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Wir lagen noch eine Weile dort, reglos, in unseren Welten gefangen.

Ich fragte mich, woran sie dachte, was in ihr vorging, aber ich wollte nicht fragen. Dies war die Zeit der Stille.

Joelle und ich nebeneinander, aber jeweils durch die eigene Welt getrennt.

Schließlich regte sie sich.

Ich spürte, wie sie ihren Kopf drehte und mich ansah.

Ich ließ sie, aber sie nahm den Moment der Stille weg, und ich nahm die Umgebung wieder zunehmend wahr.

Es war noch ein wenig kühler geworden.

„Wir sollten bald zurückfahren. Es wird langsam chillig.", meinte ich.

„Du hast Recht."

Einen Moment lang fielen wir zurück in unsere Stille. Dann seufzte sie, erhob sich schwerfällig von der Decke und stand auf.

„Ich möchte dir etwas zeigen."

Ich richtete mich auf.

„Bleib ruhig sitzen."

Ich sah ihr zu, wie sie in den Korb griff und zwei Servietten herausholte. Dann ging sie ein paar Schritte zu einem Büschel mit Brennnesseln. Sie entfaltete die Serviette, bückte sich und knickte vorsichtig mit der Serviette in der Hand und als Schutz eine besonders lange Brennnessel ab. Vorsichtig zupfte sie unten die Blätter ab und umwickelte den Stängel mit der Serviette.

Dann kam sie zu mir zurück und hielt mir die Serviette mit dem Stängel darin hin.

Ich nahm sie vorsichtig, und sah sie fragend an.

Aber Joelle sagte nichts. Stattdessen senkte sie ihren Blick gen Boden und drehte sich stumm um.

Ich betrachtete die Pflanze, die ich durch die Serviette geschützt sicher in der Hand hielt.

Ich hatte noch nie eine Brennnessel in der Hand gehalten. Ich hasste die Dinger.

In meiner Hand sah sie harmlos aus, und doch war es mir ein wenig unheimlich, dieser Pflanze so nah zu sein. Es schauderte mir ein wenig, wie wenn man eine Spinne betrachtet, die reglos in einem Netz sitzt.

Joelle hatte mir den Rücken zugekehrt. Sie legte den Cardigan, den sie sich über die Schultern gelegt hatte, langsam ab. Ich sah ihr still und gespannt zu. Ich hatte keine Ahnung, wohin das alles führen sollte, aber es war irgendwie verdammt erotisch, wie sie ihre Schultern entblößte. Schließlich glitt der Stoff von ihrem Oberkörper.

Sie ließ sich Zeit.

Vielleicht, weil sie Mut sammelte und sich unsicher war. Vielleicht, weil sie mich heiß machen wollte. Letzteres jedenfalls gelang ihr ziemlich gut.

Ich hielt den Atem an.

Ich betrachtete ihre weiße Haut, und wie ich eben die Bewegung der Falten ihres Cardigans beobachtet hatte, so warf ich nun einen Blick auf die Muskeln, die sich unter ihrer weichen Haut bewegten.

Der Stoff fiel langsam zu Boden.

Ihre Haut schien zu leuchten, ich mochte die Kurven ihres Körpers, der sich zur Taille verjüngte und dann sanft in die Rundungen ihrer Hüften überging. Sie war so schön in diesem Augenblick.

Es erinnerte mich an Adlige, denen man blaues Blut nachsagte, weil sie so bleich waren, dass ihre Adern unter der Haut durchschienen, weil sie eben nicht auf dem Feld arbeiten mussten und mit der Sonne in Kontakt kamen. So erschien mir Joelles Rücken auch. Wie etwas Adliges, Edles, Besonderes. Wie sie mir ihren Rücken so zeigte, langsam und sehr bewusst, das hatte etwas. Sie wusste, was sie tat und wie sie wirkte. Wahrscheinlich war sie sich jeder Muskelbewegung bewusst, setzte jede einzelne gezielt ein.

Die Violinistin und die Bassistin - eine lesbische LiebesgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt