Chapter 6.9 - Filou

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Der Schlüssel glitt in das Schloss das nur selten benutzt wurde. Ein wenig verhakte er sich, glitt nicht weich hinein, sondern ruckelte ein wenig, ehe das Klicken den Riegel zurückschob. Als die Tür zum Baderaum erneut aufschwang, wehte kühle Luft in das Innere des Baderaumes. Der Dampf wirbelte auf, schlug Wellen und floh vor der Tür in den Raum hinein, wo er sich unruhig überschlug. Ein wenig zog aus dem geöffneten Fenster hinaus, im Austausch für kalte Nachtluft, die den Geruch des Meeres hereintrug und sich dort mit den Kräutern vermischte. Ein klein wenig kippte sein Kopf zur Seite als er sah, WIE die junge Frau dort stand. Mit verschränkten Armen, wie eine Sirene die an Land gespült worden war... wunderschön- mit einem aufwiegelnden Blitzen in den Augen.


»Ich werde mir nicht von dir oder irgendjemandem sonst alles nehmen lassen!» »Ich hatte hierbei kein Mitspracherecht, bei nichts davon. Und es ist ungerecht. Und ich will das nicht akzeptieren. Ich werde mich nicht entscheiden. Nicht zwischen dir und dem Captain und auch nicht zwischen sonst wem. Weil das MEIN Leben ist. Und es gehört DIR nicht und auch sonst keinem!«


Filou reagierte erst nicht... dann stieß er ein Seufzen aus, das in einer Mischung von Resignation und... Mitleid schwang. Er hatte nichts anderes erwartet. Ein Kätzchen, dass die Klauen ausfuhr und das Fell aufstellte, in der Hoffnung mit ein paar quietschenden Sprüngen einen größeren Gegner einzuschüchtern. Es sollte einschüchternd sein und doch kam Filou nicht umhin, dass er es stattdessen... niedlich fand.


»In dieser Welt entscheiden die Stärkeren. Du HAST hier kein Mitspracherecht. Hier nimmt man sich, was man will.« Klärte er sie auf.


Ah, armes Mädchen. Sie hatte immer noch nicht verstanden in welcher Lage sie sich befand. Woher sie auch kam, wie auch immer die Gesetze und Machtverhältnisse dort gestrickt sein mochten- hier war es anders. Man würde sie grob und hart halten, während man ihr das Kleid vom Körper schälte. Hook würde immerhin nicht zulassen, dass man das Schmuckstück beschmutzte. Und dann würden ein oder zwei, vielleicht sogar drei ihren windenden Körper zu Boden drücken, während sich ein anderer an ihr verging. Sie könnte weinen, flehen, schreien... vergeblich. Vielleicht würden manche sich nicht beteiligen, doch diese Gnade würden nicht genug haben. Wenn sie mit ihr fertig waren, würde nichts mehr übrig sein von dem Leuchten in ihren Augen. Vermutlich besäße sie keine Kraft, keinen Geist mehr um zu schreien oder zu weinen. Sie wäre nicht die erste der jenes Schicksal widerfuhr... und sie würde (zu seinem Bedauern) nicht die letzte sein. Ob sie es gerecht fand oder nicht, würde niemanden interessieren. So wenig wie ihre Meinung oder ihr Wille. Das war die kalte, grausame Realität.


»Aber nun gut.« Sie hatte ihre Wahl getroffen.


Er hatte... ehrlich gehofft, es würde anders aussehen. Gleichzeitig hatte er in seinem Innern bereits geahnt, wie ihre Entscheidung ausfallen würde. Er hatte es gesehen: das feurige Flimmern hinter ihren Augen, dass von einer verborgenen Kraft sprach, die nun nach außen sickerte. Aber es würde nicht reichen. Ihre Stärke war nicht mehr als eine Pfeilspitze aus Kupfer, bald zerschellend an einer Rüstung aus Stahl. Filou stieß Luft zwischen den Zähnen aus.


»Hier ist Kleidung. Zieh dich an.« Wies er ruhig an, während er den Stoff auf den hölzernen Stuhl ablegte und dann wieder die Arme vor der Brust verschränkte- wie der eiserne Wächter, der er war. Hooks Rechte Hand.


Grüner Stoff ergoss sich wie flüssiges Gewässer aus dunklem Gras bis auf die Holzdielen und schimmerte im matten Licht. Durch den Wasserdampf färbte sich der Stoff einen Hauch dunkler, doch inzwischen war genug der Wärme herausgezogen, dass es dadurch nicht klamm werden würde. In einer kurzen, ruckartigen Bewegung warf er ihr ein großes Leinentuch entgegen, dass an einem eisernen Haken gehangen hatte, damit sie sich ein wenig abtrocknen konnte und nicht mit der nassen Haut in den Stoff schlüpfen musste. Er wartete mehr oder minder geduldig. Nicht mehr, als ein leichtes Tippen seiner Fingerspitzen auf seinen Armen verriet, dass er ihr nicht ewig Zeit lassen würde. 

A Neverland Tale - HOOKED (de)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt