Kapitel 5: Sol

491 62 390
                                    

Heute Morgen fühlte es sich so an, als würde mein Gehirn aus seiner Schale ausbrechen wollen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Heute Morgen fühlte es sich so an, als würde mein Gehirn aus seiner Schale ausbrechen wollen. Die Kopfschmerzen waren kaum auszuhalten. Das hatte Dr. Forster also damit gemeint, dass die Schmerzen schlimmer werden würden. Ob sie wohl noch stärker werden würden?, fragte ich mich, während ich kraftlos meine Tasche schulterte und die Tür hinter mir schloss.

Wenige Minuten später hatte ich meine Wohnung hinter mir gelassen und folgte dem breiten Gehweg. Das Pochen an meinen Schläfen wurde nahezu unerträglich, als ich an einer Fußgängerampel zum Stehen kam. Der Lärm, der an mir vorbei rasenden Autos und die Traube an Menschen um mich herum, verstärkten die Kopfschmerzen zunehmend. Wenn das so weiterging, wie sollte ich den Arbeitstag in einem Großraumbüro nur überstehen?

Als ich vor drei Jahren nach Philadelphia gezogen war, hatte ich kurzerhand einen stupiden Bürojob angenommen. Wenn die Bezahlung nicht so gut gewesen wäre, hätte ich mir schon längst einen neuen Job gesucht. Doch ich konnte es mir nicht leisten, irgendwelchen Träumen nachzujagen. Also blieb ich eine Angestellte von Mr. Goldmann, obwohl ich wusste, dass er meine Gutmütigkeit zu seinen Gunsten ausnutzte. Ich konnte einfach schlecht nein sagen, wenn jemand mich um etwas bat. Darüber waren sich auch meine Kollegen im Klaren. Wenn ich nicht gerade dabei war, meiner Arbeit nachzugehen, war ich der Laufbursche meiner verehrten Mitarbeiter. Manche von ihnen meinten es vielleicht nicht einmal böse. Aber sie taten es trotzdem.

Unruhig wippte ich mit meinen Füßen auf und ab. Die Ampel zeigte noch immer auf Rot. Ich ließ meinen Blick über die Menschenmenge auf der gegenüberliegenden Straßenseite schweifen. Erst, als es zu spät war, bemerkte ich, nach wem ich unbewusst Ausschau gehalten hatte.

Da stand er. Inmitten der wartenden Masse und starrte mich aus seinen silbrigen, glänzenden Augen unverhohlen an.

Wie bei den letzten beiden Malen stoppte die Welt für wenige Augenblicke erneut.

Ich spürte die Erschütterung seiner Wirkung auf mich bis tief in meine Knochen.

Mein Mund öffnete sich einen Spalt breit, während ich kaum merklich den Kopf schüttelte. Fassungslos starrte ich zurück. Ich konnte es nicht glauben.

Seine Augen lagen auf mir und schienen jede meiner Bewegungen zu verfolgen. Ich schluckte hart. Das dumpfe Pochen in meiner Brust wurde stärker. Die Wärme, die ich die ganze Zeit, seit er im Nebel verschwunden war, schmerzlich vermisst hatte, durchströmte mich nun mit voller Wucht und nahm meinen Körper komplett ein. Mein Herz raste.

Die Ampel schlug auf Grün. Die Menschen um mich herum setzten sich in Bewegung. Ich konnte mich nicht aus meiner Starre lösen. Noch immer hielt mich sein Blick gefangen. Als gäbe es in diesem Moment nur uns beide. Ich blinzelte, doch in der nächsten Sekunde war er verschwunden. Als hätte ich mir all das nur eingebildet.

Suchend ließ ich meinen Blick über die mir entgegenkommenden Menschen schweifen, aber ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Er war nicht hier.

Augenblicklich begann ich zu frösteln und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ich schlang die Arme um meinen Bauch und überquerte mit schnellen Schritten die Straße.

Soulless - Auf ewig verbundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt