Bloßgestellt

1 0 0
                                    

Hey, ihr Lieben! Ich will diese Fanfiction bald abschließen. Dauert aber ein bisschen, weil ich gerade für eine neue brenne und gut vorankomme. Danke fürs Lesen!

_______________________________________________

Sie plauderten und lachten und alberten mit seinen Freunden herum. Dabei passierte es nicht selten, dass sich ihre Hände berührten, dass sie einander mit dem Arm oder dem Bein streiften. Alles scheinbar zufällig, und doch waren diese Bewegungen bewusst vollführt worden, um Körperkontakt herzustellen und einander zu signalisieren, dass auf beiden Seiten der Wunsch nach mehr bestand. Irgendwann begaben sie sich auf die Tanzfläche. Die Cocktails hatten die Hemmschwelle gesenkt, die Musik tat ihr Übriges, indem sie den natürlichen Bewegungsdrang anfachte. Und so fand sich Abby nach nur einem Song in Julians Armen. Er hatte sie an sich gezogen und gab den Rhythmus vor. Ihre Körper verschmolzen miteinander, wogten sich hin und her wie von Meereswellen getrieben, und gaben sich der Musik hin. Julian ließ Abby seine Erektion spüren und bescherte ihr einen heißen Schauer, der ihr den Rücken hinunterlief und die Zehenspitzen erreichte. Seine Augen wirkten dunkel vor Begierde, als er sie ansah.

Er fragte nicht, er deutete nichts an, sondern küsste sie, als wäre es der nächstlogische Schritt. Seine Lippen verschlossen die ihren. Er drückte sie an sich, als wollte er sie mit Haut und Haar verspeisen. Seine Zunge spaltete ihre Lippen und drang in ihren Mund, um sich mit der ihren zu vereinen. Überrascht riss Abby die Augen auf. Diesem Kuss wohnte etwas Dominantes, geradezu Animalisches inne, das ihr Blut in Wallung brachte und ihr ein köstliches Ziehen im Unterleib bescherte. Abby, der die Meinung Umstehender für gewöhnlich wichtig war, gab sich komplett der Leidenschaft hin und ließ ihre Hände über seinen sehnigen, schlanken Köper gleiten. Zu gern hätte sie sich die Kleider vom Leibe gerissen, um sich Julian hier und jetzt hinzugeben.

Aber da ertönte ein Partysong, worauf Julians Freunde die Tanzfläche stürmten. Ehe sie sich's versahen, waren sie umzingelt von jungen Menschen, die etwas taten, was man nicht Tanzen bezeichnen konnte. In ihrer Tanzwut stießen sie gelegentlich mit Julian zusammen oder rempelten Abby unabsichtlich an.

Nachdem Abby zwei Mal in Folge einen Ellbogen in die Rippen kassiert hatte, beschloss sie, die Kampfarena, zu der die Tanzfläche mutiert war, zu verlassen. Sie brüllte Julian über den wummernden Bass hinweg zu, sie wolle kurz die Toilette aufsuchen.

Das Outfit klebte auf der nassen Haut, Schweiß rann unter den Achseln und Durst quälte sie. Erst machte Abby einen großen Schluck aus ihrem Glas, dann zwängte sie sich an den Clubgästen vorbei zur Toilette.

Mit Papierhandtüchern trocknete sie sich, so gut es ging, ab, frischte ihr Make-up auf und sprühte großzügig Deo unter die Achseln. Während sie Lippenstift auftrug, ging die Tür auf und Kendra trat hinein.

Abby glaubte, die Toilette rechtzeitig verlassen zu können, ehe Kendra aus der Kabine heraustrat. Doch Kendra war ungewöhnlich schnell fertig. Kaum hatte sie die Spülung betätigt, stand sie schon neben Abby vor dem Spiegel.

„Schönes Top", bemerkte Abby, weil sie das Gefühl hatte, irgendetwas sagen zu müssen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die hochgewachsene, schlanke Frau mit dem eisigen Blick sie einschüchterte, und Abby des Friedens Willens das Bedürfnis hatte, das Verhältnis zwischen ihnen distanziert-neutral zu halten.

„Danke." Kendra sah sie nicht an. Sie legte eine weitere Schicht Lipgloss auf und schüttelte die Mähne durch, die sie sich wahrscheinlich mithilfe eines Lockenstabs gezaubert hatte. Überhaupt, dachte Abby, sah Kendra heute in ihrem Spagettiträgertop, Hot Pants und den hochhackigen Sandaletten besonders attraktiv aus. Fast schien es, als hätte sich Kendra für Julian derart herausgeputzt. Zumindest würde es erklären, warum sie regelmäßig zu Julian herübersah, wenn sie sich unbeobachtet fühlte.

Aber wahrscheinlich bildete sich Abby alles nur ein.

Weitere Frauen betraten die Toilette und besetzten die Kabinen.

„Hey", rief Kendra betont fröhlich aus und fuhr zu Abby herum. Ihre Gesichtsmuskeln schafften es gerade mal, ein halbherziges Lächeln zustande zu bringen. „Ich finde es so klasse, dass Julian und du euch so gut versteht. Nach allem, was so vorgefallen ist."

„Bitte?" Abby lächelte freundlich. Ihr war, als ob etwas Bedrohliches seine Krallen herausfuhr.

„Na, diese Sache zwischen euch beiden." Kendra blickte wieder in den Spiegel.

Zwei junge Frauen näherten sich gleichzeitig dem Spülbecken, worauf Abby und Kendra zur Seite wichen. Abby drängte darauf zu erfahren, was Kendra ihr zu sagen hatte. Gleichzeitig wummerte ihr Herz gegen die Rippen vor Nervosität, weil eine unangenehme Vorahnung sich in ihren Gedanken manifestierte.

Mit einem aufgesetzten Lächeln drehte sie sich wieder um, sobald die Frauen gegangen waren. „Weißt du, Julian hat uns immer nach euren Treffen aufgesucht und ... wie soll ich sagen? ... ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert."

Abbys Gesichtszüge entgleisten.

„Denk bitte nicht, dass er detailliert von eurer Begegnung erzählt hat. Keineswegs!", rief Kendra aus.

Abby wurde heiß und kalt. Jedes einzelne Wort aus Kendras Mund glich einem Peitschenhieb auf nackter Haut. Sie mochte sich nicht ausmalen, was die Gruppe von Julian zu hören bekommen hatte.

„Aber sobald er weg war, haben wir uns alle Sorgen um dich gemacht. Wir haben uns gefragt, wie es dir wohl ergangen ist, nachdem er bei dir gewesen war." Egal, wie sehr sich Kendra Mühe gab, sich mitfühlend zu zeigen, ihre Anteilnahme wirkte so vorgetäuscht, wie sie es bestimmt auch war.

„Bis gleich", flötete Kendra und schwebte aus dem Raum.

Abby brauchte einen Moment, um ihre Sinne zu sammeln. Ihr war, als hätte man einen Eimer kalten Wassers mit Essensresten über sie gekippt. Wut und Enttäuschung wälzten sie nieder, raubten ihr die Luft zum Atmen und ließen ihren Puls hochschnellen. Julian hatte seine Freunde also regelmäßig von ihren Treffen unterrichtet, hatte sie bloßgestellt und zum Gespött der Gruppe gemacht.

Abby wollte schreien und um sich schlagen, wollte das Waschbecken demolieren und den Spiegel zerschlagen. Doch sie tat es nicht. Natürlich nicht. Die Erregung, die vor kurzem Besitz von ihr ergriffen hatte, war mit einem Mal wie weggefegt. Abby wollte sich Julian vorknöpfen und marschierte entschlossen hinaus.

Ihr Blick suchte die tanzende Menschenmenge nach Julian ab. Aber sie fand ihn nicht. Als ihr Blick an Chuck hängenblieb, winkte er ihr zu, wechselte ein paar Worte mit einem Jungen aus der Clique, und dann sahen beide zu ihr herüber.

Was ihnen wohl gerade durch den Kopf ging? Abby wusste es nicht, meinte jedoch ihre Gedanken lesen zu können. Ja, das ist die, mit der man alles machen kann. Kein Wunder. Wenn eine Frau so aussieht wie die, soll sie überhaupt glücklich sein, wenn ein Mann sie anfassen will. Wenn Julian mit ihr durch ist, können wir sie doch unter uns weiterreichen.

Abbys Mageninhalt wanderte ihr die Kehle hinauf. Sie kämpfte sich an den Clubgästen vorbei Richtung Ausgang. Noch rechtzeitig hatte Abby ein Gebüsch erreicht und übergab sich hinein. Mit einem Taschentuch wischte sie sich den Mund ab, zog den Autoschlüssel aus der Handtasche und steuerte auf ihren Wagen zu. Sie konnte es nicht erwarten, diesen Ort, den Schande und Schmach prägten, hinter sich zu lassen.



Rise of Theseus (Continuum-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt