Kapitel 23

2.4K 72 0
                                    

Als mir Ethan davon erzählte, dass sein Vater und meine Mutter uns besuchen kommen wollen, hätte ich niemals gedacht, dass dies so schnell von statten gehen würde. Warum so kurzfristig? Warum besuchten sie uns überhaupt? Gerade fuhr das Taxi den Berg zur Academy hinauf. Frustriert stützte ich mein Gesicht auf meinem Arm ab. Ethan trug ungefähr dieselbe Miene. Es wurde nicht wirklich besser, als das Auto zum Stehen kam und wir die beiden vergnügt winken sahen. Mein Begleiter seufzte angestrengt.

„Bist du bereit?", fragte der Eishockeyspieler.

Mein Mund war zu einer Linie verzogen.

„Nicht wirklich."

„Ich auch nicht."

Im selben Augenblick öffneten wir die Türen des Taxis und traten hinaus. Kurz schloss ich meine Augen. Ich hatte diesen Ort vermisst. Der holzige Duft der Kiefern, der mir um die Nase zog und die Geräusche des angrenzenden Waldes. Ich hatte diese Schule mehr liebgewonnen, als mir klar war. Unsicheren Schrittes traten wir den Personen entgegen, deren Lächeln so echt wirkte. Beinahe hätte ich es erwidert, da spürte ich Ethans Hand an meinem Rücken, wie sie mich sachte weiterschob und augenblicklich kam mir das Leid, welches wir durch ihre Abwesenheit erlebt hatten, wieder in den Sinn.

„Elli", entgegnete meine Mutter vergnügt. Schneller, als es mir lieb war, schlang sie ihre Arme um mich.

„Mum", erwiderte ich kaltherzig, während ich im Augenwinkel beobachtete, wie Ethans Vater an seine Seite trat. Da war diese Mauer aus Beton, die Ethan um sein Gesicht gelegt hatte, doch ich erkannte genau, was er fühlte, als Oliver seinen Arm auf seine Schulter legte. Hoffnung, Frust, Wut, es war von jedem ein bisschen. Meine Mutter drückte mich noch etwas fester.

„Es ist eine ganze Weile her, Mum."

Die blonde Frau löste sich von mir und in ihrem Blick sah ich, dass sie ganz genau wusste, warum ich so zu ihr war.

„Warum seid ihr hier?"

Der Mann, der sein Stillschweigen gebrochen hatte, war Ethan, doch leider war sein Vater niemand, der sich von seiner Dunkelheit verschrecken ließ.

„Brauchen wir einen Grund, mein Sohn?"

„Angesichts dessen, dass ihr so gerne Postkarten verschickt, würde ich schon gerne wissen, warum ihr uns diesmal mit eurer Anwesenheit beglückt."

Es faszinierte mich immer wieder, wie furchtlos Ethan war. Das Unaussprechliche auszusprechen war seine ganz persönliche Superkraft.

„Nicht hier Ethan."

Es war meine Mutter, die die beiden liebevoll unterbrach.

„Lasst uns eure Sachen auf eure Zimmer bringen und dann gehen wir essen. Wie wäre es mit dem kleinen Restaurant, wo wir früher immer waren."

Sie meinte das Candlelight. Darin war so viel Vergangenheit gefangen. Tage, an denen wir wahrhaftig eine Familie waren. Glück und Frohsinn empfand ich, als ich zurückdachte.

Wir kamen der Bitte meiner Mutter nach und so hatte ich nun sie am Rockzipfel und Ethan seinen Vater. Ich war gerade dabei, meine Sachen auszupacken, während die blonde Frau mein Zimmer studierte.

„Das ist ein wirklich schönes Bild."

Ich sah zu ihr und entdeckte einen eingerahmten Schnappschuss in ihren Händen. Ethan und ich waren darauf abgebildet. Es war der erste Sieg mit seiner Eishockeymannschaft. Der Dunkelhaarige war voll Freude und jemand hatte im richtigen Augenblick ein Bild von uns gemacht.

„Wer ist sie?"

Ich befreite mich aus meiner Starre und musterte ein Bild von Marie und mir. Wut und Frust durchzog meinen Körper.

Woodstone Academy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt