Kopflos lief ich durch die Gegend. Ein weiterer Tag war vergangen, an dem ich absolut nichts erreicht hatte.
Während die Tage des Sommers immer länger wurden, spürte ich, wie unsere gemeinsame Zeit immer mehr zu schwinden schien. Die letzten beiden Tage hatte Atlas fast durchgängig geschlafen.
Gestern Abend hatte er hohes Fieber bekommen und das, obwohl er eigentlich nicht einmal krank werden konnte. Doch die Seelenvereinigung entzog ihm all seine Kräfte. Unter Panik war ich durch meine kleine Wohnung gestürzt und hatte meinen mickrigen Medikamentenschrank durchgesucht, doch selbstverständlich hatte ich nichts Fiebersenkendes dagehabt. Ich hatte nicht groß überlegt und war sofort zur nächsten Apotheke gelaufen, die glücklicherweise bis 22:00 Uhr geöffnet hatte.
Das Schlimmste an der ganzen Situation war gewesen, dass Atlas nicht aufwachte. Zwar bewegten sich seine Lider unruhig umher, als hätte er einen Fiebertraum, doch ich bekam ihn nicht munter. Ich hatte am ganzen Leib gezittert, da ich kurz, für einen winzigen Moment dachte, dass es so zu Ende gehen würde. Dass ich nicht einmal die Chance hätte, mich von ihm zu verabschieden. Und er einfach im Schlaf sterben würde.
Es waren die schlimmsten sechs Stunden meines Lebens gewesen, als ich gemeinsam mit Horus alles daran gesetzt hatte, Atlas am Leben zu halten. Immer in der Ungewissheit, ob er es schaffen würde. Horus war beinahe gestorben vor Sorge. Ich hatte seine Angst deutlich durch unsere Verbindung gespürt. Die ganze Zeit über lag er mit seinem kleinen Kopf an Atlas seinem kreidebleichen Gesicht. Der Rabe wich nie von seiner Seite, wie der treue Gefährte, der er war.
Ein Schweißfilm überzog seinen gesamten Körper, sodass er binnen weniger Stunden das gesamte Bett nass geschwitzt hatte. Mein Kopf war vollkommen leer gewesen, als ich immer wieder zum Waschbecken gerannt war, um die Wadenwickel wieder mit kaltem Wasser zu tränken. Ich wusste nicht, was ich in diesem Moment hätte machen können. Außer ihm den Fiebersaft zu geben und immer wieder die Wadenwickel zu erneuern, waren meine medizinischen Fähigkeiten begrenzt.
Ich hatte das Ende schon vor mir gesehen, bevor ich überhaupt angefangen hatte, nach einer Lösung für sein Überleben zu suchen. Aus reiner Verzweiflung hatte ich sogar meine Hände auf seinen Körper gelegt und versucht, die Seelenvereinigung rückgängig zu machen. Ich wollte die immense Kraft nicht, die durch meine Adern pulsierte und in meinen Fingerspitzen kribbelte. Die Energie wollte nicht bei mir bleiben, sie wollte raus, zurück zu seinem ursprünglichen Besitzer, doch egal, was ich auch tat, ich konnte die Macht nicht entfesseln und sie zurück in seinen Körper strömen lassen.
Doch irgendwann in den frühen Morgenstunden, als die Sonne bereits langsam aufgegangen war, hatte Atlas die blutunterlaufenen Augen aufgeschlagen. Unter seinen silbernen Augen, die jeglichen Glanz verloren hatten, lagen tiefe Schatten, die von einem Kampf zeichneten, den er nicht gewinnen würde.
Nicht, wenn ich nicht endlich meinen Arsch nach oben bekommen würde.
Amy hatte recht gehabt. Ich fürchtete mich vor einer Zukunft, in der Atlas kein Teil sein könnte. Doch anstatt aus Angst hier in der Gegenwart zu verharren und auf eben diese Zukunft zu warten, musste ich etwas unternehmen.
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Soulless - Auf ewig verbunden
Fantasy„Ihre Zeit ist gekommen", ertönte Athanasios' dunkle Stimme durch den dichten Nebel. ,,Ich werde sie nicht sterben lassen." ,,Das ist nicht deine Entscheidung!", schrie er aufgebracht. Die Welt um mich herum begann zu beben. ,,Das Gleichgewicht mu...