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„The Wedding"

Es ist mindestens 40 Grad im Schatten. Das Problem: Hier ist kein Schatten. Ein paar Männer stehen da und fächeln uns mit Palmwedeln Luft zu. Es sind beides Schwarze. Ist die Sklaverei noch nicht vorbei? Wir sind immerhin in den Südstaaten der USA. Alabama. Ein weißes Anwesen. War bestimmt mal eine Plantage für Tabak oder Baumwolle.

Der Schweiß läuft mir von der Stirn. Das hier sollte der schönste Tag in meinem Leben sein. Ich bin mir da nicht so sicher. Aber es ist der heißeste. Ich mache mir Sorgen, dass der Schweiß mir hinunter ins Kleid läuft. In mein Hochzeitskleid. Ich sehe geil aus in meinem schulterfreien Brautkleid von Chanel. Es war verdammt teuer. Nichts ist zu teuer für meine Hochzeit. Daddy zahlt alles. Ich drehe mich zu ihm um. Er ist glücklich. Meine Mutter ist glücklich. Meine Schwiegereltern sind glücklich. Detlef ist glücklich.

Detlef ist kurz davor, Oralchirurg zu werden. Wir werden scheißreich werden. Ich muss nur „Ja" sagen, dann bin ich seine Frau.

Er muss umkommen in seinem schwarzen Frack. Wie auch der Pfarrer, der zu uns spricht und die zweihundert Gäste, die uns zuschauen, mit Schweiß und Tränen im Gesicht. Sie sind alle schrecklich gerührt.

Sie sind fast alle aus Deutschland eingeflogen worden. Geld spielt keine Rolle. Das Buffet ist aufgebaut. Der Sekt steht kalt. Die Hochzeitstorte thront hoch auf dem Tisch. Ich muss was trinken. Jeder will was trinken.

Wir steuern auf den Höhepunkt zu. Gleich kann ich „ich will" sagen. Wir haben uns auf die deutsche Sprache geeinigt. Sonst hätte ich „I do" sagen müssen. Jetzt will ich einfach. Ich muss nichts tun. Nur wollen. Es soll endlich vorbei sein. Dann können wir aus der Sonne.

Der Pfarrer spricht diesen Satz, den man immer in amerikanischen Filmen hört:

If any man present has good reason that this couple should not be joined in marriage, let him speak now or forever hold his peace.

Keiner sagt was. Es ist still. Dramatisch still. Der Pfarrer zieht es unnötig in die Länge. Er soll weitermachen. Ich will endlich aus der Sonne. Ich will, dass es vorbei ist. Ich spüre, wie ein Schweißtropfen mir langsam den Rücken runterläuft. Es kitzelt, ich bekomme eine Gänsehaut.

Dann ein Geräusch. Erst leise. Aber es kommt schnell näher, wird lauter. Ein Motor. Ein fetter Motor. Es gurgelt. Die Leute schauen sich um. Detlef und ich auch. Das Geräusch wird lauter. Dann heult der Motor auf. Tief in meinem Bauch spüre ich das Grummeln. Wie ein Drache kurz vor dem Angriff.

Dann der Angriff.

Durch die Hecke bricht einer dieser amerikanischen Straßenkreuzer.

Ein schwarzer Chevy Impala 1965 Cabrio. Er rast in die Hochzeitsgesellschaft. Die Leute stieben auseinander. Der Chevy schießt die weißen Plastikstühle in die Luft.

Ich sehe dich am Steuer. Du hast ein braunes Tanktop an und Cargopants. Auf deinen Rücken hast du einen schweren Bass geschnallt.

Das kann ich alles sehen, weil du aus dem Auto springst und auf mich zuläufst.

Die Gäste stehen da und sind erstarrt vor Überraschung.

Sie sehen zu, wie der Wagen langsam weiterrollt, auf das Buffet zu.

Du greifst meine Hand und brüllst:

„Joelle! Komm mit mir! Ich verspreche dir Erniedrigung, Demütigung und die geilsten Orgasmen der Welt bis an dein Lebensende!"

Du siehst mich an.

Alle halten den Atem an. Die Gäste, der Pfarrer, Detlev, ich.

Wow, denke ich, wie geil ist das denn!

Die Violinistin und die Bassistin - eine lesbische LiebesgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt