Sandro - A, B oder C

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Fragend blickte er mir entgegen, bevor sich ein Grinsen auf seine Lippen stahl und er mir schelmisch zuzwinkerte. „Wo immer du willst, Schnucki!" Die ganze Müdigkeit schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein. Wenn er mich so ansah, wirke er total jung. Also er war jetzt nicht alt oder so, überhaupt nicht. Gott bewahre, nein so was durfte ich nicht einmal laut denken. Aber er erinnerte mich einfach ein klein wenig an den Lu, dem ich damals begegnet war, in den ich mich von ersten Augenblick an verguckt hatte. Mein Held, mein Traummann und jetzt saß er da und nannte mich frech grinsend Schnucki. Der traute sich vielleicht was.

„Schnucki?", langgezogen ließ ich mir diesen bescheuerten Kosenamen auf der Zunge zergehen. „Echt jetzt?" Also wirklich, es gab doch auch besser Kosenamen. Wohlklingendere, Kreativere. Nein, nein eigentlich nicht. Kosenamen waren scheiße, egal welche. „Hmm ... genau so beschissen, wie jeder andere auch ...", bestätigte Lu meine gedanklichen Theorien, den auch er war eigentlich kein Freund von Verniedlichungen. „Du nennst mich ja auch ständig Schätzelein, das nennt man ausgleichende Gerechtigkeit.", fügte er hinzu und ließ sich zurück in den Sitz sinken. „Wollen wir heute zurück, oder erst morgen?" Wollte ich nach einiger Zeit des Schweigens wissen. Würde er wollen, würde ich fahren, aber eigentlich war ich selbst müde und gegen eine kleine Auszeit von der Realität, hatte ich gewiss nichts einzuwenden. „Hmm ... weiß nicht ..." Nun schien er in Gedanken zu versinken. Oh man Lu, sprich doch endlich ein Machtwort. Irgendwas musst du doch auch wollen.
„Schätzelein ...", zog ich ihn auf. „Was weißt du denn überhaupt?"

Wir könnten uns einen schönen Abend machen und morgen losfahren. Von Lu's Chef wusste ich, dass er noch Urlaub hatte und ich konnte den einen Tag auch noch verkraften. Morgen Abend würde ich pünktlich vor Ort sein, aber heute könnte die Nacht noch uns gehörten.

„Einiges ... morgens geht die Sonne auf, abends geht sie unter. Pluto ist als Planet aberkannt worden. Das Gras ist grün, der Himmel blau und wenn man Glück hat, lässt im Winter, Frau Holle die Schneeflocken tanzen. Wenn man hingegen Pech hat, wässert Petrus den ganzen Sommer die Tomaten, obwohl sie Obst sind, und nie in den Obstsalat gehören sollten ..." Demonstrierte Lu mir seine unendliche Weisheit.
„Lu ...", unterbrach ich ihn schon fast genervt. „Das meinte ich nicht und das weißt du!"
„Weiß ich das?" Wieder dieses spitzbübische Grinsen, welches in einem den Reiz, einfach mal mit der Faust reinzuhauen, auslöste. Ich schwieg. Sah nach draußen, genoss die schöne Aussicht und zählte innerlich ganz langsam bis zehn. Als das nicht half, bis zwanzig. Neben mir begann es zu kichern. Völlig entnervt sah ich kurz zur Seite. Vielleicht wäre es wirklich besser, einfach nach Hause zu fahren und dieses Etwas auf meinem Beifahrersitz einfach vor seiner Haustür abzusetzen. Daheim dann ein bis zwei Flaschen Whiskey vertilgen und nur noch ins Bett gehen ... Klang sehr verlockend.

„Ich liebe es, wenn du versuchst ruhig zu bleiben, deine Augen aber „ich bring dich um' schreien!" Immer noch dieses Kichern, meine Ader an der Schläfe fing ganz langsam an zu Pochen. „Aha ..." nur ein winzig kleiner Hauch Feindseligkeit schwang in meiner Stimme mit. Ich sollte ins Bett und nicht hier, neben dieser Nervensäge, am Steuer sitzen. „Schon gut, Schnucki!" Jetzt fing auch noch mein rechtes Augenlid an zu zucken. „Was wäre dir denn lieber?", fügte er scheinheilig hinzu. Nach einem kurzen Blick in den Seitenspiegel, schwenkte ich den Lenker um und kam mit quietschenden Reifen auf dem Seitenstreifen zum Stehen.

„Ich habe dich gefragt!", presste ich jedes Wort einzeln hervor. Wann hätte dieser Tag endlich ein Ende?? Ich hatte meine Kapazitäten schon vor Stunden verbraucht! Wieso konnte diese Vollpfosten nicht einfach mal sein Maul aufmachen und Tacheles reden? Statt mich hier mit seinen Spielchen in den Wahnsinn zu treiben ...
„Sandro?", kam es merklich eingeschüchtert von der Seite und seine Finger strichen dabei sehr zaghaft über meinen Arm. „Hmm ..." Ich verschloss die Augen, damit er sie nicht mehr sehen konnte, den diese schrien mittlerweile mehr, als nur ‚ich bring dich um'. „Hey ... alles klar?" Wagemutig und scheinbar lebensmüde beugte er sich auf meine Seite und legte seinen Kopf auf meine Brust. Mein Herz raste ... ob es vielleicht ‚ich dreh dir den Hals um' morste? Seufzend ließ ich die Luft entweichen, nur um anschließend tief einzuatmen. „Du machst mich wahnsinnig! Weißt du das?", entkam es mir, nach dem ich etwas von meinem Trip runterkam. „Ich dich auch!", bekam ich lachend zu hören und kassierte einen Knutscher auf die Backe. Widerwillig schlug ich blinzend die Augen auf. Entweder er war verrückt oder ich? Vielleicht auch wir beide ...
„Also ... du hast die Wahl ...", ich versuchte, meine Stimme ruhig klingen zu lassen und mich etwas zu entspannen. „Option A – wir fahren zurück nach Deutschland. Option B – Wir bleiben die Nacht hier und fahre Morgen nach dem Frühstück zurück. Option C – wenn du mir weiterhin blöd kommst, setzte ich dich hier am Straßenrand aus!" Dabei ruhte mein Blick streng auf ihm. Der sollte sich bloß trauen und mir widersprechen!

„Du würdest doch nicht ..." muckte er sich doch tatsächlich auf. Ohne lang zu überlegen, beugte ich mich über ihn und drückte die Tür auf. „RAUS!", donnerte meine Stimme in meinem Aston Martin wieder. „B ... B ... B ...", entkam es Lu etwas panisch. Da hatte jetzt aber einer Muffensausen. Gut so ... und trotzdem konnte ich mir das Lachen nicht verkneifen. „Glück gehabt ..." grinsend schloss ich die Tür wieder. „Wieso nicht gleich so?" Warum auch immer, bekam ich keine Antwort darauf.

Schweigen fuhr ich an und wir kamen sogar ein ganzes Stück weiter, ohne uns zu streiten. Was würde das nur aus uns werden? Zwei Vollpfosten, die eigentlich total beziehungsunfähig waren.

„Du hättest mich nicht wirklich stehen gelassen ..." Es klang mehr wie eine Frage, statt wie eine Feststellung. „Ich an deiner Stelle würde es nicht ausprobieren." Nur kurz streifte ich Lu mit einem strengen Seitenblick.
„Aha ... dann hättest du den Rest unserer Beziehung auf dem Sofa schlafen können!", kam es etwas beleidigt von Sitz neben an. „Och ... da würde ich bestimmt nicht lange alleine bleiben ..." Etwas entsetzt wurde ich von der Seite gemustert. „Schließlich, bist du derjenige, der nachts so ungern alleine schläft!" Das diabolische Grinsen wollte einfach nicht aus meinem Gesicht verschwinden. Rache war einfach zu süß.

Blue eyes (Cupcakes 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt