Lu - Abschluss

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„Aber ich liebe dich doch ...", entkam es tonlos meinen Lippen. Die Tür hatte sich geschlossen, Sandro war weg und hinterließ eine sich ausdehnende Leere. Er hatte sehr deutlich gemacht, was er wollte. Oder besser gesagt, wenn er nicht mehr in seinem Leben haben wollte.

Das Schlimme war, ich konnte es ihn nicht einmal verübeln. Ja, ich hatte ihm wehgetan, ja, es war bewusst und absichtlich. Hätte er dasselbe mit mir abgezogen, hätte ich ihm wohl längst den Hals umgedreht.

Niedergeschlagen verließ ich die Lobby und betrat das Freie. Es war recht kühl für Mitte Februar. Der Wind zog pfeifend durch alle Ritze und ließ mich frösteln. Mit dieser scheiß Leere in mir stand ich hier an der Straße und wusste nichts mit mir anzufangen. Nach Hause wollte ich nicht, dort würde mich nur noch mehr Leere und Einsamkeit empfangen und zu Sandro konnte ich nicht mehr, vielleicht nie wieder.

Ich entdeckte ein freies Taxi unweit von mir. Immer noch ohne konkretes Ziel ging ich darauf zu und stieg ein.

„Wo darf's denn hingehen, junger Mann?", wollte der ältere Taxifahrer wissen. Er wirkte müde, als sehne er sich schon länger nach seinem Bett, trotzdem wirkten seine Augen freundlich und er lächelte mir aufmunternd zu. „Auf den direkten Weg in die Hölle, bitte!", seufzend lehnte ich meinen Kopf an die kühle Scheibe.

Wie war es möglich, dass Leere so viel Raum beanspruchen konnte? Einen so ausfüllte, von innen sprengen wollte.

„Hmmm... das tut mir jetzt wirklich leid, aber die letzte Fahrt dorthin haben Sie nur knapp verpasst!" Ich sah kurz auf und begegnete im Spiegel seinen, mich nachdenklich musternden, Blick.
„Na das passt dann wohl zum Rest des Abends ...!", gab ich zurück. „Ist alles in Ordnung bei ihnen?", fragte er mitfühlend.

So tief war ich also gesunken, jetzt wurde ich schon von einem Taxifahrer mit Mitleid überhäuft. Tatsachen ... keine wirklichen Gefühlsregungen in mir, alles schien nur taub und leer. „Nein ... wird es wohl auch nicht so bald ..."

Wieder dieser mitfühlende, väterliche Blick. Wieso konnte ich nicht an einen Arschloch geraten, der mich anpöbelt, ich solle ihm endlich eine Adresse nennen, oder mich wieder verpissen.

Verpissen ... was für ein tolles Wort, wie es so lustig vor sich hin in meinem Kopf hallte. Dazu diese großen, blauen Augen, die mich eiskalt nieder starrten. Noch mehr Leere ... erdrückend ...

Waren es Tränen, die darin schimmerten? Nein ... ich wollte, konnte nicht dafür verantwortlich sein, nicht das Sandro weinte. Ich war es nicht Wert, nicht eine einzige Träne ... Ein Kloß bildete sich tief in meinem Hals, rau kratze er und trieb mir selbst das Wasser in die Augen ... Nicht viel und ich würde selbst anfangen zu heulen. Hier, in einem beschissenen Taxi. Mit einem Fahrer, dessen Ausdruck von Sekunde zu Sekunde immer besorgter wurde. Schien für ihn selbstverständlich zu sein, dass ich kurz vor einem Zusammenbruch stand. Ich wollte das nicht, niemand sollte das sehen. Einfach irgendwo hin verkriechen ... nie wieder hervorkommen ... Ich musste hier weg, war noch viel zu nah bei Sandro. Sonst würde ich nur noch mehr Dummheiten begehen.

Mit rauer Stimme nannte ich dem Fahrer die erste Adresse, die mir einfiel und er machte sich wortlos auf den Weg. Auch die restliche Fahrt verbrachten wir schweigend. Gut so, ich musste schwer an meiner Selbstbeherrschung arbeiten, um diesen Weg würdevoll zu überstehen. Ich wusste, dass er verstand, auch wenn wir uns nicht kannten. Sein Blick im Spiegel, der mich in regelmäßigen Abständen streifte, sprach Bände.

Da kaum Verkehr herrschte, bogen wir keine halbe Stunde später in die richtige Straße ein. Von weitem sah ich das Licht im ersten Stock. Gut, sie waren noch wach. Ich hatte gar nicht bedacht, dass es anders sein konnte.

Blue eyes (Cupcakes 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt