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Maximilians Sicht

Das Team hatte gewonnen, aber Arian schaute andauernd böse zu mir rüber. Kaum hatte ich geblinzelt stand er schon vor mir.

„Was soll das? Warum bist du betrunken hier? Wofür hab ich dich im Team aufgenommen?", fragte er mich. „Du hast mich nur im Team aufgenommen, weil ich sonst euer kleines Geheimnis verraten hätte", nuschelte ich. „Ja unteranderem, aber weisst du warum noch? Weil ich Potential in dir gesehen habe, bevor ich dich aus dem Team geschmissen habe", warf er mir vor. „Das hätte ich nicht gedacht", murmelte ich.

Ich schaute ihn traurig an, aber keine Reaktion. Er ging einfach. Mit vorsichtigen Schritten ging ich wieder nach hause, denn es war nur eine Viertelstunde Weg. Zumindest nüchtern war der Weg so kurz. Zuhause hörte ich direkt wie mein kleiner Bruder, Tom, sich mit unserem Vater stritt. Seit Wochen ging das schon so eher gesagt seit dem Tod unserer Mutter. Unser Vater hatte seinen Job verloren und betrank sich von morgens bis abends. Gerade als ich in die Küche kam saß Tom weinend auf den Boden und Dad hatte seine Hand erhoben.

„Finger weg von ihm", schrie ich und er wurde auf mich aufmerksam. „Wo warst du, du kleine Schwuchtel", maulte er mich an. „Beim Spiel", nuschelte ich, denn er kam immer näher auf mich zu. „Wie bist du aus deinem Zimmer gekommen?", fragte er und wurde aggressiver.

Bevor ich überhaupt antworten konnte, spürte ich wie mein Kopf zur Seite flog. Durch den Alkohol in meinem Körper, verlor ich das Gleichgewicht. Auf dem Boden merkte ich, dass Tom zumindest geflüchtet war. Genau das war nämlich mein Ziel. Ich blieb liegen, denn ich wusste, dass es keinen Sinn hatte aufzustehen. Mein Erzeuger trat mich noch zwei mal, einmal in den Bauch und einmal gegen den Brustkorb, bis er von mir abließ. Ziemlich schnell bemerkte ich einen metallischen Geschmack im Mund. Sofort spuckte ich das Blut auf die weißen Fliesen.

„Mach mir was zu essen und bring mir ein Bier", rief mein Vater aus dem Wohnzimmer. „Was möchtest du essen?", fragte ich, als ich ihm das Bier gab. „Bratkartoffeln", nuschelte er.

Während die Kartoffeln in der Pfanne waren, wischte ich das Blut vom Boden und schrieb Tom, denn er war anscheinend nirgendwo im Haus. Zumindest hörte ich ihn nicht.

Chat zwischen Max und Tom

Ich: Wo bist du?
Tom: Sportplatz, warum?
Ich: Wann bist du wieder hier?
Tom: Nie wieder
Ich: Tom, du bist 15, du kannst nicht einfach abhauen. Wenn Dad das merkt dann macht er direkt eine vermissten Anzeige
Tom: Mach dir keine Sorgen um mich, solange ich mich bei dir melde ist doch alles gut
Ich: Ich vertrau dir, bau keine scheiße, schau mal ob ein Freund dich für eine Nacht zumindest aufnimmt
Tom: Ja ich schau mal, wir sehen uns bestimmt die Tage

Chat zwischen Max und Tom Ende

Gerade als ich zwei Teller auf den Tisch gestellt hatte, kam mein Vater in die Küche. Kaum hatte ich mich versehen, flog schon einer der Teller in meine Richtung.

„Warum deckst du für zwei? Du hast nichts zu essen verdient", schrie er mich an. „Gib mir ein Bier, mach das sauber und verpiss dich dann in dein Zimmer", befahl er. „Schneller, ich will dich nicht mehr sehen", schrie er noch aggressiver.

Ich beeilte mich mehr und ging dann auch hoch. Oben ging ich aber nicht direkt in mein Zimmer sondern ins Bad, denn meine Finger bluteten durch die Scherben. Eigentlich wollte ich noch duschen gehen, aber mein Vater zog mich aus dem Badezimmer und schloss mich in mein Zimmer. Den ganzen restlichen Samstag und den ganzen Sonntag ließ er mich nur ins Badezimmer um auf Toilette gehen. Es war auch die einzige möglichkeit für mich um etwas zu trinken. Am Montag um Punkt sechs Uhr schlug meine Tür auf.

„Aufstehen, Schule du kleiner Pisser", schrie er. „Wo ist Tom?", fragte er, als er ihn auch zur Schule hetzen wollte. „Keine Ahnung", log ich auf dem Weg zum Badezimmer. „Als ob du keine Ahnung hast. Du wagst es dich mich anzulügen. Das ist der dank für alles?", wurde er aggressiv.

Mein Vater kam auf mich zu, drückte mich gegen die Wand. Schnell spürte ich seine Hand auf meiner Wange. Er drückte mich schließlich runter auf den Boden und trat mehrfach auf mich ein. Als er abließ, schleppte ich mich ins Badezimmer und machte mich fertig. Auf dem Weg zum Bus traf ich zum Glück auf Tom.

„Du siehst ja richtig scheiße aus", sagte Tom schockiert. „Kannst dir ja vorstellen wem ich das zu verdanken habe", meinte ich. „Wir müssen von Dad weg", sprach Tom seine Gedanken aus. „Ja ich weiß, aber der wird uns umbringen", erinnerte ich ihn.

Im Bus war wieder Stille zwischen uns. Zusammen stiegen wir aus und gingen auf dem Schulhof. Ich hatte keine Ahnung wohin wodurch ich mich recht weit abseits hinsetzte. Jede Bewegung tat weh selbst die Zigarette anmachen. Mein Blick flog über die ganzen Schüler, bis er bei einem mir unbekannten Jungen stehen blieb. Er hatte tief schwarze Haare, wahrscheinlich gefärbt. Kurze schwarze Jogginghose und ein rosanes Shirt. Sein linker Unterarm zierte ein Tattoo. Leider konnte ich von weitem nicht erkennen was es war. Bei längerem hinsehen bemerkte ich garnicht wie die Hof sich leerte und alle rein gingen. Mir war es egal zu spät zu kommen wodurch ich mir noch entspannt eine Zigarette anmachte. Der Rauch füllte meine Lungen. Ziemlich langsam ging ich dann auch ins Gebäude rein. Viele schiefe Blicke. Naja was erwartete ich schon, im Hochsommer mit Pullover und langer Hose. Irgendwie musste ich aber die Verletzungen verbergen, da sie dieses mal nicht nur an der Brust waren oder am Bauch waren. Meine Handgelenke waren durch die festen Griffe blau angelaufen. Vereinzelt sah man auch Flecken an meinen Unter- und Oberarmen. Mein Magen schmerzte auch mal wieder durch den Hunger. Drei Tage war schon die letzte Mahlzeit her.

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Wie finder ihr Max seine Umstände? Denkt ihr, dass er sich jemanden anvertrauen wird?

Du&Ich oder WIRWo Geschichten leben. Entdecke jetzt