Beide sahen auf und versuchten, die Richtung zu lokalisieren, woher die Laute kamen. Da rannten Menschen am Schaufenster vorbei. Schusslaute vermischten sich mit Schreien. Abbys Handinnenflächen wurden feucht. Es war, als hätte jemand einen Schalter in ihrem Kopf umgelegt und das rationale Denken ausgeschaltet.
„O mein Gott! Wir werden angegriffen!" Abbys Ausruf ging unter im Stimmgewirr der Kunden, die aus dem Geschäft flohen.
Ihr Instinkt befahl ihr, denjenigen zu folgen, die den Laden schnellstmöglich verließen. Kaum hatte sie einen halben Meter zurückgelegt, da wurde sie am Arm zurückgerissen.
„Was machst du da?" Julian hatte sich ihr in den Weg gestellt. „Sie sind da draußen und schwer bewaffnet. Willst du ins offene Feuer laufen oder von panischen Leuten zerdrückt werden?"
„Wir müssen abhauen", rief Abby und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Julian ließ jedoch nicht los. Stattdessen zerrte er sie in die entgegengesetzte Richtung.
So sehr sich Abby auch wehrte, so kam sie dennoch nicht gegen ihn an. Julian wohnte eine überraschende Kraft inne, die sie einem Jungen in seinem Alter und von seiner Statur nicht zugetraut hätte. Ehe sie sich's versah, landete sie neben ihm auf dem Boden, umringt von Kleiderständern.
Jugendliche und Frauen eilten an ihr vorbei und lösten abermals den Fluchtreflex in ihr aus. So schnell sie konnte, raffte sich Abby wieder auf und rannte los. Aber sie kam keine fünf Schritte weit, da wurde sie an der Taille gepackt und herumgewirbelt. Fremde Arme hatten sich wie Ankerketten um ihren Bauch gelegt. Abby schlug und trat um sich, und sie traf mehrmals, jedoch blieb sein Griff eisern. Erst als Julian sie zu einer Wand gebracht hatte, ließ er sie los.
„Hast du denn aus Actionfilmen nichts gelernt?", blaffte er.
„Ich hasse Actionfilme. Ebenso wie Horrorfilme", rief sie über den Lärm hinweg und starrte sehnsüchtig zum Ausgang. Gleichzeitig strömten vereinzelt Menschen in den Laden und warfen sich auf den Boden, die Hände über den Köpfen zusammengeschlagen.
„Das solltest du ändern, Abigail. Dann wüsstest du, wie man sich verhält, wenn Terroristen aufkreuzen."
Es krachte ohrenbetäubend. Als wären die Täter ganz in der Nähe.
„Ich kann das nicht. Mir machen schon harmlose Filme Angst", sprudelte aus ihr heraus, während sie versuchte, erneut auf die Beine zu kommen.
Julian packte sie und zog sie zu sich herunter. „Mach keinen Unsinn."
In ihrem Magen rumorte es. Übelkeit überkam sie. Die Situation erinnerte Abby an ihren letzten Arztbesuch, als ihr bei der Blutabnahme schlechtgeworden war. Geholfen hatte es ihr, gleichmäßig zu atmen.
„Beruhige dich. Wir stehen das gemeinsam durch, okay?"
„Na ja, ich weiß nicht", plapperte Abigail nervös. „Ich glaube nicht, dass du dich als kugelsichere Weste qualifizierst. Dazu fehlen dir ein paar Sachen, zum Beispiel die Zertifizierung."
„Abby, Abby", sagte Julian eindringlich. „Ganz ruhig. Es wird bald vorbei sein, und du wirst keine Schutzweste brauchen."
Ihr Herz donnerte aufgeregt gegen die Brust.
„Hattest du als Kind Angst vor einem Gewitter?"
„Was ...?" Abby fuhr herum.
„Hast du dich vor einem Gewitter gefürchtet?", wiederholte er die Frage und zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich.
„Ja, habe ich."
„Wie wurdest du die Furcht los?"
„Ich bin zu meinen Eltern gelaufen. Also damals, als sie noch nicht geschieden waren", antwortete sie, ohne den Ausgang aus den Augen zu lassen. Was bezweckte Julian damit?
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Rise of Theseus (Continuum-Fanfiction)
FanfictionUm ein Anführer zu werden, muss der 21-jährige Julian Randol selbstbewusster und aggressiver werden. Zum "Üben" sucht er sich Abby aus. Er wollte die 28-Jährige schon immer mal nackt sehen ..., sich aber auf keinen Fall verlieben.