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•Y/N•

Noch nie in meinem Leben habe ich einen Traum so intensiv und real verspürt, wie ich es in dieser Nacht getan habe. Ich habe mich in einer Wohnung gesehen, bei Evan. Wie wir auf der Couch gesessen und einen Film geschaut haben. Und an den Rest will ich mich am Liebsten nicht mehr erinnern.
„Du kannst dich erinnern?", fragt Levi mich gerade. Er setzt sich auf den Stuhl neben meinem Bett und beugt sich leicht zu mir rüber. Dabei schaut er mich eindringlich an. Was muss denn gestern passiert sein, dass er mich so anschaut? Ist dieser Traum vielleicht doch Realität gewesen?
„Ich weiß nicht, ob das wirklich passiert ist, aber ich habe einen sehr heftigen Traum gehabt und nunja..."
*Klopf klopf*
In der Sekunde klopft es an der Tür, die auch sofort aufgeht. Zwei vertraute Gesichter luken hervor. Furlan und Isabel.

„Hallöchen, Miss Dramaqueen. Wie geht's denn so?", macht Furlan wieder seine Späße, die von Isabel direkt mit einem Schlag gegen seinen Kopf bestraft werden. Die Tür wird geschlossen und sie stellen sich zu mir ans Bett.
„Was machst du denn für Sachen?"
„Sorry. Habe ich mir nicht ausgesucht", grinse ich zurück. Levi schenkt den beiden dann einen monotonen Blick, bevor er mich dann ansieht.
„Sie dürfen das ruhig wissen", beantworte ich dann seinen fragenden Blick.
„In Ordnung", sagt er. Isabel setzt sich ebenfalls auf einen Stuhl, während Furlan lässig an der Wand lehnt. Nun erzähle ich ihnen von meinem Traum. Oder der Realität. Aufgrund dessen, dass ich nicht weiß, ob das wirklich passiert ist, fange ich jetzt schon an zu zögern. Ich will nicht, dass Levi weiß, dass ich vielleicht bewusst bei Evan gewesen bin.

„Du musst es nicht erzählen, wenn du nicht willst", sagt Levi gerade, da er meine Zweifel sieht.
„Doch. Das muss sein", sage ich.
„Levi?" Ich sehe ihn bedrückt an.
„Du musst mir was versprechen. Du musst mir versprechen, dass du nicht sauer sein wirst. Okay?" Ich sehe, wie sich seine Mimik leicht ins Fragliche verändert. Aber er nickt und verspricht es mir. Dann lege ich los.
„In meinem Traum war ich bei Evan zu Hause. Wir haben einen Film geschaut. Ich glaube, ich wollte das alles gar nicht. Aber ich war da. Er kam mir die ganze Zeit näher und ich habe versucht, ihm aus dem Weg zu gehen. Irgendwann wurde mir schwindelig und ich fühlte mich wie auf Droge. Und dann..."

Ich verharre kurz, weil sich in mir drin eine Blockade aufmacht, die mir einen Klos im Hals entstehen lässt. Ich schlucke, um dieses Gefühl loszuwerden, aber mir ist einfach nach heulen zumute. Und viel kann ich gar nicht dagegen unternehmen. Die Tränen laufen nun mein Gesicht herunter.
„...und dann kam er mir ganz nahe...und hat mich...geküsst. Ich bin mit eingesprungen, aber nicht freiwillig. Ich konnte meinen Körper nicht bewegen, weil er sich wie tot angefühlt hat. Ich war anwesend, aber nur körperlich. Mein Geist war woanders. Er hat mich berührt. Ist mit seinen Küssen immer weiter meinen Hals runtergewandert. Und dann weiß ich gar nichts mehr. Außer der Moment, wo Levi dann im Raum stand."
Stille, die den Raum betritt. Und fragliche, entsetzte Blicke von den dreien.

„Das ist ja mal ein krasser Traum", sagt Isabel gerade und wird von Furlan unterbrochen.
„Das war kein Traum, Isabel. Ich denke, das ist wirklich so passiert."
„Echt jetzt?"
„Normalerweise kann man sich nach der Einnahme von K.O Tropfen an nichts mehr erinnern. Aber nachdem, was Levi erzählt hat, macht es durchaus Sinn. Du bist ein Naturtalent und wahrscheinlich eines der wenigen Marionetten, die sich daran erinnern können."
„Furlan, du Idiot! Sag doch nicht Marionette zu ihr!", faucht Isabel ihn an.
„Was denn? Ich wollte einfach das Wort Opfer verniedlichen, damit es nicht so hart klingt."
„Sowas zu verniedlichen ist völliger Schwachsinn!"
„Ja, hast ja recht."
Während die beiden darüber diskutieren, welches Wort für meine missliche Lage am schönsten klingt, schaue ich zu Levi, der einfach nur ruhig da sitzt. Sein Blick richtet sich nachdenklich zur Seite und er scheint wie weggetreten.

„Du musst damit auf jeden Fall zur Polizei und diesen Wichser anzeigen!"
„Ja, genau!", ist auch Isabel dafür.
„Der muss hinter Gittern! Wer weiß, was der noch mit dir gemacht hat!"
„Aber echt! Weg mit dem! Levi hatte recht!"
„Hört auf", meldet sich dann auch Levi zu Wort.
„Wir wissen gar nichts. Und wir haben keine Beweise."
„Es gibt doch einen Nachweis, dass sie unter K.O Tropfen stand?", fragt Furlan nach.
„Ja. Aber hast du auch Beweise, wer sie ihr verabreicht hat?"
„Ab zur Polizei. Wir schildern ihnen einfach alles."
„Tch. Die Vollidioten von der Polizei werden einen Scheiß machen, sofern nicht ein Mord geschehen ist."

Und plötzlich wird es wieder ruhig. Aber Levi hat recht. Da wird vorerst nichts geschehen, solange wir keine tatkräftigen Beweise haben. Vielleicht muss ich doch mal mit Onkel Erwin reden. Er wird mich bestimmt vom 25 auf dem 26 Dezember abholen. Dann werde ich mit ihm sprechen.
Furlan und Isabel sind nach einer Zeit wieder nach Hause gegangen. In der Zeit, wo die Krankenschwester zu mir reingekommen ist und meinen Puls gemessen hat. Außerdem hat sie sich erkundigt, wie es mir ansonsten geht. Ich muss sagen, ich fühle mich schon eindeutig besser. Dann sind Levi und ich wieder alleine im Zimmer. Und er ist immer noch so ungewöhnlich still. Ob er sauer auf mich ist?
Unwillkürlich kullern wieder Tränen über mein Gesicht. Dafür kann ich wirklich nichts.

„Du bist sauer, oder?!", frage ich ihn.
„Glaub mir. Ich wollte das alles nicht. Ich wusste nicht mehr, wem ich glauben sollte. Und dann stand Evan plötzlich vor mir und fragte mich, ob ich zu ihm will. Eigentlich wollte ich nicht, aber ich hatte Angst, wenn ich nein sagen würde, dass er sauer wird und irgendwas macht. Ich konnte in so einer Situation auch nicht dich um Hilfe fragen, weil ich dich vorher abgewiesen habe. Und das mit dem Kuss, dafür kann ich noch viel weniger! Ich wollte das alles wirklich nicht und es tut mir leid. Du bist immer so nett zu mir gewesen und hast dich um mich gekümmert. Und ich habe dein Vertrauen in den Arsch getreten und es zerstört..."
„Nein", sagt er dann ruhig.
„Du warst unsicher, das ist mehr als nur verständlich. Und du hast in der Situation einfach intuitiv gehandelt. Ich mache dir keine Vorwürfe deswegen. Und du solltest nicht in Selbstmitleid versinken und dich fertig machen, für etwas, für das du gar nichts kannst", antwortet er ruhig, schaut aber immer noch zur Wand.

Eine gewisse Stimmung spiegelt sich in seinem Blick wieder. Ist es Trauer? Wut? Ich kann es kaum deuten. Dann schaut er mich an und sein Blick versetzt meinem Herz einen großen Galoppsprung.
„Er hat dir die Tropfen verabreicht, um dich gefügig zu machen. Um das zu kriegen, was er schon immer wollte. Unzwar dich. Du hast dich gegen ihn gestellt, was ihm nicht gepasst hat. Er hat dich versucht zu verunsichern, um zu bekommen, was er will. Er kann gut manipulieren und spielt das Opfer, wenn es gegen ihn geht. Er wehrt es ab, wenn du ihn beschuldigst und versucht dich dann wieder auf die sanfte Tour zu bändigen."
Das klingt doch verrückt...
„Das...das ist doch alles ein schlechter Scherz. Bin ich hier bei Jeffrey Dahmer oder was?!"
Levi seufzt leicht aus. Eher nachdenklich.
„Ganz gleich, welche Rolle er da übernimmt oder nicht. Aber der Kerl ist ein Psychopath und wir müssen aufpassen, bis wir Beweise auftreiben können."

„Ich werde mit meinem Onkel sprechen", sage ich dann und erkenne plötzlich, wie Levi leicht aufzuckt.
„Mit deinem Onkel?", fragt er nach.
„Ja. Er ist doch Polizist. Und wir werden uns bald sehen. Vielleicht kann er mir helfen. Aber...bis dahin muss ich aus der Wohnung raus." Wieder herrscht kurze Stille, während ich überlege, wo ich denn hinkönnte. Ich habe hier niemanden. Ich könnte höchsten zurück nach Hause, wo ich aber auch nicht unbedingt hinmöchte.
„...du könntest bei mir wohnen...", schlägt Levi dann vor. Und ich habe das Gefühl, dass es ihm leicht unangenehm ist. Vielleicht eher mich das zu fragen, als die Tatsache an sich.
„Was, ehrlich?", frage ich ihn überrascht und merke, wie mir ein Stein von der Seele fällt.
„Ja. Ich denke, das geht in Ordnung und wäre vielleicht das Sicherste."
„Und Furlan und Isabel?", frage ich unsicher nach. Levi zieht seinen linken Mundwinkel nach oben, was ich ziemlich süß finde.
„Glaubst du wirklich, die würden dir diesen Vorschlag verwehren?"
Stimmt. Würden sie nicht.

Somit ist dann wohl alles geklärt. Ich darf bei Levi und den anderen eine gewisse Zeit wohnen. Die Vorstellung ist fremd und seltsam, aber es scheint mir sicherer und besser.
„Wir holen deine Sachen nachher zusammen ab, okay?!", fragt Levi mich dann. Ich nicke und bin erleichtert wie noch nie.

Stalked! (Levi X Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt