„Dir ist ja klar, dass diese Woche hier kein Zuckerschlecken wird. Ich bin nicht deine Dienstleisterin! Du bist meine Sklavin!"
„Du bist also einverstanden?"
Sie sprang auf und umarmte mich wie ein kleines Kind. Wir saßen in einem Straßencafé und die anderen Gäste schauten sie uns komisch an. Es war mir egal. Was würden sie erst denken, wenn sie gehört hätten, worüber wir sprachen. Eine Woche Sexsklaverei für Joelle.
Ich hatte mich breit schlagen lassen. Oder vielleicht hatte ich einfach nur nachgedacht. Ich war nicht ihre Psychiaterin, ich war nicht ihre Herrin. Wir spielten miteinander, und ihr Wunsch nach Sklaverei war albern. Sie wusste das auch, wie ich hoffte. Wir spielten also: Wie sehr kann ich dich triezen, bis du aufgibst.
Natürlich hätte ich sie ganz locker an ihre Grenzen bringen können. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken. Es sollte ja nur ein Spiel sein. Nichts würde daraus resultieren. Ich hatte überlegt, ob ihr eine Lektion erteilen sollte, ob ich ihr die Sicht der Welt aus den Augen einfacher Menschen vermitteln sollte. Aber was wusste ich vom Leben? Warum sollte ich so tun, dass ich die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte? Ich hatte Spaß daran, ihr Befehle zu geben und sie sexuell zu dominieren. Das gab mir in keiner anderen Weise irgendeine Überlegenheit über sie, schon gar keine Intellektuelle. Ich war kein Yoda. Ich war nur diejenige, die sagte: Küss mir die Füße. Und die das Glück hatte, dass jemand Spaß daran hatte zu gehorchen. Ich hatte keine Philosophie. Ich hatte sie nicht zu belehren. Ich war nicht klüger, nicht besser.
Ich wollte einfach wie sie ein bisschen Spaß haben und nachdem wir uns eine Weile nicht gesehen hatten, hatte ich wieder Verlangen nach ihr und sie offensichtlich nach mir. Das war alles. Nach der Woche wäre sie nicht meine Sklavin, es hätte sich nichts geändert, wir hätten nur miteinander gespielt und hoffentlich ein wenig Spaß gehabt.
Und wenn überhaupt, dann wollte ich ihr die Gelegenheit geben, über ihr Leben nachzudenken. Vielleicht hätte sie ja Zeit, ein wenig nachzudenken. Eine Woche war immerhin lang.
Ich hatte ein paar Tage gebraucht, um mir was einfallen zu lassen. Ich musste sie ja beschäftigen oder vielleicht manchmal auch nicht. Jedenfalls brauchte ich einen Plan.
Meine freien Abende verbrachte ich also damit, durch meine kleine Wohnung zu laufen und mir was einfallen zu lassen. Was sollte sie den ganzen Tag über machen? Welche Aufgaben konnte ich ihr geben? Wo sollte sie schlafen?
Vielleicht wollte sie eine Woche mit mir verbringen, aber ich konnte mich nicht pausenlos um sie kümmern. In meinem Leben war im Moment zu viel los. Vieles brachte kein Geld, bot allenfalls eine Aussicht auf Ertrag in der Zukunft. Das war die Besonderheit von vielen Künstlern. Sie gingen erst in Vorleistung, schrieben Songs, nahmen eine CD auf, malten ein Bild oder schrieben einen Roman, und dann hofften sie auf einen Plattenvertrag, auf einen Verkauf, auf einen Verlag. Man arbeitete erst, und vielleicht brachte das später auch Geld. Wenn man es mal geschafft hatte, wurde es einfacher, dann konnte man auf einen Vorschuss, einen Mäzen oder einen Vertrag hoffen. Aber selbst dann musste jedes Werk, das man vorlegte, auch den Erwartungen gerecht werden. Sonst war es schnell vorbei mit dem Künstlerruhm.
Wenn man Pech hatte, kam der Ruhm erst nach dem Tod wie bei Mozart oder van Gogh oder wie bei der überwältigenden Mehrheit und unzähligen Künstlern in der Geschichte der Menschheit: Nie.
Ich hatte ein neues Projekt aufgetan mit einem Gitarristen und einer Schlagzeugerin, die auch noch sang, hatten wir ein Trio gebildet. Wir waren alle gut, wir hatten alle Spaß, wir waren so zuversichtlich, dass wir eigene Songs schrieben und hofften. Aber Hoffnung macht nicht satt, also musste ich daneben noch arbeiten.
„Hier sind meine Bedingungen!"
„Okay! Schieß los!"
„Wir machen das bei mir. Du nimmst dir eine Woche frei. Wie du das machst, ist mir egal. Eine Woche kein Kontakt zur Außenwelt. Kein Handy. Kein Telefon. Du kommst in meine Wohnung und gibst all deine Siebensachen ab."
„Oh."
„Was passt dir nicht?"
„Ich dachte, dass ich vielleicht mein Leben weiterleben könnte und abends zu dir kommen könnte. Ich meine nur, weil ich viel um die Ohren habe."
„Was für eine Sklavin ist das denn, die kommen und gehen kann, wenn sie will? Keine Chance. Die Woche gehörst du komplett mir und du wirst von der Bildfläche verschwinden. Also regle das so, dass alle glauben, du wärst nicht da. Meinetwegen erzählst du ihnen, dass du den Mount Everest besteigst und keinen Empfang hast. Ist mir egal."
Sie dachte nach und meinte dann: „Okay."
„Und damit das klar ist, ich werde in der Zeit arbeiten und proben und machen, was ich will. Wir werden nicht die ganze Zeit hier aufeinander hocken. Du wirst ziemlich lange allein in meiner Wohnung sein."
Sie schluckte und nickte, als wäre ihr jetzt klar geworden, wie ernst ich das alles meinte.
„Kann ich denn wenigstens meine Violine mitbringen? Dann könnte ich was üben in der Zeit, wenn du nicht da bist."
„Ich glaube, du nimmst das alles ein wenig zu locker."
„Schon gut, ich hab ja nur gefragt. Alles in Ordnung."
„Noch was. Wenn es dir zu krass wird, wenn ich zu weit gehe, wenn du es nicht mehr ertragen willst, dann sagst du das schicke Faust-Zitat: ‚Oh Augenblick, verweile doch, du bist so schön.' Und dann bleiben wir da stehen. Hören mit allem auf und sprechen drüber."
„Meinst du wirklich, dass ich ein Safeword brauche. Was willst du mit mir anstellen? Mir die Haut vom Leib peitschen?"
„Ich dachte nicht so sehr an sowas, sondern mehr daran, dass du generell Probleme bekommst, Befehle zu befolgen und zu dienen."
„Oh, ich werde dir dienen! Meine Hände, meine Zunge, mein ganzer Körper wird dir dienen. Da kannst du dir aber ganz sicher sein."
„Siehst du, das meine ich auch nicht. Konzentrier dich mal nicht auf das ‚Sex', sondern auf die ‚Sklavin' in ‚Sexsklavin'."
„Okay, und?"
„Ich denke eher, dass du ein Problem bekommen könntest, wie soll ich sagen, dein Ego etwas im Zaum zu halten."
„Ich weiß beim besten Willen nicht, was du meinst."
„Weißt du was, wir ändern dein Safeword. Wenn du es nicht mehr ertragen kannst, dann sagst du einfach: ‚Ich bin ein Star, hol mich hier raus!'"
Ich lächelte, und sie sah mich böse an.
„Du hast ein vollkommen falsches Bild von mir."
„Nur so zum Test, damit du es auch nicht vergisst: Sag's!"
„Ich bin ein Star, hol mich hier raus." Frostiger konnte ihre Stimme nicht klingen.
„Schön! Klappt doch! Wunderbar!"
„Eine Sache nur. Wir müssen das aber etwas verschieben. Ich habe im September einen Haufen Prüfungen und dann könnte ich eventuell ein paar Tage freischaufeln. Wenn ich mich richtig anstrenge. Aber definitiv keine Woche, fünf Tage vielleicht."
„Dann streng dich richtig an. Wie du es machst, ist mir egal, aber ich will dich komplett für mich. Kapiert?"
„Ich denke, das sollte gehen."
„Nun gut. Ich will von deinen Terminproblemen nichts mehr hören. Aber für eine Sklavin bist du schon verdammt wählerisch."
Ich lächelte, um die Spannung aus dem Satz zu nehmen, und sie lächelte, als wäre sie nicht so ganz einverstanden mit dem, was ich da sagte.
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Die Violinistin und die Bassistin - eine lesbische Liebesgeschichte
ChickLitEine turbulente lesbische Liebesgeschichte zweier unterschiedlicher junger Frauen. Die Story ist schon was älter, aber ich hoffe, sie gefällt euch trotzdem. Like and subscribe und vor allem kommentiert!