Kapitel 7.4 - Jake

8 9 0
                                    

Irritiert wandte er den Kopf und langsam aber sicher wuchs eine seltsame Unruhe in seiner Brust heran, die sich nicht so leicht beruhigen ließ, wie Jake es gerngehabt hätte.


Die Insel ist groß. Vielleicht siehst du sie nur nicht. sagte die Stimme in seinem Innern, die selbst imaginär bereits einen gehetzten Klang angenommen hatte. Zunächst drängte er sich ein wenig durch die zurückgekehrten Verlorenen, deren Strom vom Rand inzwischen erstorben war und sich jene nahe des Herzens der Insel versammelt hatten um ihren Erfolg zu feiern. Aber er konnte sie nicht entdecken. Also kletterte er in die Baumkronen, über Leitern und die Brücken hinweg, welche die Bäume miteinander verbanden und drückte schließlich die knarzende Tür zu der kleinen Hütte auf, die Luke seit ihrer Ankunft 'gehörte'.


Solange sie nur Pips waren, stand ihnen eine der kleinen sporadischen Hütten außerhalb des Hauptbaumes zu, weit am Rand des Lagers- aber das war in Ordnung. Viele der Verlorenen gaben sich damit zufrieden nicht im Hangman's-Tree oder den Höhlen zwischen den Wurzeln zu leben, die eh nur ganz speziellen Favoriten Pans vorbehalten waren. Es stand ihnen frei, die Hütte nach ihrem Gutdünken zu gestalten, zu verändern oder auch zu verbessern. In der kurzen Zeit in der sie nun hier waren, hatte Jake in seiner eigenen kleinen Hütte stolz ein Geweih eines selbst erlegten Hirsches an die Wand gehängt und zwei kleinere Geweihe lagen neben dem Rohling einer Klinge, die er zusammen noch zu einem ersten selbstgefertigten Dolch kombinieren wollte. 


Seine Schwester dagegen hatte einige Muscheln und Hölzer zu kleinen Mobile zusammengefügt, die mit einem ganz eigenen Klang die Stille aus ihrer Hütte verdrängten. Obwohl jeder einen eigenen Rückzugsort besaß, hatten sie doch sehr innig darum gebeten, dass ihre Unterkünfte nahe beieinander liegen sollten. Ansonsten hätten sie sich auch eine Hütte geteilt. Die Geschwister wurde in eine für sie fremde Welt geworfen- und sie hatten in London gelernt, niemandem zu schnell zu vertrauen. Luke und ihm hatte die kleine Hütte absolut gereicht, wo sie sich ihre Schlafstätten auf dem Boden zurechtgemacht hatten. Jene waren immerhin auch nicht kleiner, als das winzige Zimmer in dem heruntergekommenen Haus im East End, in dem sie bisher hatten hausen müssen. Manchmal hatte Luke sich von dem Wirbel draußen zurückgezogen, um sich in ihrer Hütte ein wenig ihren Gedanken zu widmen. Was auch immer das für Gedanken sein sollten, er ließ ihr den Freiraum. Jetzt jedoch brannte kein Licht in der kleinen Hütte, die nur dunkel und verlassen vor ihm lag und der einzige Lichtschein durch die geöffnete Türe fiel. Wie sie es verlassen hatten, war Lukes Decke zusammengelegt auf einem Haufen.


Keine Spur seiner Schwester, was ihn nun langsam ein wenig gehetzter werden ließ, als er sich an einem Seil nach unten auf ein hölzernes Plateau ließ und dann an einem schmalen Baumstamm herunter rutschte, der sorgsam abgeschliffen und mit Öl behandelt war, sodass man schmerzfrei und problemlos daran herunterrutschen konnte um anschließend in einem Netz aufgefangen zu werden.


Neinneinnein. Wann hast du sie zuletzt gesehen? Sie ist doch in den Wald gelaufen oder? ruckelten die Zahnräder seiner Gedanken und verhakten sich aneinander.


Eilig kletterte er aus dem Fangnetz. Seine Stiefel knirschten auf dem Erdboden, als er den Weg zurück zum Hautfeuer suchte, wo sich immerhin alle anderen versammelt hatten und inzwischen feiernd den Überfall und die Geschichten des Abenteuers begossen. In seinem Innern jedoch flackerte ein Kessel auf einem ruhelosen Feuer. Brodelnde Blasen, weil sich der Kessel nicht mit Alkohol oder einem Becher Wasser kühlen lassen würde. Jake schob sich zwischen den anderen hindurch, schubste etwas angespannter einen kleineren Verlorenen beiseite der ihm im Weg stand und setzte seinen Weg zum großen Lagerfeuer.

A Neverland Tale - HOOKED (de)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt