Sandro - als wäre Weihnachten

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Es überraschte mich immer wieder aufs Neue, wie viele Kerle an heilig Abend unterwegs waren. Schon früher als ich selbst noch durch andere Clubs zog und jetzt, heute, hier in Meinem. Auch der Alkoholpegel stieg im Vergleich zu anderen Tagen des Jahres. Und da sagten die Leute, die Familie drängte einen nicht zum Trinken.

Überall herrschte reger Betrieb und meine Jungs an der Bar hatten reichlich zu tun. Eigentlich hatte ich gar nicht vorgehabt, den Abend heute hier unten zu verbringen, aber oben in der Wohnung hielt mich auch nichts. Es war der erste Heilige Abend, an dem ich nichts mit Lu ausgemacht hatte. Er hatte nicht gefragt und ich hatte nichts vorgeschlagen. Vielleicht tat uns ja dieser Abstand gut, wobei er mir gerade im Moment doch fehlte.

Seit seiner tollen Ansprache letzten Freitag, hatten wir uns nur noch am Montag getroffen. Ansonsten bestand unser Kontakt nur aus Anrufen, Mails und Nachrichten. Viel miteinander zu tun hatten wir aber nicht. Sebastian war da und verlangte nach meiner ganzen Aufmerksamkeit. Lu hatte wirklich Wort gehalten, er war höflich und nett. Betrieb sogar etwas Small Talk, bevor er sich doch recht früh verabschiedete und uns alleine ließ. Auch wenn er sich sichtlich Mühe gab und Sebastian ihm seine freundliche Tour abkaufte, ich sah ihm trotzdem an, dass ihm diese Treffen weiterhin missfielen. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich glatt behaupten mein guter Freund war eifersüchtig.

Das Vibrieren in meiner Hosentasche holte mich in die Realität zurück. Ich angelte danach und öffnete die neu eingetroffene Nachricht.

- Zeit & Lust?

Las ich die Nachricht von Lu. Ich konnte nichts daran ändern, aber ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Irgendwo war ich ein hoffnungsloser Fall.

- Kommt drauf an ... –

Schrieb ich zurück und wartete voller Freude auf seine Antwort. Ich ahnte bereits, dass ich den heutigen Abend, doch nicht länger hier und vor allem alleine verbringen würde.

- Kann ich vorbei kommen? –

Erschien Sekunden später auf meinem Display, da hatte es wohl Einer eilig.

- Klar. Wann? –

Ich sah auf die Uhr, erst halb Zehn, der Abend war noch jung und wir hatten viel Zeit für uns allein.

- JETZT –

Stand da in großen Lettern. Mich beschlich das Gefühl, das Lu nicht auf dem Weg, sondern bereits hier war. Was hätte er bloß gemacht, wenn ich ‚Nein' geschrieben hätte? Aber das würde ich jetzt wohl nie erfahren. Voller Vorfreude verabschiedete ich mich von meinen Jungs und nahm den Aufzug nach oben.

Dort angekommen, sah ich bereits von Weitem, dass die Tür zu meiner Wohnung nur angelehnt war. Ich hatte also recht gehabt, er war tatsächlich schon hier.

„Lu", rief ich nach ihm, als ich meine Wohnung betrat und die Schuhe abstreifte. „Küche... ", ertönte die gedämpfte Stimme meines Freundes.
Mit einem Lächeln auf den Lippen und kopfschüttelnd machte ich mich auf die Suche nach Luigi. Als ich die Küche betrat, blieb ich, überwältigt von diversen Sinneseindrücken, im Türrahmen stehen. „Wow ...", entkam es mir, jetzt war ich sichtlich sprachlos. Der Tisch war edel eingedeckt, Lu hatte sogar das gute Erbgeschirr meiner Oma hervorgekramt und eine blütenweiße Tischdecke vervollständigte das Bild. Die war aber gewiss nicht von mir, so was besaß ich nicht.

Verschiedene Antipasti, Bruschetta und in Scheiben geschnittenes Ciabatta warteten bereits darauf, verspeist zu werden. Lu saß gerade hochkonzentriert in der Hocke und betrachtet irgendwas durch das Fenster des Ofens.

Blue eyes (Cupcakes 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt