Kapitel 11

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Ich war noch nie in dem Teil des Schlosses und der Staub hier oben verriet mir, dass das kaum jemand war. Der Wind schlich sich durch den finsteren Gang und das Geräusch, das dabei entstand, hätte selbst dem mutigsten Geisterjäger eine Gänsehaut beschert.

„Hast du Angst, Elli?"

Ich schreckte zusammen, als sein Atem mein Ohr berührte.

„Verdammt Nathan!"

Als Antwort entkam ihm lediglich ein kehliges Lachen.

„Keine Sorge, wir sind gleich da."

„Wo ist da?"

Bevor ich eine Antwort erhielt, öffnete mein Begleiter ein rundes großes Fenster auf der rechten Seite. Skeptisch beobachtete ich, wie er darin verschwand.

„Komm schon ..."

Nur widerwillig krabbelte ich ebenfalls durch das runde Etwas. Vor mir offenbarte sich ein kleiner Balkon. Vielleicht zwei Meter lang und drei Meter breit. Ehrfürchtig blickte ich die vielen hundert Meter unserer Schule hinab.

„Atemberaubend oder?"

Ich stützte mich noch etwas mehr auf das Eisengeländer, da spürte ich die Hand des Dunkelhaarigen auf mir.

„Sei vorsichtig, es hält nur wenig Gewicht aus."

Schnell lehnte ich mich zurück und fand mich sogleich in Nathans Armen wieder. Peinlich berührt rückte ich wieder ein Stück nach vorn und sah gleichauf in den fantastischen Sternenhimmel. Viele leuchtende Perlen, die hier oben noch etwas heller erstrahlten. Nun spürte ich seinen Atem an meinem Ohr.

„Immer, wenn ich nicht einschlafen kann, komme ich hier hoch."

„Wie hast du das entdeckt?"

Mein Begleiter war offenbar nicht gewillt, mir meine Frage zu beantworten, denn er sprach einfach weiter.

„Wenn ich diese Aussicht sehe, kommt mir alles so unbedeutend vor. So unbedeutend klein, dass die Gedanken, die mich wach hielten, förmlich verblassen."

Ich verstand ihn. Mehr, als ich jemals jemand anderen verstand. Im Alltag wirkte alles immer so riesig, so übermannend. Manchmal brauchte man die Erinnerung daran, dass im eigentlichen Sinne alles so winzig klein war.

„Wie oft ich mir schon vorgestellt habe, es hier oben zu treiben.”

Scharf zog ich die Luft ein. Das Knistern drohte mich zu ersticken, während seine Hand meinen Körper eroberte.

„Hast du mich deshalb hier hochgebracht?"

In meiner Vorstellung klang meine Stimme wütender, als dieses süßliche Gemurmel, welches gerade meinen Mund verließ. Welch Verräter mein eigenes Selbst doch war.

„Ich habe dich hier hochgebracht, weil ich dich mag."

„Warum also ..."

Seine Hand umfasste noch fester meine Taille.

„Ich bin auch nur ein Mann in der Gegenwart einer schönen Frau."

„Was, wenn die Frau dich bitten würde, damit aufzuhören?"

Meine Stimme von einer Dunkelheit durchbrochen, die ich selbst nicht wiedererkannte.

„Dann würde ich aufhören."

Ich sagte nichts. Ich würde nichts sagen. Sein Atem hinterließ eine süße Spur an meinem Hals. Erst sanft, als wollte er meine Zustimmung gewinnen. Als wollten sie mich fragen, ob ich ihnen die Erlaubnis gebe fortzufahren. Mit einem Mal trafen seine heißen Lippen meine Haut. Fordernd küssten sie die viel zu empfindliche Stelle, bis die erregten Laute einfach so aus mir herausbrachen. Gierig drehte ich mich um, nur damit ich seinen lustvollen Augen begegnen konnte. Er studierte mich. Unser Atem war heftig, duellierte sich, als ständen wir in einem Duell gegenüber . Dies hier war ein gewaltiger Fehler und dennoch grinste ich, als ich ihn kurz danach zu mir herunterzog, um ihn zu küssen. Nathan weckte etwas in mir, dass ich nicht verstand, dass ich nicht verstehen wollte. Vor lauter Erregung raunte er, nur damit kurz darauf seine Zunge in mich gleiten konnte. Dieser Fehler fühlte sich fantastisch an. Ein fantastischer Fehler, der mein Körper glühen ließ. Seine Lust preschte voran, als seine Hände unter mein Oberteil fuhren. Seine Gier war unermesslich. Dieses Gefühl, es war nicht zu vergleichen mit dem Gefühl, welches ich damals in der Abstellkammer empfand. Ich wurde immer hungriger, während Nathans Finger immer fordernder wurden.

„Warte Elli ..."

Verdutzt löste ich mich von ihm und studierte, wie er ein Schritt nach hinten ging. Sein Körper war ebenso der Verzweiflung nahe, wie der meine.

„Wir sollten nicht ..."

„Warum?"

Mein Körper war noch immer voll mit der Droge, die man Lust nannte. Ungeduldig presste ich meine Oberschenkel aneinander. Nun schaute er beinahe ängstlich drein.

„Ich will, dass du die Wahrheit weißt ..."

„Was für eine Wahrheit?"

Meine Stimme noch immer süßlich hell. Der Dunkelhaarige seufzte tief, als wäre es etwas Furchtbares, was er mir sogleich gestehen wird.

„Mein Bruder und ich ... wir haben die Wette geschlossen, wer es zuerst schafft, mit dir zu schlafen."

All die Freude verschwand aus meinem Gesicht. Da war nur noch der verräterische Ausdruck, der sich in meinem Herzen niederließ. Ich dachte wirklich, er würde mich mögen. Ich dachte wirklich, er hat mich um meiner willen hier hoch geführt. Wie konnte ich nur wahrhaftig denken, jemand würde sich für mich interessieren? Geschockt trat ich stolpernd den Rückzug an.

„Elli ..."

Wie erstarrt hob ich die Hände. Schnell kletterte ich zurück durch das Fenster.

„Elli, ich mag dich wirklich."

Seine Schreie ertönten, während ich den Rückzug anstrebte. Ich begann zu rennen, während ich vehement versuchte meine Tränen zurückzuhalten.

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