A Neverland Tale - HOOKED (de)

Kapitel 1.4 - Kapt. J. Hook

Hooks POV

Alles geschieht irgendwo. Welch treffende Umschreibung des Schicksals, der eigenen Machtlosigkeit gegenüber dem Einfluss höherer Bestimmung. James fragte sich oft, inwiefern er sein Leben tatsächlich selbst beeinflussen konnte und ob es etwas wie die Vorsehung gab - eine Macht, die dafür sorgte, dass jeder das ihm zugedachte Schicksal erfüllte. Peter der Held und James der Schrecken. Doch wer kannte die Kehrseite der Medaille? Wer fragte, ob Peter tatsächlich so viel Rücksicht auf seine Anhänger nahm, ob es den verlorenen Bälgern tatsächlich in ihrer Freiheit gut ging. Der Held konnte nur ein Held sein, wenn andere dafür in seinem Schatten standen... und Hook kannte einige der verlausten Burschen, die sich Verlorene nannten. Ha... verloren. Ohne Eltern, ohne Disziplin und Regeln, ohne Grenzen und Verbote. Sie lachten, sie spielten, sie scherzten, sie schubsten sich herum und balgten... sie verletzten und töteten - alles wofür? 

Die Unterhaltung, den Spaß des einen dem sie alle folgten und der ihre Sonne war, das Zentrum ihres Kosmos. Wie oft hatte er sie schon für einen Scherz ins Verderben geführt? Aber nicht er war der Schrecken - sondern James Hook. Und bei allen Göttern, James stand zu seinem Ruf. Allein die Geschichten, die man sich über ihn erzählte hielten schon feige Angreifer fern und davon abgesehen... er übernahm die Verantwortung für seine Taten, er wusste welchen Preis es hatte jemanden zu töten, kannte die Flecken auf der Seele und auch die zerbrochenen Herzen die oft zurückgelassen wurden. Vielleicht unterschied ihn gerade das so sehr von Pan. Er wusste was er tat, zu jeder Zeit und in jedem Augenblick... er tat es um seine Mannschaft, sein Schiff und seinen Besitz zu schützen. Peter... wollte lachen, sich amüsieren und es fiel ihm leicht wegzusehen, wenn Kinder schreiend an ihrem Blut erstickten. Für ihn gab es keine Gewissensbisse, kein Nein.

Und so geschah alles irgendwann wie es geschehen musste. Der endlos rieselnden Sanduhr Neverlands konnte niemand entkommen. Sie war unaufhaltsam, unausweichlich... und besiegelter ihrer aller Leben. Auch seines. Die Sandkörner fielen nicht willkürlich, James wusste das in dieser Wüste trotz des Chaos alles seine Ordnung besaß. Spiele und Angriffe, Überfälle und Rache - es musste sich alles irgendwo ausgleichen, denn die Wage durfte das Gleichgewicht nicht verlieren. In letzter Zeit war es erstaunlich ruhig gewesen, zu ruhig für Hooks Geschmack sodass er die Männer schon vor Tagen angewiesen hatte wachsamer zu sein. Doch je länger ein Faden gespannt war, desto mehr leierte er aus und so ließ auch die Wachsamkeit der Piraten nach, wenn sie sich in Sicherheit wähnten. Bis auf James Hook, der seinen Blick weiter wie ein wachsamer Adler über die Jolly Roger schweifen ließ.

Vielleicht hatte das erste Krähen in der Nacht auch deshalb keine allzu schockierende Wirkung auf den Captain. Das Geräusch war erst leise, mehr durch den Wind herangeweht, doch kurz darauf folgte ein zweiter Schrei begleitet von dem hellen Geräusch kindlichen Lachens. Glucksendes Amüsement vom Bug des Schiffes und James glaubte zu sehen, wie etwas an Bord kullerte... einen Purzelbaum von der Reling schlug und auf die flinken Beine sprang.

»Das ist ein Angriff!«, brüllte der Captain übers Deck und riss seinen Säbel aus der Scheide.
Er war nicht der einzige, dem die Eindringlinge auffielen und sein Ruf wurde weitergetragen. Mit einem leisen aber nicht minder erbosten Fluch legte James die, halb angekohlten Zigarren auf einem Fass ab - behutsam, um den Halter nicht zu beschädigen. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und nun deutlich schneller zog James eine Pistole aus dem Halfter an seinem Gürtel. Goldene Metallarbeiten zierten den hölzernen Griff, der blank poliert und glatt wie ein geschliffener Edelstein perfekt in seiner Hand lag. In den metallenen Aufsatz waren seine Initialen graviert, die schwungvollen Aufschrift Capt. J. Hook. Er brauchte lediglich den metallenen Hahn mit dem Daumen nach hinten zu ziehen, ein leichter Druck auf den Abzug und... wer immer ihm vor den Lauf kam, würde es bitter bereuen.