Kapitel 34: Sol

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Mein Kopf brummte

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Mein Kopf brummte. Aber nicht, weil Amy mit ihrem Schlagstock gegen meine Schläfen hämmerte, sondern wegen der Anwesenheit eines gewissen Jemands, der seit einer Stunde nichts Besseres zu tun hatte, als hinter mir zu stehen und in aller Seelenruhe seine Sense zu wetzen. Nicht nur einmal war mir der Gedanke gekommen, warum er mich damit nicht einfach aufspießte. Wahrscheinlich genoss es Kain, die Oberhand zu haben. Er stand schon immer über den Dingen. Ich wollte ihm diese Illusion nicht nehmen.

Als er zum wiederholten Mal seine Sense mit dem Schleifstein bearbeitete, platzte bei mir der Geduldsfaden. Ich hörte auf, sinnlose Zahlen in meinen PC einzutippen, und drehte mich stattdessen schwungvoll zu Kain um, der lässig am Fenstersims lehnte und mich mit gehobener Augenbraue fragend musterte.

,,Kannst du das mal lassen?'', zischte ich leise, damit meine Kollegen nicht dachten, ich wäre nun vollkommen durchgedreht. Um nicht aufzufallen, schnappte ich meinen Stick und ging zu dem Kopierer, der rechts neben Kain stand. Dieser zeigte sich von meiner Bemerkung unbeeindruckt.

,,Was? Stört dich das etwa?'', fragte er mit einem schiefen Lächeln im Gesicht, während er noch einmal den Schleifstein mit einer schnellen Bewegung über die messerscharfe Sense zog. Ich zuckte bei dem entstehenden Geräusch zusammen und unterdrückte den Instinkt, mir die Ohren zuzuhalten. Es war mindestens genauso schlimm, wie wenn jemand mit der Gabel auf einem Teller kratzte.

,,Ganz und gar nicht'', erwiderte ich aus zusammengebissenen Zähnen, während ich auf die grüne Taste des Kopierers drückte.

,,Hast du etwa Angst, Seelenmädchen?''

Kains dunkelrote Iriden strahlten dabei eine solche Intensität aus, dass ich mir fast einbildete, der Joker höchstpersönlich säße vor mir. Da lag ein Ausdruck in seinen Augen, den ich nicht richtig deuten konnte. War es Wahnsinn? Schadenfreude? Oder verbarg sich hinter seiner Fassade mehr, als er der Welt zeigte?

Doch wenn er wirklich hier war, um mir die Seele aus dem Leib zu reißen, warum hatte er es nicht längst schon getan? Worauf wartete er?

Dennoch nahm ich mir die Zeit, über seine Worte nachzudenken. Der erste Impuls hätte ein klares Ja zur Folge gehabt. Denn jedes Mal, wenn ich ins Kains narbenübersätes Gesicht starrte, wurde ich zurückversetzt in meine Träume, in denen er Atlas vor meinen Augen den Kopf abriss, ehe er zu mir kam, das Leben aus mir rausprügelte und mich ausweidete, bis meine Seele sich freiwillig von mir löste.

Und auch wenn es Athanasios war, der mir diese Träume schickte, zweifelte ich in diesem Moment daran, dass dieser Kain, der mich nun abwartend musterte, zu solchen Handlungen fähig wäre. Wenn ich ehrlich war, glaubte ich nicht, dass meine Traum-Version von Kain real war. Auch wenn er das letzte Mal versucht hatte, mich umzubringen, hatte er es nicht getan. Vielmehr hatte er mehrere Minuten mit gehobener Sense gewartet, bis Atlas auftauchte.

Ich vertraute meinem Bauchgefühl.

Äh. Ich will ja nichts sagen, aber der Typ ist ein Mörder. Und du machst dir Gedanken, was hinter seiner bösen Aura steckt? Langsam glaube ich, du bist als Baby einmal zu oft vom Wickeltisch gefallen. Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: dein verdammtes Bauchgefühl hatte uns schon mehrmals verraten. Was soll ich nur mit dir machen, Mädchen?

Soulless - Auf ewig verbundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt