Kapitel 37: Sol

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Atlas öffnete den Mund, schloss ihn aber in der nächsten Sekunde wieder

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Atlas öffnete den Mund, schloss ihn aber in der nächsten Sekunde wieder. Er presste die Lippen fest aufeinander und wich meinem Blick aus. Der schuldbewusste Ausdruck in seinem Gesicht verriet mir alles, was ich wissen musste. Doch die Gewissheit, dass ich recht hatte, beruhigte mich nicht. Stattdessen zog sich alles in meinem Inneren zusammen, als wüsste jede Zelle meines Körpers, dass etwas auf mich zukommen würde, dass ich nicht verkraften würde.

,,Du verstehst das nicht, Sol'', knurrte Atlas aus zusammengepressten Lippen, ehe seine silbernen Augen mich erdolchten. Ich zuckte vor der Heftigkeit seiner Reaktion zurück. Dennoch suchte ich Halt in seinem Gesicht, das von den Schatten seines Schmerzes gezeichnet war.

,,Ich glaube, ich fange langsam an zu verstehen'', flüsterte ich mit Tränen in den Augen, während sich meine Fingernägel in mein Fleisch bohrten. Aber die Wahrheit war, ich wollte es nicht wahr haben.

Atlas riss seine Augen auf, die in dunklen Schatten lagen. Seine Haut wirkte ausgemergelt und war so blass, wie noch nie zuvor. Nun sah er wirklich aus wie ein wandelndes Skelett. Der Sensenmann, den ich erst jetzt in ihn wahrnahm.

Er antwortete mir nicht, sondern sah mich nur mit diesem traurigen Blick an. Als er seine knochige Hand nach mir ausstreckte, zuckte ich instinktiv vor seiner Berührung zurück. Ein tief verletzter Ausdruck huschte über sein Gesicht, ehe er erschöpft die Schultern hängen ließ.

,,Es ist nicht der richtige Ort und auch nicht die richtige Zeit dafür'', sagte er und fuhr sich über die müden Augen.

Plötzlich packte mich wieder diese Wut, die mich schon seit Tagen heimsuchte, wenn er mich wieder einmal abblitzen gelassen hatte.

,,Das sagst du jedes Mal, wenn ich dich frage, was es mit dem Tattoo auf sich hat, das plötzlich auf meiner Haut aufgetaucht ist, während es bei dir mit jedem Tag verschwindet. Du weichst mir immer aus, wenn ich dich frage, ob es dir gut geht, obwohl ich doch sehe, dass dich zunehmend deine Kräfte verlassen, während es mir jeden Tag besser geht, verdammt! Denkst du, ich merke nicht, dass hier etwas vor sich geht? Glaubst du ernsthaft, ich bemerke nicht die heimlichen Gespräche, die du mit Dante führst? Aber wie soll ich wissen, was mit uns passiert, wenn du mich im Dunklen tappen lässt? Diese andere Welt ist vollkommen neu für mich. Doch anstatt mit mir zu reden, hast du Geheimnisse, die offensichtlich uns beide betreffen. Ich habe ein Recht darauf, zu erfahren, was mit mir passiert.''

Mit jedem Satz erhob sich meine Stimme. Noch nie hatte ich jemanden auf diese Weise angeschrien. So war ich einfach nicht. Normalerweise war ich die Ruhe in Person, auch in Extremsituationen. Doch über die letzten Wochen hatte sich so viel Frust und Hilflosigkeit in mir angestaut, dass ich nun diesem enormen Druck, der sich um mein Herz gebildet hatte, nicht mehr standhalten konnte.

Dennoch fühlte ich mich in diesem Moment stärker als jemals zuvor. Es war, als würde eine neue Energie meinen Körper fluten und ihn mit einer Kraft ausstatten, die mich unbesiegbar machte. Vielleicht bildete ich es mir auch ein, aber mir kam es so vor, als würde ich einen Teil von Atlas' Kraft in mir spüren. Als würde er mir diese innere Stärke und den Mut schenken, diese Worte endlich auszusprechen. Fast als würde seine Energie durch meine Adern pulsieren.

Soulless - Auf ewig verbundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt