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Es war mein knurrender Magen, der uns wieder in die Welt holte.

Es war nicht ein leises Knurren, sondern so ein richtig gefährliches. Ein Protestruf. Es war mittlerweile Abend geworden, und wir hatten den ganzen Tag nichts gegessen als ein paar Früchte. Kein Wunder, dass mein Magen rebellierte.

„Ich könnte ein Pferd verspeisen!", meinte Joelle zustimmend.

Es wurde draußen dunkel. Die Hitze hatte sich noch nicht verzogen, aber es war erträglicher geworden.

Auf ihrem Handy fand Joelle eine Tapasbar, die einen guten Ruf zu haben schien.

Ich schlug vor, noch gemeinsam zu duschen, aber Joelle fand, dass wir so, wie wir waren, ausgehen sollten.

„Die Leute sollen ruhig mitbekommen, dass wir uns so richtig durchgefickt haben!", findest du nicht?

Offensichtlich war ihr der Ruf im entfernten Mallorca egal. Ich war erstaunt über ihre drastische Wortwahl und lachte.

„Was denn, stimmt doch! Sollen die doch neidisch sein, dass die heißesten Frauen auf der Insel, ach des Landes, nein des ganzen verfickten Planeten es miteinander getrieben haben!"

Ich lachte.

Wir warfen uns also in die leichtesten Klamotten, die wir mitgebracht hatten, und fuhren ins nächste Dorf in ein kleines Restaurant und schlugen uns mit vielen kleinen Tapas-Häppchen den Bauch voll.

Es war romantisch.

Erst füßelte Joelle unter dem Tisch ein wenig herum, aber als der Abend länger wurde, griff sie ganz offen meine Hand, als wollte sie der Welt zeigen, dass wir zusammen gehörten. Es war romantisch. Es war wie beim ersten Date, wenn man so richtig verliebt ist und einfach alles klappt. Es war das, was man sich unter echter Liebe gemeinhin vorstellt.

Es war ein wirklich schöner Abend, und Joelle beschwerte sich nicht über das Essen oder irgendeinen eingebildeten Makel.

Sie bemerkte das sogar selbst, als wundere sie sich über sich selbst.

„Du musst mich einfach öfter an einen Balken binden und durchnudeln, dann bin ich quasi hormonell ausgeglichen!"

Und dann lachten wir.

Es war so einer dieser Abende, die man nicht vergisst, von denen man sich wünscht, dass sie ewig dauern. So ein Abend, an den man vielleicht mal zurück denkt, wenn man sich zerstreitet und alles auseinanderfliegt. Und dann fragt man sich, warum es nicht mehr so sein kann wie an diesem Abend.

Ich behielt diesen Gedanken für mich. Er war nicht angemessen für die Magie des Augenblicks.

Joelle flirtete noch etwas mit der Kellnerin, und ich sah ihr dabei amüsiert zu, denn die verstand die ganzen Anspielungen nicht, die sie auf Deutsch machte.

Wir entschlossen uns, nicht wieder zurück zur Finca zu fahren, stattdessen fuhren wir relativ ziellos durch die Nacht, bis wir schließlich vom Navi geleitet zu einem Aussichtspunkt kamen, der das Wasser überblickte.

Wir hielten an, schlenderten ein wenig über die Felsen und nahmen den Duft der Zypressen und der Pinien auf.

Die Temperatur war etwas abgekühlt mittlerweile und eine kleine Brise machte den Abend erträglich. Wir setzten uns auf einen Felsen und sahen auf das Meer unter uns und den sichelförmigen Mond, der kühl über das Wasser schien.

Ein kleines Segelschiff tanzte entfernt im schwachen Licht des Mondes. 

Die Violinistin und die Bassistin - eine lesbische LiebesgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt