„Wieso kam es eigentlich zu diesem Twink?" Die Worte hatten kaum meinen Mund verlassen, da verschluckte sich Lu bereits an seinem Kaffee und begann zu husten. Damit hast du wohl nicht gerechnet, mein Hübscher, schoss es mir durch den Kopf. Trotzdem sah ich ihn lächelnd an, um ihm zu zeigen, dass ich gewiss auf keinen weiteren Streit aus war.
Wir saßen immer noch am Küchentisch und hatten überwiegend schweigend unser Frühstück genossen. Es war dieses angenehme Schweigen, nicht dieses erdrückende, bei dem Keiner so recht wusste, was er sagen sollte. Wir genossen einfach unsere Zweisamkeit. Wenn auch grade alles so entspannt verlief, konnte ich mir diese Frage nicht verkneifen.
Bei unserem Gespräch gestern hatten wir dieses Thema zwar kurz angeschnitten, ausgesprochen war es für mich trotzdem noch nicht. Ich war nicht eifersüchtig, redete ich mir zumindest gut zu, auch wenn es gewiss noch etwas an mir nagte. So erhob ich mich und klopfte Lu auf den Rücken, weil dieser immer noch verzweifelt nach Luft rang und sein Gesicht eine unnatürliche Farbe annahm. „Ist ja gut!", beschwichtigte ich ihn, dabei immer noch auf seinen Rücken klopfend. „So schlimm ist die Frage nun auch wieder nicht, dass du gleich freiwillig den Löffel abgeben willst." „Was meinst du?", brachte er mit rauer Stimme hervor, nach dem er sich endlich gefangen und geräuspert hatte. „Ich hab dir doch gestern schon erzählt, das da nichts war." „Gestern war es noch ein netter Handjob gewesen. Das Schätzelein, würde ich jetzt nicht als „nichts" beschreiben." Bei dem Wort ‚nichts', schossen meine Arme wie von selbst in die Höhe und setzten es in Anführungszeichen.
Anschließend nahm ich wieder Platz, lehnte mich zurück und musterte Lu mit verschränkten Armen, dessen Wangen sich daraufhin rot verfärbten. Er sah dabei so herrlich jung und naiv aus, dass ich grade noch das verräterische, sehnsuchtsvolle Seufzen, das meinen Hals erklomm, unterdrücken konnte. Gott, wie ich diesen Mann liebte. Der hätte mich getrost weitere 15 Jahre lang auf Abstand halten und auf meinen Gefühlen rumtrampeln können, ich wäre treudoof für immer und ewig an seiner Seite geblieben.
Erschreckender Gedanke. Gut, dass ich keine weiteren Jahre mehr verschwenden musste. Wir waren jetzt zusammen, alles andere würde auch noch werden. „Was möchtest du denn genau wissen?", fragte Lu kleinlaut und schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Nur kurz überkam mich ein schlechtes Gewissen, aber ich wollte mich nicht Hals über Kopf in eine Beziehung stürzen, wenn zwischen uns nicht alles ausgesprochen war. Und dieser verdammte Twink hatte nun mal etwas geschafft, wovon ich 15 Jahre lang geträumt hatte.
„Wieso er? Wieso genau jetzt?" Dabei ließ ich ihn nicht aus dem Auge, um ja keine Regung zu verpassen. Lu hingegen seufzte schwer, also würde die Last der Welt auf seinen Schultern lasten und fuhr sich durch die Haare. „Weil er mich an geflirtet hat?", seine Aussage klang eindeutig mehr fragend, als wirklich aussagend, so dass meine Augenbrauen skeptisch in die Höhe schossen. „Das haben im Heaven schon viele ...", ich hielt inne, um mir ebenfalls durchs Haar zu fahren. Es war immer noch feucht vom Duschen und sämtliche Locken mussten wohl in alle Richtungen abstehen. Ich sah gewiss zum Davonlaufen aus. „Bist du etwa mit allen im Darkroom verschwunden, ohne das es mir aufgefallen war?"
„Gott nein ...", fuhr er mich an, erhob sich und lief nun unruhig in der Küche auf und ab. Was machte ihn nur so nervös? Das Thema an sich? Das Geschehene im Expliziten? Ich kannte ihn so gut, doch in diesem Augenblick irgendwie gar nicht. „Also ... ich hatte da ein Gespräch mit Alex ..."
„Oh ... nein ...", fuhr ich ihm ins Wort und schüttelte den Kopf. „Da kann ja nichts Gutes bei rumkommen." Schon wieder dieser Alex. Jetzt, da wir zusammen waren und ich den Teufel tun und Lu je wieder aus meinem Leben lassen würde, müsste ich wohl meinem Schicksal ins Auge sehen, das Alex weiterhin fröhlich in meinem Leben rumspazieren und es alle heiligen Zeiten auf den Kopf stellen würde. Das alles im Leben einen Hacken hatte ... „Ich glaub, ich hätte Marc auf ihn ansetzen sollen, statt auf dich!", entschlüpfte mir mein Gedanke, bevor ich meinen vorlauten Mund schließen konnte. „Wie auf mich ansetzten?" Lu blieb wie angewurzelt stehen und blickte mich verständnislos an. Das hatte ich nun davon, dass mir mein Herz auf der Zunge lag. „Schätze, ich hatte da etwas überreagiert ...", dabei versenkte ich mein Gesicht in den Händen und schloss die Augen. Oh man, oh man, oh man ... dass solche Sachen immer nur ausschließlich mir passieren mussten. „Sandro ...", vernahm ich gedehnt meinen Namen. „Definiere überreagiert!" Diesmal klang seine Stimme ganz und gar nicht mehr schüchtern oder zurückhaltend, aber nun saß ja auch wieder ich auf der Anklagebank. Irgendwie nahm unser Gespräch ganz falsche Züge an. „Emm ... jahaa ...", versuchte ich etwas Zeit zu schinden. „Ich war halt etwas sauer ... und ja ... emmm ..."
„Spuks schon aus!", forderte Lu mich ungeduldig auf, musterte mich aber weiterhin kritisch. „Er sollte dich umlegen ...", presste ich die Worte aus, die wiederum keinen Falls mehr meinen Mund verlassen wollten, und hob meinen Kopf, um nicht seine Reaktion zu verpassen. Lus Augen weiteten sich und gefühlte Stunden starrte er mich einfach nur nieder. Verzweifelt suchte ich nach den richtigen Worten. Irgendwie musste doch diese Situation zu entkräften sein. Aber mit „Hey Schätzelein. Sorry, dass ich meinen Security Mann auf deinen Kopf angesetzt habe. Es wird höchstwahrscheinlich nicht wieder vorkommen ...", würd ich wohl auch nicht besser fahren. Noch während mir zig andere Szenarien durch den Kopf schossen und ich eifrig an einem reumütigen Gesichtsausdruck arbeitete, fingen seine Mundwinkel an zu zucken und er brach in schallendes Gelächter aus. „Was ...", entkam es mir perplex, aber Lu bekam sich gar nicht mehr ein. Fehlte grade noch, dass er sich am Boden kugelte. Sich noch vor Lachen den Bauch haltend, streckte er mir die andere Hand entgegen. „Lass uns eine Runde am Strand spazieren!", brachte er grade noch so heraus. Ich griff nach der mir dargebotenen Hand und er zog mich hoch. „Dann kannst du mich notfalls schneller im Meer entsorgen." Versuchte er, ernst hinzu zusetzten, bevor ihn der nächste Lachanfall überrollte. Beleidigt entzog ich ihm meinen Arm, ging an ihm vorbei, um mir meine Schuhe anzuziehen. „Sandro ...", rief er mir noch lachend nach. „Sei nicht ..."
Mehr hörte ich nicht, weil die Tür hinter mir ins Schloss fiel und ich bereits die Stufen der Veranda hinunter eilte. Kaum, dass ich den Sand erreichte, flog die Tür erneut auf und Lu hastete mir entgegen. Stolperte die Treppen hinunter und flog mir mit einem „Scheiße" in die Arme. Eigentlich hätte ich ihn einfach fallen lassen sollen, aber nein, mein Körper verselbstständigte sich, meine Arme fingen ihn auf und zogen Lu an mich. Was für Verräter. Einmal auf die Schnauze fliegen hätte ihm gewiss nicht geschadet. „Ich brauch dich gar nicht umzulegen ... das machst du ganz von selbst ...", versuchte ich ihn streng zu rügen, streichelte dabei aber unentwegt seinen Rücken. Richtig ernst nahm er mich deswegen nicht. „Sorry ...", stöhnte er, sein Atem streifte heiß meinen Hals und er schmiegte sich enger an mich. Fuhr mit seinen kalten Händen unter mein Shirt und streifte meine Seiten. Augenblicklich überzog eine Gänsehaut meinen Rücken. Huch, da wurde es auch schon enger in meiner Hose.So ließ ich ihn los und rückte ein Stück ab. Wenn das so weiter ging, würde ich ihm irgendwann ganz aus Versehen seine Klamotten vom Leib reißen und ihn auf der Stelle nageln. Aber das würde wohl nicht so gut kommen, so verschreckt wie er mich immer ansah, kaum, dass die Stimmung heißer wurde.
„Lass uns gehen ...", ich wandte mich um und stiefelte dem Wasser entgegen. Nach wenigen Schritten hatte Lu mich eingeholt und lief schweigend neben mir her. „Er hat mich an dich erinnert ...", brach Lu flüsternd das Schweigen. „Wer?" Ich blieb stehen und sah ihn fragend an. „Na dieser Twink, im Heaven." Jetzt klang er schon viel selbstsicherer. „Wie jetzt?"
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Blue eyes (Cupcakes 2)
RomanceSandro & Lu - Stell dir vor, du bist 27 Jahre alt, stehst mit beiden Beinen im Leben, du hast tolle Freunde, einen tollen Job, deinen Spaß, die Frauen stehen Schlange und auf einmal ... Zweifel ... Nein ... anders ... stell dir vor, dein bester Freu...