8

352 20 0
                                    

Wir saßen auf einer Bank am Ufer des Flusses und betrachteten die vorbeifahrenden Schiffe.

„Und jetzt?", fragte ich, ohne den Blick von dem Lastkahn zu nehmen, der gemächlich an uns vorbei fuhr.

„Was ist jetzt?"

„Wie geht es jetzt weiter? Was war das? Was sollte das? Klär mich auf."

„Ich weiß nicht, was du meinst."

„Bitte, stell dich nicht blöd! Du bringst mich zu deinem geheimen Ort. Du machst mich scharf, lässt dich von mir vernaschen. Oder besser gesagt: Du arrangierst es, dass ich dich vernasche, und dann bringst du mich noch dazu, dich zu quälen. Fasse ich das so richtig zusammen?"

„Ich denke schon. Und?"

„Und. Genau das will ich wissen. Und was nun? Was machen wir jetzt?"

„Keine Ahnung. Willst du mehr?"

„Mehr was? Mehr Brennnesseln?"

„Wenn du willst."

„Wenn ich will?"

„Ja, was willst du?"

Ich wusste es nicht. Ich wusste es wirklich nicht. Ich wollte mehr. Aber ich wusste eben nicht, mehr wovon. Mehr von ihr auf jeden Fall.

Seit dieser Sache am Teich war ich ziemlich verwirrt. Alles drehte sich darum.

Jedenfalls fühlte ich mich manipuliert. Sie hatte das alles eingefädelt, sie hatte mich mit dieser Sache überrumpelt, und ich war hinterhergetapst wie ein Bär am Nasenring. Ich mochte irgendwie die Kontrolle über sie gewonnen haben, aber sie hatte mir vorher die Leine gegeben.

Ich fühlte mich fast wie so eine professionelle Domina, die tat, was man von ihr wollte, wofür man sie bezahlte. Nur, dass ich nicht bezahlt wurde und auch gar nicht offiziell wusste, dass ich eine Domina war. Es war ein schiefes Bild. Alles erschien irgendwie schief.

Auf der einen Seite sehnte ich mich nach ihr, wollte mehr wissen, wollte mehr erfahren. Ich wollte sie kennenlernen, verstehen, was sie antrieb, was mich antrieb.

Da war etwas Neues zu mir gekommen, und ich konnte damit nichts anfangen. War sie krank? War ich krank? Wieso fühlte ich mich gerade wie eine perverse Sadistin? Ich hatte da dieses Bild von mir in einer schwarzen Naziuniform mit Reitgerte und bösem Grinsen. Das war doch krank! War ich so? Seit wann war ich eine grausame Nazibraut?

Aber vielleicht war ja alles anders.

Wenn ich nicht krank war, war sie es dann? Wer hatte denn Spaß an Schmerzen? Niemand.

Diese ganzen Gedanken hatten sich in meinem Kopf gedreht seit unserem letzten Treffen. Immer wieder und immer weiter rotierten sie, bis nur noch ein dicker, fetter Knoten meinen Kopf verstopfte.

Als ich Joelle einen Tag nach dieser Sache anrief, klang sie, als wäre nichts gewesen.

Als sie das Gespräch annahm, schien sie sogar eine Sekunde nachdenken zu müssen, wer ich war. Zumindest tat sie so, als hätte sie in der Zwischenzeit ein Dutzend Frauen an ihren Liebesteich gebracht, um sich da von ihnen malträtieren zu lassen.

Da war wieder diese reiche, verwöhnte Göre, die sich einen Dreck um etwas anderes als sie selbst kümmerte.

Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass ich sie erstens störte und sie zweitens das Ganze nicht für so weltbewegend hielt wie ich. Trotzdem hatte sie recht schnell einem Treffen zugestimmt und mir sogar das Gefühl vermittelt, als würde sie sich darauf freuen.

Da saßen wir nun also am Ufer vor der Stadt. Ich hatte diesen Ort ausgewählt, weil ich mit ihr ungestört sein wollte.

Nun saßen wir nebeneinander auf einer Bank wie ein altes Ehepaar und stritten uns irgendwie.

Die Violinistin und die Bassistin - eine lesbische LiebesgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt