Noch immer erlebte ich alles wie durch einen verschwommenen Schwarz-Weiß-Filter, als steckte ich mittendrinnen in einem Fiebertraum, aus dem ich nicht erwachen konnte. Mein Körper funktionierte nur noch auf Autopilot, während ich hinter Kain herlief, der noch immer Eliah fest im Arm hielt. Gerade schrie er eine junge Schwester mit blonden, langen Locken an und wies sie an, uns in ein Zimmer zu bringen. Die Frau zuckte unter seinem Gebrüll zusammen, doch sie tat, was er verlangte.
Als sie uns durch die Notaufnahme manövrierte, bemerkte ich bei einigen Patienten, die wir passierten, graue, sich windende und wabernde Geschwüre zwischen ihren Augen. Ich schluckte schwer und drückte Atlas' Hand noch fester.
All diese Menschen hatten etwas mit mir gemeinsam. Wir starben. Jeden Tag ein bisschen mehr. Ich würde sie nicht retten können und sie mich nicht. Denn so war der Lauf des Lebens.
,,Wollen Sie uns eine Roomtour geben oder zeigen Sie uns endlich ein beschissenes Zimmer, in dem er behandelt werden kann?'', schrie Kain die junge Krankenschwester an.
Wieder zuckte sie unter seinem großen Schatten zusammen, der sich gefährlich über ihr aufgebaut hatte. Sein kurzer Militärschnitt und das Gesicht, das von lauter Narben übersäht war, mussten auf die Frau mehr als bedrohlich wirken. Ich konnte ihre Angst förmlich spüren, als sie mit zitternder Hand auf eine Tür zu ihrer linken zeigte. Stocksteif und mit geweiteten Pupillen stand sie da und gab keinen Mucks von sich.
Kains Aura verdunkelte sich. Es war, als würden seine Schatten ihn von innen auffressen. Seine Schultern bebten und ich glaubte, der Knochenmann würde wieder die Kontrolle über seinen Körper übernehmen, aber plötzlich war Atlas an seiner Seite und flüsterte ihm etwas zu, dass ich nicht verstehen konnte. Daraufhin schien er sich zu beruhigen. Schon länger fragte ich mich, welche Verbindung die beiden miteinander hatten. Doch jedes Mal, wenn ich Atlas danach fragte, blockte er ab.
In dem Moment, als Atlas die Tür öffnete und Kain hineinstürmte, blickte ich überraschenderweise in die ebenfalls vor Erstaunen aufgerissenen Augen meiner kleinen Schwester. Sofort wanderte mein Blick zu ihrer Hand, die mit Dantes Hand eng umschlungen war.
Atlas stöhnte neben mir auf und betrat ebenfalls das Zimmer.
,,Warum wundert es mich nicht, dass du hier bist?''
,,Da ist etwas, dass meine Aufmerksamkeit erregt hat'', erwiderte der Schicksalsgott, der sich heute für einen besonders einfallsreichen Pullover entschieden hatte. Er sah mit den gelben Streifen und den roten Punkten darauf aus, wie eine Hummel, die gerade ein Massaker überlebt hatte.
Ich ignorierte die beiden, die plötzlich leise anfingen, miteinander zu tuscheln und steuerte geradewegs auf meine kleine Schwester zu. ,,Was machst du denn hier?'', fragte ich sie und schaute dabei mit hochgezogenen Augenbrauen abwechselnd zwischen ihren noch immer verschlungenen Händen und ihren vor Schreck geweiteten Augen hin und her.
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Soulless - Auf ewig verbunden
Fantasy„Ihre Zeit ist gekommen", ertönte Athanasios' dunkle Stimme durch den dichten Nebel. ,,Ich werde sie nicht sterben lassen." ,,Das ist nicht deine Entscheidung!", schrie er aufgebracht. Die Welt um mich herum begann zu beben. ,,Das Gleichgewicht mu...