir jetzt aber leid!!", konnte ich mir nicht verkneifen. „Och nö, das ist überhaupt kein Problem! Elias fährt zurück! Er trinkt eh kaum.", bekam ich fröhlich zugerufen.
„Der Ärmste ... der muss dich also tatsächlich nüchtern ertragen ..." Ich spürte grade noch den Lufthauch, bevor seine Hand auf schon auf meinem Hinterkopf auftraf. „Autsch", fluchte ich.

Wir stiegen ins Auto und fuhren los. „Zügle deine Zunge ... bevor ich erneut anfange, Frage über Sonntagnacht zu stellen und für was ihr uns so sitzengelassen habt." Damit nervte er mich bereits seit Montagmittag. Irgendwie schien er mir nicht glauben zu wollen, dass wir uns ausgesprochen hatten und jetzt wieder alles in Ordnung war. Dabei klang ich doch so überzeugend, als ich genervt ins Telefon gestöhnt hatte, er soll mir doch den Buckel runterrutschen.

„Aber mal was anderes.", unterbrach Alex meine Erinnerung. „Ich glaube, ich hab das perfekte Weihnachtsgeschenk für Elias!"
„Aha ... will ich es hören? Wenn es was Versautes ist ... behalte es lieber für dich!", fügte ich schnell hinzu. Sicher war sicher. Was die beiden im Schlafzimmer trieben, ging mich nun wirklich nichts an. „Wo denkst du schon wieder hin? Ich glaube, dein letzter Schuss ist schon viel zu lange her!", stellte Alex kopfschüttelnd fest und konzentrierte sich auf die Straße.

Das konnte er laut sagen. Montagabend war ich gleich losgefahren und mit Mike durch sämtliche Bars gezogen. Keine einzige Dame konnte meinen Ansprüchen gerecht werden. Die Eine hatte eine zu große Nase, die andere zwei unterschiedliche Brüste. Wirklich! Auch wenn Mike meinte, ich sei jetzt komplett durchgedreht, aber seit er verheiratet war und unter dem Pantoffel von Monika stand, schaute er auch nicht mehr so genau hin. Da schwebte wohl die Angst mit, sie könnte es ihm sofort an der Nasenspitze ablesen. Emm ja ... aber ich schweifte ab. Auf jeden Fall hatte ich mich dann mit einer Blondine unterhalten. Aber ihre blauen Augen hatten mich so irritiert, dass ich es lieber bleiben ließ und sie nicht mit nach Hause nahm. Ich war also insgesamt seit drei Wochen abstinent, das war für meine Verhältnisse wirklich lange. Immerhin war ja jetzt wieder Wochenende und ich durchaus zuversichtlich, das sich da noch was machen ließ.

Blue eyes (Cupcakes 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt