Kapitel 6.7 - Fiona

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Der kehlig raue Laut männlicher Lust durchsetzte den Raum, tropfte wie das warme Wasser über helle Haut und hinterließ darauf eine zierliche Gänsehaut obwohl es nicht kalt war. Erhitzte Lippen drückten gegen pulsierendes Kupfer, sammelten kleine Tupfen fremdländischer Exotik von spannender Haut. Suchende Hände bewegten sich tiefer, fingen sie in einer genießerischen Umarmung und verringerten den Abstand zwischen ihren Hüften und dem Holz des Zubers noch weiter, bis der feste Widerstand in ihren Rücken drängte. Filou dirigierte ihre Schenkel mit der bestimmten Führung eines erfahrenen Mannes höher, sodass Fiona dem Fluss der Geste folgte und sich ihm in einer geschwungenen Bewegung entgegenbog. Unter dem bemessenen Druck seiner Finger auf ihrer Haut driftete ihr Verstand einen Augenblick ab, ungehalten erforschte er das fremde Land... auf eine alte Weise bekannt und doch völlig neu.


Wäre es wirklich so schlimm, wenn er sich mehr nahm? Hätte sie noch die Kraft sich ihm jetzt zu verweigern? Wo jeder Kuss doch ein wenig das Gefühl von Einsamkeit vertrieb und sie ablenkte von Angst, Schmerz, Verzweiflung. Die Flammen loderten höher, erweckten sie zum Leben und setzten gleichzeitig jeden losen Faden der Erinnerungen in Brand. Fiona spürte die gleiche, heiß flackernde Glut auch hinter seinen Händen, der festen Muskulatur und dieser kleinen Illusion von Beherrschtheit. Ihr Spiel verlor nicht seine Impulsivität, doch es veränderte sich... wurde hitziger und ohne, dass sie es ahnte, für beide gefährlicher. Genau wie die Eigenheiten seiner Aussprache war auch die Art der Bewegungen leicht und schwingend, durchsetzt von stummen Versprechen und Forderung. Fiona blinzelte, hörte zu spät das dünne Eis unter ihren Füßen knacken... der tapsige Versuch eines Welpen, den zugefrorenen Fluss alleine zu überqueren. Nun saß sie fest, kein vor und kein Zurück mehr.


»Und wie kommst du darauf, dass ich es mir nicht genauso einfach nehmen könnte, nachdem der Captain mit dir fertig ist?« (Filou)


Mit zusammengezogenen Brauen fielen die dichten Wimpernkränze ab, hefteten sich an das feuchte Revers seiner Kleidung, wo verräterische Wasserflecken das weiße Hemd nässten und selbst über dem ordentlichen Wams ihre Spuren hinterlassen hatten. Ja... wie kam sie darauf? Fiona könnte ihm antworten, dass er es jetzt nicht getan hatte und sie deshalb an der Hoffnung hing, er würde es auch später nicht tun. Doch selbst unausgesprochen hörte es sich kläglich an - so naiv, dass sie sich dafür hätte ohrfeigen können. Nein, von ihm hatte sie keine Gnade zu erwarten, auch keinen Beistand. Alles was ihn von mehr abgehalten hatte war die Treue zu diesem Captain oder vielleicht die Angst vor Konsequenzen, wenn er sich zu viel herausnahm? Filou war nicht derjenige den sie überzeugen musste, sie am Leben zu lassen - sondern sein Captain.


»Das hier ist kein Spiel... (...) Ich riskiere nicht mein Leben und meine Stellung, für Nichts.« (Filou)


Jetzt riss sie ihren Blick doch von dem befleckten Stoff los, suchte nach seinen Augen und der bitteren Härte darin. Wieder fasste er nach ihrem Kinn, hob es an sodass sie seinem Ausdruck begegnen musste. Viel zu weich, zu sanft für die grausame Wahrheit in den gemurmelten Worten. Süßes Gift, es zerging wohlschmeckend auf der Zunge... aber Gift blieb Gift und töten würde es immer. Fiona presste die Lippen aufeinander und mahlte mit den Zähnen, versuchte von dem bitteren Stich der Enttäuschung abzulenken...

für Nichts.


Sie würde ihm zeigen was nichts war - irgendwann. Doch im Augenblick hatte Fiona andere Sorgen als Rache, wenngleich sich das Gefühl von Scham in den leicht rosigen Wangen niederschlug. Oh ja, sie schämte sich dafür, dass sie überhaupt geglaubt hatte ihn um den Finger wickeln zu können. Sicher, der aufglimmenden Verzweiflung war jeder rettende Strohhalm genehm... aber selbst dieser Gedanke machte es nicht besser.

A Neverland Tale - HOOKED (de)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt