Hausparty

2 1 0
                                    

Die Grillen zirpten, als Abby aus ihrem Wagen stieg. Es war einer der Abende, an denen die Luft warm und voller Süße war, belebend, elektrisierend und verheißungsvoll. Einer der Abende, der versprach, dass alle Träume schon bald in Erfüllung gehen würden. Nur wusste Abby nicht, was sie sich wünschte. Ihre Gedanken fuhren Achterbahn, seit Julian sie im Einkaufshaus beschützt und beruhigt hatte. Er hatte in ihr Sehnsüchte geweckt, die im Laufe ihrer Beziehung in einen Tiefschlaf gefallen waren.

Zwei Männer traten aus dem Haus und zündeten sich Zigaretten an.

„Hi, bist du Abby?", rief einer von ihnen.

Abby strich ihren Rock glatt, holte tief Luft und ging auf sie zu.

Sie lernte Bill, einen von Julians Mitstreitern, und Chuck, den Gastgeber, kennen.

Wenig später begaben sie sich zu dritt ins Wohnzimmer, wo eine entspannte Atmosphäre herrschte. Junge Menschen plauderten angeregt miteinander und tranken dabei Alkohol oder Softdrinks aus Bechern oder Dosen. Es duftete nach Nudeln oder Kartoffelgerichten, die in Schalen auf dem Tisch standen, und Käse-überbackener Pizza. Sie konnte nicht anders, als Julian in der Menge zu suchen. Ihr Blick huschte über die Gesichter und Köpfe der Anwesenden, die mit dem Rücken zu ihr standen, doch sie konnte ihn nicht entdecken. Hatte er sie etwa eingeladen und versetzt?

Abby schnappte sich eine Flasche Bier und lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Wand an. Einige der Menschen kannte sie vom Sehen, die meisten hingegen waren für sie Fremde. Sollte sie das Alter der Anwesenden erraten, so tippte sie, dass die Mehrheit um die Zwanzig, vielleicht knapp darüber war. Chuck und sich zählte Abby zu den Ältesten. Nicht nur deshalb fühlte sie sich fehl am Platz, sondern auch wegen ihres Stils. Hosen, T-Shirts, Röcke in schwarz, dunkelblau und braun, soweit das Auge reichte. In ihrer hellen Bluse und im geblümten, knieumspielenden Rock hob sich Abby mal wieder unfreiwillig aus der Menge hervor, was ihr unangenehm war.

Das Wohnzimmer war vielleicht drei Mal so groß wie das, das sie mit Phil teilte. Aber man merkte ihm an, dass es in die Jahre gekommen war und nicht gepflegt wurde. Selbst im schummrigen Licht erkannte Abby hier und da Flecken an der Wand. Wenn sich jemand vom Sofa erhob, blieb eine Mulde, als ob eine unsichtbare Person den Platz mit ihrem Gewicht niederdrückte. Runde Flecken zierten den Tisch, den großflächig Pizzaschachteln, Pasta- und Pommesgerichte verdeckten, was wahrscheinlich besser so war, weil sie nicht sehen wollte, welches Grauen sich darunter verbarg. Nun ja, Julian hatte sie gewarnt, dass sie bei einem Junggesellen feierten, der keinen großen Wert auf Sauberkeit und Ordnung legte.

Da war er. Er betrat das Wohnzimmer ohne Lärm, ohne lautes Gelächter, und dennoch hatte er Abbys Aufmerksamkeit gleich auf sich gezogen. Sein Blick fand den ihren, und die Mundwinkel verzogen sich zu einem milden Lächeln. Ein Blitz durchzuckte Abby, schoss durch ihre Eingeweide und zerbarst in Millionen kribbelnder Impulse, die in alle Glieder fuhren. Vor Überraschung klappte ihr die Kinnlade herunter. Wann hatte sie das letzte Mal etwas Vergleichbares gespürt?

Julian entschuldigte sich bei Ethan und steuerte direkt auf Abby zu.

„Du bist ja doch gekommen."

„Na ja, ich hatte die Wahl zwischen einer Blamage epischen Ausmaßes und dieser Party. Daher fiel mir die Entscheidung leicht", entgegnete sie ein wenig zynisch.

Julian trat einen Schritt auf sie zu. Ein leicht beißender Geruch drang in Abbys Nase. Das erklärte, warum der wache Blick einem verträumten gewichen war.

„Du siehst heute sehr gut aus", raunte er und grinste anzüglich.

„Hm, danke."

Er lehnte sich mit dem Ellbogen an der Wand an und verringerte den Abstand zwischen ihnen erneut um einige Zentimeter. Der Alkoholgeruch vermischte sich mit dem Duft seines herben Eau de Cologne. „Soll ich dir ein Bier bringen?"

Rise of Theseus (Continuum-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt